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Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn engagiert sich seit 1981 parteipolitisch. „Schon in meiner Kindheit und Jugend wurde ich im Ruhrgebiet mit sozialen und vor allem ökologischen Problemen konfrontiert“, sagt der promovierte Volkswirt. 1981 trat er als Gymnasiast mit 17 Jahren in Moers am westlichen Ende des Ruhrgebiets in die Partei Die Grünen ein, die sich ein Jahr zuvor aus der Anti-Atomkraftbewegung, der Umwelt- und Friedensbewegung gegründet hatte. „1999 trat ich aus Protest wieder aus, weil ich mit der Positionierung meiner Partei im Kosovo-Krieg nicht einverstanden war“, sagt der Abgeordnete.
Die Angriffe der Nato gegen Jugoslawien erfolgten ohne UN-Mandat und die grüne Regierungsfraktion im Bundestag stimmte am 25. Februar 1999 mehrheitlich für den Einsatz, es gab nur fünf Gegenstimmen. Nach zwei Jahren trat Wolfgang Strengmann-Kuhn wieder in die Partei ein. „Ich wollte mich wieder parteipolitisch engagieren, und keine andere Partei liegt so nahe an meinen Zielen und Idealen“, sagt der Politiker.
2005 kandidierte Strengmann-Kuhn erstmals in Hessen für den Deutschen Bundestag. Allerdings reichten die Stimmen nicht, um das Mandat zu gewinnen. Im Jahr 2008 wurde er Nachrücker, weil eine Kollegin ihr Mandat zurückgab. Bei seiner zweiten Kandidatur zur Bundestagswahl 2013 verfehlte er den Einzug erneut sehr knapp, wurde aber 2014 Nachfolger von Priska Hinz, die ihr Bundestagsmandat aufgab und in die hessische Landesregierung als Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wechselte.
Schon als Gymnasiast interessierte sich Wolfgang Strengmann-Kuhn für Politik. „Anfang der 1980er Jahre war eine sehr politische Zeit, die mich enorm geprägt hat. Die Friedensbewegung engagierte sich gegen die Stationierung von Atomwaffen, viele Umweltgruppen gegen Atomkraftwerke und Umweltverschmutzung. „In meiner Heimatstadt Moers konnte ich die Auswirkungen der Umweltverschmutzung damals täglich riechen und deutlich sehen. Der Moersbach, der durch Moers floss, war zu dieser Zeit einer der am stärksten verschmutzen Flüsse Deutschlands, und ich stellte mir schon als Schüler die Frage, wie man das ändern könnte“, erinnert sich der Politiker.
Am Gymnasium von Wolfgang Strengmann-Kuhn in Moers gab es Anfang der 1980er Jahre viele Diskussionsveranstaltungen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen. „Eines Tages gab es eine Wahlveranstaltung der Grünen an unserer Schule mit dem Künstler Joseph Beuys, der für die Grünen als Kandidat antrat und über die Chancen sprach, die wir alle hätten, um die Welt zu verändern. Die Persönlichkeit Beuys' hat mich nachhaltig beeindruckt und mich darin bestärkt, mich politisch zu engagieren. 1981 wurde ich in Moers Mitglied der Grünen“, erzählt der Politiker.
Wolfgang Strengmann-Kuhn legte 1983 das Abitur ab und durfte erstmals wählen. Es war die erste Bundestagswahl, zu der die Grünen als Partei kandidierten und auf Anhieb die Fünf-Prozent-Hürde schafften. „Ich wählte selbstverständlich grün und war ganz euphorisch, dass die erste Umweltpartei mit 5,6 Prozent den Einzug in den Bundestag geschafft hatte“, sagt der Abgeordnete.
Nach dem Abitur studierte Wolfgang Strengmann-Kuhn Volkswirtschaft an der Universität Bielefeld und schloss das Studium als Diplom-Volkswirt ab. Er engagierte sich an der Uni im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), wurde zum AStA-Kulturdezernenten, zum AStA-Vorsitzenden und später zum Vorsitzenden des Studierendenparlaments gewählt. Wolfgang Strengmann-Kuhn bezeichnet sein Engagement in der Hochschulpolitik als einen sehr wichtigen Abschnitt in seiner politischen Laufbahn. „Wir organisierten an der Uni politische Demonstrationen für eine bessere Hochschulpolitik, gegen das Waldsterben, gegen Atomwaffen und gegen Atomkraftwerke“, sagt Strengmann-Kuhn.
