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Die von der Bundesregierung geplante Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie mit dem Schwerpunkt auf Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung findet unter Experten weitgehend Zustimmung. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Prof. Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) am Montag, 9. November 2015, deutlich.
Der Regierungsentwurf (18/6283) sei insgesamt sachgerecht, urteilte Jean Baptiste Abel vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), auch wenn das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel der Stärkung der betrieblichen Altersversorgung damit nicht erreicht werde.
Florian Swyter von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) nannte die Regelung aus Arbeitgebersicht "nicht gerade erfreulich". Die enthaltene Absenkung der Unverfallbarkeitsfrist für arbeitgeberfinanzierte Zusagen von fünf auf drei Jahre sowie die Herabsetzung des Mindestalters auf 21 Jahre mache die betriebliche Altersversorgung als Personalbindungsinstrument nicht gerade attraktiv.
Davon ausgehend, dass auf EU-Ebene sogar von einer Absenkung der Unverfallbarkeitsfrist auf ein Jahr die Rede gewesen sei, stelle das Gesetz aber einen tragfähigen Kompromiss dar, sagte der BDA-Vertreter.
Die Regelung führe "auf den ersten Blick" zu Verbesserungen für die Arbeitnehmer, sagte Klaus Stiefermann von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung. Ein Mehr an Betriebsrenten werde es damit aber nicht geben, fügte er hinzu. Ähnlich sah das auch Prof. Dr. Reinhold Höfer, Gutachter für betriebliche Altersversorgung. "Des einen Freud ist des anderen Leid", sagte er. Die EU-Richtlinie sei zwar korrekt umgesetzt worden. Es werde sich aber die Zusagefreudigkeit der Arbeitgeber einschränken, da mit der Neureglung der Bindungsgedanke der betrieblichen Altersversorgung gegen Null gehe.
Die geplanten Verbesserungen hinsichtlich der Informationspflichten wurden Seitens des DGB begrüßt. Bedauerlich sei jedoch, dass Auskünfte nur auf ausdrückliches Verlangen hin und nicht turnusmäßig erteilt werden sollen. Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten nannte die Informationspflichten einen zentralen Bestandteil für die betriebliche Altersversorgung. Gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen sei es jedoch für die Beschäftigten oft schwierig, Informationen zu finden.
Positiv bewerteten die Experten auch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu dem Entwurf. Danach sollen Pensionsfonds nicht mehr wie bislang eine Garantie auf die Rente geben müssen, was ihre Anlagemöglichkeiten einschränke, erläuterte Dietmar Keller von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dennoch gebe es eine garantierte Rente, für die der Arbeitgeber einstehen müsse, falls der Pensionsfonds dazu nicht in der Lage ist, sagte er.
Man könne so wegkommen vom Verrentungsmonopol der Versicherungswirtschaft, lobte Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Gebraucht würden neue Ansätze, auch weil bei den Versicherungen "zu viel Geld versickert". Es sei möglich, jenseits der Versicherungsformen attraktive Renditen zu erwirtschaften. Realistisch seien 1,5 bis 2 Prozent bei relativ geringem Risiko, sagte Kleinlein.
Auch Carsten Velten, Betriebsrenten-Experte der Telekom, sieht in dem Änderungsantrag einen Weg, sich von den Versicherungen zu lösen, da die Arbeitgeber selbst interessante Versicherungsangebote machen könnten.
Aus Sicht des DGB ist der Änderungsantrag ein akzeptabler Vorschlag um den Problemen der Niedrigzinsphase zu begegnen. Wichtig sei aber, die Beschäftigten über Chancen aber auch Risiken zu informieren, sagte DBG-Vertreter Abel. Ebenso wie Florian Swyter von der BDA forderte er eine schnelle Lösung. Im anderen Falle drohten insbesondere Neurentnern ab 2016 erhebliche Abschläge bei der Betriebsrente. (hau/09.11.2015)