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Es ist der ohnehin schon größte Einzelposten im Bundeshauhalt und nun steigt der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor dem Hintergrund der hohen Flüchtlingszahlen noch einmal kräftig: Rund 2,6 Milliarden Euro zusätzlich gegenüber der ursprünglich veranlagten Summe bewilligte der Haushaltsausschuss dem Ministerium. Am Donnerstag, 26. November 2015, stimmte der Bundestag gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen dem Etat (18/5500, 18/5502, 18/6111, 18/6124, 18/6125, 18/6126; Einzelplan 11) zu.
Damit kann das Haus von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im kommenden Jahr über insgesamt 129,9 Milliarden Euro verfügen (2015: 126,3 Milliarden Euro). Gestiegen gegenüber dem Regierungsentwurf sind die Ausgaben für die berufliche Integration der Zuwanderer, die Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Verwaltungskosten der Bundesagentur für Arbeit, für das Arbeitslosengeld II und für die Leistungen der Eingliederung in Arbeit.
Den größten Posten machen traditionell Leistungen an die Rentenversicherung aus, die um rund 1,7 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr steigen und damit auch erheblich die Etatsteigerung beeinflussen. Die Leistungen an die Rentenversicherung belaufen sich auf rund 86,71 Milliarden Euro (2015: 84,3 Milliarden Euro). Für die Beteiligung an den Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung will der Bund 6,5 Milliarden Euro ausgeben (2015: 6,05 Milliarden Euro).
Für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind 34,12 Milliarden Euro (2015: 33,61 Milliarden Euro) eingeplant. Davon entfallen 20,5 Milliarden Euro auf das Arbeitslosengeld II (2015: 20,3 Milliarden Euro) und 5,1 Milliarden Euro auf die Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung (2015: 5,35 Milliarden Euro).
Steigerungen gegenüber dem Vorjahr gibt es auch bei den Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die mit 4,37 Milliarden Euro (2015: vier Milliarden Euro) veranschlagt werden, und den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, für die 4,15 Milliarden Euro (2015: 3,9 Milliarden Euro) eingeplant werden.
Für das Bundesprogramm zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit stehen 160 Millionen Euro zur Verfügung und damit 40 Millionen Euro mehr als 2015. Für die berufliche Integration und Beratung von Zuwanderern sollen nun 47,5 Millionen Euro statt der ursprünglich veranschlagten 28,5 Millionen Euro ausgegeben werden.
Andrea Nahles (SPD) brachte auf den Punkt, was ihrer Ansicht nach das Kernelement der Arbeitsmarktpolitik der nächsten Jahre sein wird: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Flüchtlinge möglichst schnell für sich selbst sorgen können.“ Sie wolle „mit allen Mitteln verhindern, dass aus Enttäuschung Radikalisierung und der Ausschluss aus der Gesellschaft wird“, kündigte Nahles an. Dies gelte auch für all jene, die schon immer oder lange hier leben, weshalb der Einsatz für Flüchtlinge mit dem Einsatz für Langzeitarbeitslose gebündelt werde.
Deutschland brauche hier einen Neustart, denn Hartz-IV solle für niemanden eine Dauerlösung sein, so Nahles. Sie stellte in diesem Zusammenhang auch klar, dass sie eine Aufweichung des Mindestlohns für Flüchtlinge ablehnt und kündigte an, mit dem geplanten Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen Lohndumping einen Riegel vorschieben zu wollen.
Die Linke-Haushaltsexpertin Dr. Gesine Lötzsch bemerkte, die Höhe des Etats sage noch nichts über den sozialen Charakter unserer Gesellschaft aus. Die Bundesregierung lege den Flüchtlingen immer noch zu viele Steine in den Weg, wenn es um die Integration in den Arbeitsmarkt gehe. Lötzsch forderte, das dreimonatige Arbeitsverbot für Flüchtlinge endlich abzuschaffen. D
arüber hinaus zog sie eine kritische Bilanz von zehn Jahren Hartz IV. Dieses Programm sei nichts anderes als „Armut per Gesetz“ und zwinge Menschen in unwürdige Arbeitsverhältnisse. Sie forderte unter anderem den Ausbau des öffentlichen Dienstes und eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zehn Euro.
Ekin Deligöz, Haushaltsexpertin von Bündnis 90/Die Grünen, lobte zwar grundsätzlich die zusätzlichen Summen für das Arbeitslosengeld II und die berufsbezogenen Sprachkurse. Es gebe jedoch drei riskante Schwachstellen im Etat des BMAS. Erstens würden die „gewagten“ Berechnungen immer noch von 800.000 Flüchtlingen ausgehen und zweitens davon, dass kaum Familien nachziehen. Drittens sei auch die vermutete Verbleibrate im Arbeitslosengeld-II-Bezug mit 65 Prozent für 2016 viel zu niedrig angesetzt.
„Das ist wirklich sehr waghalsig und durch keine Daten gedeckt“, kritisierte Deligöz. Sie warf der Bundesregierung außerdem vor, die Jobcenter nicht mit frischem Geld zu unterstützen, sondern lediglich geplante Einsparungen zurückzunehmen. Außerdem sitze die Bundesregierung das Thema Altersarmut nach wie vor aus, obwohl das Thema schon jetzt aktuell sei, so die Grüne.
„Wir können die schwarze Null halten, trotz der Mehrhausgaben“, freute sich Unionshaushälter Axel E. Fischer. Zwar hätte es vor allem wegen der Flüchtlingszahlen zu Nachbesserungen kommen müssen. „Aber wir haben auch das Wohl der Rentner, der Arbeitnehmer und Arbeitslosen im Blick. Wir dürfen uns als Gesellschaft nicht auseinander dividieren lassen“, mahnte Fischer. Deshalb seien die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik und die Verwaltungskosten der Bundesagentur für Arbeit aufgestockt worden.
Außerdem könnten sich die Rentner im kommenden Jahr auf eine Rentenerhöhung von satten fünf Prozent freuen. „Wir haben alle im Blick, machen das Beste aus der Situation und haben einen Bundesetat, der in die Zukunft schaut“, lobte Fischer.
Ewald Schurer (SPD) mahnte an, die Diskussion über die Folgen der Zuwanderung zu versachlichen und sich zu vergegenwärtigen, dass Menschen mit vielen Talenten und Potenzialen nach Deutschland kämen. Die Mittel, die heute für die aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben werden, wirkten sich in den nächsten Jahren durch die Integration der Menschen in den Arbeitsmarkt positiv aus.
Sprache und Bildung seien hierbei der erste Schlüssel zum Erfolg, sagte Schurer. Wenn hier richtig investiert werde, „haben wir alle Chancen dieser Welt“. Dies gelte im Übrigen generell, denn der deutsche Arbeitsmarkt sei hochspezialisiert und brauche eine ständige Qualifikation der Arbeitnehmer. (che/26.11.2015)