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Die Diskutanten: André Hahn, Heinrich Oberreuter, Herta Däubler-Gmelin, Eva Högl, Patrick Sensburg und Günter Heiß (von links) © DBT/Melde
Bis auf den letzten Platz besetzt war der Sitzungssaal im Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages, als dort die Deutsche Vereinigung für Parlamentsfragen am Mittwoch, 25. November 2015, eine Diskussion zu einem hochaktuellen Thema veranstaltete: „Die Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste in der Zukunft“, lautete der Titel der Veranstaltung. Die SPD-Abgeordnete und Vorsitzende der Vereinigung, Dr. Eva Högl, sagte zu Beginn, starke Nachrichtendienste seinen ebenso notwendig wie ihre effiziente Kontrolle durch das Parlament.
Viel Erfahrung in diesem Bereich hat der amtierende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKGr) Dr. André Hahn, der bereits 1996 als erster Politiker der damaligen PDS in Sachsen in ein solches Gremium auf Landesebene gewählt wurde. Der Abgeordnete der Linksfraktion beklagte, dass die Parlamentarier über Skandale bei den Geheimdiensten „in 80 bis 85 Prozent aller Fälle“ aus den Medien erführen und nicht direkt von den Diensten. Das sei „ein völlig unbefriedigender Zustand“.
Mehr als einmal habe er es erlebt, dass nach einer Unterrichtung von Abgeordneten am nächsten Tag „das Gegenteil davon in der Zeitung steht, und es stellt sich heraus, es stimmt“. Als Folge der Enthüllungen Edward Snowdens habe es in Deutschland aber auch strukturelle Verbesserungen bei der Kontrolle der Nachrichtendienste gegeben, so zum Beispiel die Bildung einer Arbeitsgruppe („Task Force“), die dem PKGr bei bestimmten Themen zuarbeite.
Der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Günter Heiß, der in Vertretung des kurzfristig verhinderten Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche gekommen war, verwies auf die Anschläge von Paris und sagte, die Warnungen der Sicherheitsbehörden hätten sich leider als berechtigt erwiesen. Die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste sei unverzichtbar, müsse aber weitgehend außerhalb der Öffentlichkeit stattfinden.
„Nachrichtendienstliche Informationen verlieren ihren Wert, wenn sie an die Öffentlichkeit geraten“, stellte Heiß fest. Effiziente Nachrichtendienste seien „eine tragende Säule“ der deutschen Sicherheitsarchitektur. Er halte den deutschen Kontrollstandard im Vergleich zu anderen Ländern bereits für überdurchschnittlich, was er begrüße.
Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) erwähnte die Anschläge von Paris und sagte, die französischen Geheimdienste hätten sicher nicht weniger Kompetenzen als die deutschen, „aber es hat auch nichts genützt“. Im Normalfall trete der Staat dem Bürger offen gegenüber. Wenn sich wie bei Nachrichteniensten die Notwendigkeit ergebe, es geheim zu tun, werde eine effektive Kontrolle durch das Parlament umso wichtiger.
Im Übrigen sei es ein Irrglaube, dass nur Abgeordnete im Verdacht stünden, geheime Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben. „Beamte finden ebenfalls den Weg zur Presse“, so Däubler-Gmelin. Sie verlangte nicht weniger als einen „Paradigmenwechsel“ bei der Kontrolle der Nachrichtendienste.
Auf die Frage des Moderators, des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Oberreuter, welche Verbesserungen er konkret vorschlage, forderte André Hahn unter anderem eine „Treuhandstelle für Whistleblower“. Die Abgeordneten wüssten sehr wohl zu unterscheiden zwischen „schädigendem Denunziantentum“ und dem berechtigten Hinweis auf Missstände. Es sei nicht akzeptabel, dass Mitarbeiter der Nachrichtendienste zwar das Recht haben, sich direkt an das PKGr zu wenden, darüber aber auch ihre Vorgesetzten informieren müssten.
Als gegen Ende der Diskussion Fragen aus dem Publikum zugelassen wurden, meldete sich auch der ehemalige Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang Wieland, zu Wort. Er berichtete, „in stiller Stunde“ räumten die Beamten aus dem Kanzleramt ein, dass beispielsweise der Bundesnachrichtendienst (BND) ein Eigenleben führe.
So sei die Überraschung groß gewesen, als vor kurzem bekannte wurde, dass der BND einen deutschen EU-Botschafter und den französischen Außenminister Laurent Fabius abgehört haben soll. „Wenn eine Fachaufsicht immer etwas nicht weiß, dann macht sie etwas falsch“, kritisierte Wieland. (rik/26.11.2015)