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Zwar gilt der flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde seit Januar. Für die Fraktion Die Linke hat sich damit jedoch das Problem der prekären Arbeit nicht erledigt, weshalb sich der Bundestag auf ihre Initiative hin erneut mit dem Thema befasste. Gegenstand der Debatte am Donnerstag, 5. November 2015, waren zwei Anträge der Linken, in denen es zum einen um die Situation junger Beschäftigter (18/6362) und zum anderen um die stärkere Regulierung und Eingrenzung von Leiharbeit und Werkverträgen (18/4839) geht. Letzterer wurde am Ende der Debatte in dritter Lesung abgelehnt, der Antrag zur Jugendbeschäftigung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Klaus Ernst (Die Linke) verteidigte die Anträge mit dem Hinweis, dass 25 Prozent der Unter-25-Jährigen und zwei Drittel der jungen Frauen nur befristete Verträge erhalten, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gebe. „Warum dulden wir, dass in Betrieben die Beschäftigten gespalten werden? Warum akzeptieren wir das, obwohl die Wirtschaft boomt?“, fragte Ernst.
Er warf der Koalition Etikettenschwindel vor, wenn sie plane, die gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft nach neun Monaten gesetzlich verankern zu wollen. Dies mache keinen Sinn, weil die Hälfte der Leiharbeitsverträge nur drei Monate dauerten, so Ernst.
Albert Stegemann (CDU/CSU) erkannte in seiner Fraktion schon gewisse „Ermüdungserscheinungen“ angesichts der erneuten Debatte zu diesem Thema. Er betonte, dass „wir als Gesetzgeber einen funktionierenden Arbeitsmarkt aber nicht verordnen können“. Dies funktioniere nur durch ein ständiges Austarieren von Interessen durch die Tarifparteien. Alle anderen Forderungen seien Populismus.
Er erteilte deshalb den Anträgen der Linken eine Absage. „Ein tragfähiger Arbeitsmarkt in einer globalen Welt muss mehr bieten als einen unbefristeten, möglichsten einheitlichen Tarifvertrag mit möglichst vielen Sozialleistungen“, sagte Stegemann.
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte der Linken in ihrem Befund zu, „dass für immer mehr junge Menschen der Weg in den Beruf nur über prekäre Beschäftigung läuft“. Aber: „So ein Start ist wenig motivierend und ermutigend schon gar nicht. Wenn Unsicherheit zum Normalzustand wird, dann fehlen Chancen für Familienplanung, aber auch für gesellschaftliches Engagement“, so die Grünen-Abgeordnete.
Auch sie kritisierte den Plan der Bundesregierung für eine gleiche Bezahlung der Leiharbeiter nach neun Monaten und eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten als völlig unzureichend und realitätsfremd. Sie forderte, wie die Linken, die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und eine gleiche Bezahlung der Leiharbeit ab dem ersten Tag der Beschäftigung.
Für die SPD-Fraktion warf Michael Gerdes der Linken vor, unseriös mit den Zahlen umzugehen. Denn eine genaue Analyse zeige, dass es vor allem Jugendliche ohne Ausbildung seien, die in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten. Hierauf müsse der Gesetzgeber Antworten finden, so Gerdes. Er erteilte dem Missbrauch von Werkverträgen eine klare Absage. Es könne nicht sein, dass für Stammbelegschaften und Leiharbeiter unterschiedliche Arbeitsbedingungen gelten.
„Aber wir stehen dazu, Leiharbeit auf ihren Kern zu begrenzen. Sie ist durchaus ein Instrument zur Abdeckung von Auftragsspitzen oder Urlaubszeiten. Es geht um schnelles Reagieren. Wogegen wir uns wehren, sind dauerhafte Überlassungen und Scheinwerkverträge mit hohen sozialen Risiken und Ungleichbehandlung“, sagte Gerdes. (che/05.11.2015)