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Die Bundeswehr wird sich auch weiterhin an der Nato-geführten Operation „Active Endeavour" (OAE) im Mittelmeer beteiligen. Der Bundestag sprach sich am Donnerstag, 17. Dezember 2015, in namentlicher Abstimmung für einen dahingehenden Antrag der Bundesregierung aus (18/6742, 18/6945). 467 Abgeordnete stimmten mit Ja, bei 133 Nein-Stimmen und einer Enthaltung.
Anders als bislang wird das Mandat aber nicht um zwölf Monate verlängert, sondern lediglich bis zum 15. Juli 2016, da bis zum Nato-Gipfel in Warschau im Juli 2016 die Weiterentwicklung von OAE zu einer maritimen Sicherheitsoperation angestrebt wird, wie die Regierung in ihrem Antrag schreibt. Derzeit dient noch immer der als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 ausgerufene Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages als Grundlage des Einsatzes, was von allen Fraktionen während der Debatte kritisiert wurde.
Die Anschläge vom 11. September könnten nicht ewig als Begründung für die Operation gelten, sagte Matthias Ilgen (SPD). Er verwies darauf, dass auch von der Bundesregierung derzeit die Bedrohung im Mittelmeer durch den internationalen Terrorismus als abstrakt bewertet werde. OAE beschränke sich daher auch größtenteils auf Luftüberwachung. Dennoch dürfe man nicht den Fehler begehen und die Mission „mir nichts dir nichts beenden“, warnte Ilgen. Wie schnell aus einer abstrakten Gefahr eine konkrete Bedrohung entstehen kann, habe sich in der jüngsten Vergangenheit oft genug gezeigt.
OAE, so der SPD-Abgeordnete weiter, stehe jedoch nicht nur für die Sicherheit im Mittelmeer, sondern bilde inzwischen auch ein Forum für Kooperation mit den Mittelmeeranrainerstaaten. Da man sich auf Nato-Ebene nun darauf verständigt habe, die Mission vom Bündnisfall zu entkoppeln und „auf neue Füße zu stellen“, stimme die SPD der Mandatsverlängerung zu, sagte Ilgen.
Alle Jahre wieder werde der Bundestag aufgefordert, über einen Einsatz abzustimmen, der seine Begründung verloren habe, kritisierte Stefan Liebich (Die Linke). Der SPD warf er vor, ihre Position zu diesem Einsatz so oft gewechselt zu haben, „dass ihr eigentlich schon ganz schwindlig sein müsste“. Immer wieder sei in den vergangenen Jahren die Rede davon gewesen, dass dem Mandat in der vorliegenden Form zum letzten Mal zugestimmt werden solle. „Auch heute sagen Sie wieder: hoffentlich letztmalig“, sagte der Linke-Abgeordnete.
Seiner Ansicht nach hilft es auch nicht, wenn es zu einer Entkopplung des Mandats vom Bündnisfall kommt. Das Mandat sei auch unter neuem Namen überflüssig, urteilte Liebich. Im Übrigen zeige die Diskussion über OAE sehr deutlich, dass es leicht ist, Bundeswehreinsätze zu beginnen, aber kaum möglich, aus ihnen wieder herauszukommen.
OAE sei als Reaktion auf den 11.September angemessenen und im Verlauf auch erfolgreich gewesen, befand Dr. Andreas Nick (CDU/CSU). Weder sei es zu einem terroristischen Angriff im Mittelmeer gekommen noch sei aus der abstrakten Bedrohungslage eine akute Bedrohung geworden. Richtig sei aber auch, dass sich die Lage im Mittelmeer seit 2001 verändert habe.
„Daher setzt sich Deutschland schon seit 2012 für eine Weiterentwicklung des Einsatzprofils zu einer umfassenden maritimen Sicherheitsoperation und für die Loslösung von Artikel 5 ein“, sagte Nick. Der Unionsabgeordnete machte zudem deutlich, dass gerade Deutschland ein hohes Interesse an sicheren Seewegen habe. Diese seien die „Lebensader der Globalisierung“. 80 Prozent der Ex- und Importe würden über die Hohe See durchgeführt, sagte Nick.
Immer wieder hätten die Nato-Partner der Bundesregierung bei ihrem Bestreben der Loslösung des Einsatzes von Artikel 5 eine Absage erteilt, erinnerte Dr. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen). Die Bundesregierung wolle dennoch eine Verlängerung für ein Mandat, das sie selbst schlecht finde.
„Dafür weiterhin bis zu 500 Soldaten abzukommandieren ist nicht nur anachronistisch, sondern auch politisch unsinnig“, urteilte Schmidt. Richtig wäre es nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten, die deutsche Beteiligung auszusetzen, „bis die Nato die geforderten Korrekturen umsetzt“. (hau/17.12.2015)