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Als der Politiker Dr. Peter Gauweiler am 31. März 2015 sein Bundestagsmandat unerwartet aufgab, war das ein Paukenschlag für seine Partei in München, für die CSU-Landesgruppe im Bundestag in Berlin und natürlich für die Medien. Die Presse meldete, Gauweiler hätte alle politischen Ämter nach einem Streit mit Horst Seehofer niedergelegt, Konkret ging es darum, dass Gauweiler gegen ein erneutes Griechenland-Hilfspaket stimmen wollte.
Am Tag danach rückte seine Nachfolgerin in den Fokus der Berichterstattung. Iris Eberl, Oberstudienrätin aus Schwaben, trat zur Bundestagswahl 2013 als Kandidatin der bayerischen Frauen-Union an und war als erste Nachrückerin nun in der Pflicht. Die Mathematikerin und Wirtschaftswissenschaftlerin war gerade im Urlaub, als sie am 1. April davon erfuhr, dass sie nach ihrer Rückkehr aus den Ferien Bundestagsabgeordnete sein wird. „Es war kein Aprilscherz. Die Freude auf diese neue Herausforderung war natürlich groß, mir war aber auch sofort klar, dass sich mein Leben grundsätzlich ändern wird“, sagt die Schwäbin.
Zwei Wochen nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nahm sie zum ersten Mal an einer Landesgruppensitzung der CSU teil und wurde danach „nahtlos“ in den Politikbetrieb eingebunden. Sie vertritt die CSU-Landesgruppe im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im Petitionsausschuss.
Iris Eberl ist seit 38 Jahren parteipolitisch aktiv. „In meinem Elternhaus gab es täglich politische Diskussionen. Es war eine politisch sehr bewegte Zeit. Mein Vater war der CSU sehr zugewandt, wählte ausschließlich christlich-sozial, war aber nie Parteimitglied. Das bedeutete aber nicht, dass er keinen politischen Standpunkt gehabt hätte“, sagt die Abgeordnete.
1977 war das Jahr, in dem der RAF-Terrorismus in Deutschland seinen Höhepunkt erlebte. Im „Deutschen Herbst“ wurden der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, bei einem Entführungsversuch der RAF in seinem Haus im Taunus erschossen und der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von der RAF entführt und ermordet.
„Als ich 1977 in die Junge Union eintrat, war ich noch am Gymnasium. In unserer Kleinstadt Aichach war das eine gute Möglichkeit, sich mit jungen Leuten zu treffen. Wir hatten alle die gleichen Interessen und haben viel gemeinsam unternommen. Zwei Jahre später wurde ich CSU-Mitglied. Für meinen Vater war die CSU die einzige Partei, die er akzeptierte. Dass ich dort mitarbeiten würde, hat ihn wirklich gefreut“, sagt Iris Eberl.
Als Franz Josef Strauß 1978 Ministerpräsident von Bayern wurde, begann Iris Eberl an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ein Studium der Mathematik und der Wirtschaftswissenschaften und trat dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten bei. „Ich wollte parteipolitisch aktiv sein und nicht nur eine Mitgliedsnummer“, sagt Iris Eberl.
Auf das erste Staatsexamen folgte nach einer zweijährigen Referendarzeit in Fürth, Neu-Ulm, Gersthofen und München das zweite Staatsexamen. Im Jahr des Mauerfalls wurde Iris Eberl Lehrerin am Deutschherren-Gymnasium in Aichach und unterrichtete bis zu ihrem Eintritt in den Deutschen Bundestag Mathematik sowie Wirtschaft und Recht in den gymnasialen Klassenstufen 5 bis 13.
„Ich war Lehrerin mit viel Herzblut gewesen, es war mein Wunschberuf, den ich mit sehr viel Freude ausübte. Gleichzeitig hatte ich auch weiterhin Interesse an der aktuellen Politik und engagierte mich in der CSU. Besonders am Herzen lag mir die Arbeit in der Frauen-Union, deren Kreisvorsitzende ich 1999 im Landkreis Aichach-Friedberg wurde. Außerdem bin ich stellvertretende Bezirksvorsitzende und Mitglied des Landesvorstandes der Frauen-Union Bayern“, erklärt die Politikerin.
Ein Beleg dafür, dass die Oberstudienrätin in der Frauen-Union ganz besonders verankert ist und geschätzt wird, ist die Tatsache, dass sie seit Jahren Landesschatzmeisterin der Frauen-Union Bayern ist. Die Frauen-Union war es auch, die Iris Eberl bei ihrer ersten Kandidatur für den Deutschen Bundestag im Jahr 2013 als Kandidatin vorgeschlagen hatte und aktiv unterstützte.
„Ich kandidierte auf Platz 41 der Bayerischen Landesliste und wusste, dass dieser Platz wenig chancenreich war. Am Wahlabend sah es kurzzeitig so aus, als könnte es mit einem Mandat klappen, aber nach der endgültigen Hochrechnung war klar, dass ich das Mandat um einen Platz verfehlt hatte. Schade, dachte ich, es wäre fantastisch gewesen, aber man muss auch verlieren können“, sagt die Abgeordnete.
Iris Eberl wurde mit ihrem Listenplatz die erste Nachrückerin und deshalb Nachfolgerin von Peter Gauweiler. Nach der Bundestagswahl im September 2013 bis zu seinem Rücktritt am 31. März 2015 hatte in seiner Partei niemand gedacht, dass dieser streitbare Politiker seine Ämter mitten in der Legislaturperiode zurückgeben würde. Nun ist er zwar kein Bundestagsabgeordneter mehr, er hält sich allerdings mit seiner Kritik zu Europa und der Europäischen Zentralbank nicht zurück und ist weiterhin ein gefragter Gesprächspartner der Medien.
Iris Eberl ist eher das Gegenteil vom „Haudegen“ Peter Gauweiler. Sie ist eine Politikerin, die nicht die lauten, sondern die leiseren Töne in der Politik bevorzugt. Als Violinistin und langjähriges Mitglied der Philharmonie Aichach e.V. wurde sie im Jahr 2003 Vorsitzende des Vereins. Die Philharmonie gab in den folgenden Jahren große Konzerte, in denen die „Schöpfung“ von Haydn, die Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ von Dvořák sowie die „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgski aufgeführt wurden. „Musik und Politik sind gar nicht so verschieden. Es bedarf Talent und Herz, Erfahrung und Durchhaltevermögen, um mit einem Instrument oder in der Politik erfolgreich zu sein“, sagt die Abgeordnete.
Seit April 2015 ist die Schwäbin Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. „Mein Wunschausschuss war der Auswärtige Ausschuss, aber für den Europaausschuss hatte ich auch Sympathien. Eine verlässliche Wirtschaftspolitik allgemein und insbesondere eine vernünftige Finanz- und Geldpolitik der Euro-Staaten in der Europäischen Union, sind entscheidend für das Zusammenwachsen Europas und liegen mir am Herzen“, sagt Iris Eberl.
Besonders kritisch sieht die Wirtschaftswissenschaftlerin die derzeitige Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) unter ihrem Präsidenten Mario Draghi. Das Akzeptieren von „Schrottpapieren“, die Geldschwemme in der EU und zwei Prozent Inflation als Ziel und nicht als „noch akzeptable Obergrenze“ für die Stabilität der gemeinsamen Währung seien Beispiele, die „Anlass zur Sorge“ gäben. „Wir müssen zu einer soliden Geldpolitik zurückkehren und die Nationalstaaten wieder in die Verantwortung für ihr Handeln nehmen. Ich befürchte allerdings, das bleibt noch länger ein Traum. Im Europaausschuss sehe ich nicht bei allen Parteien den gleichen Denkansatz“, sagt Iris Eberl. (bsl/21.12.2015)