1986 schockte die Katastrophe von Tschernobyl die Welt. Am 26. April 1986 ereignet sich der erste große Unfall in der Geschichte der Kernenergie. Der Reaktorbrand setzte 30 bis 40 Mal so viel Radioaktivität frei wie die Bombe von Hiroshima. Durch den Reaktorunfall wurden in Weißrussland, der Ukraine und Russland 150.000 Quadratkilometer radioaktiv verseucht, ein Gebiet, in dem damals fünf Millionen Menschen lebten. Nach dem Unfall sank in Deutschland die Zahl der Kernenergiebefürworter, und die Mehrheit der Bevölkerung (69 Prozent) sprach sich für den Ausstieg aus der Atomenergie aus. Tausende demonstrierten gegen die Atomenergie.
Nach dem Studium blieb Wolfgang Strengmann-Kuhn zunächst an der Universität Bielefeld, wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte im Jahr 2002 zum Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.). Es folgte die Habilitation mit der Venia legendi (Lehrberechtigung) in Volkswirtschaftslehre. Im Jahr 2007 erhielt er an der Goethe-Universität Frankfurt am Main eine Stelle als Vertretungsprofessor für Labour Economics.
„Als Wissenschaftler lagen meine Schwerpunkte neben der empirischen Armutsforschung auf den Reformen und der Finanzierung der sozialen Sicherung, der Grundsicherung und des Grundeinkommens, der Genderökonomie, der Einkommensdiskriminierung von Frauen sowie der Einkommensverteilung“, erklärt der Abgeordnete.
Politisch engagierte sich Wolfgang Strengmann-Kuhn als Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Soziales von Bündnis 90/Die Grünen im Landesverband Hessen. Er gehörte aber außer dem Studentenparlament nie einem Stadt- oder Landesparlament an. „Für mich stand immer die Wissenschaft im Vordergrund“, sagt Strengmann-Kuhn.
Das änderte sich zur Bundestagswahl 2005, da trat er erstmals als Kandidat für Bündnis 90/Die Grünen an. Er verfehlte damals den Einzug in den Deutschen Bundestag knapp, wurde aber Nachrücker von Margareta Wolf, die ihr Bundestagsmandat im Januar 2008 zurückgab. „Ich hatte damals gerade eine Vertretungsprofessur angetreten und wechselte quasi vom Hörsaal in den Plenarsaal“, sagt der Politiker.
Zur Bundestagswahl 2013 wiederholte sich die Geschichte. Wolfgang Strengmann-Kuhn verpasste auch bei der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag der Einzug ins Parlament sehr knapp. „Ich hatte mich im Bundestagswahlkampf sehr engagiert, aber durch unser enttäuschendes Gesamtergebnis schaffte ich den Einzug in den Bundestag auf meinem Listenplatz nicht.
Die Steuerthematik, die sich die Grünen als Wahlkampfthema ausgesucht hatten, war nach Meinung von Wolfgang Strengmann-Kuhn nicht der Auslöser für das magere Gesamtwahlergebnis. Er sagt: „Ich habe im Wahlkampf in Hessen eher die Medienkampagne zum Veggie Day als sehr hinderlich empfunden. Viele Wählerinnen und Wähler haben uns im Wahlkampf gesagt, sie wollten sich nicht vorschreiben lassen, was sie wann zu essen hätten. Viele haben tatsächlich geglaubt, wir wollten ihnen das Fleischessen verbieten. Das sollte uns zu denken geben, und wir sollten in Zukunft wieder deutlicher machen, wie wichtig uns Freiheit und Selbstbestimmung sind.“
Im Januar 2014 wurde Wolfgang Strengmann-Kuhn Nachrücker für die Abgeordnete Priska Hinz, die ihr Bundestagsmandat zurückgab. Seitdem ist er Sprecher für Sozialpolitik seiner Fraktion. „Sozialpolitik war als Wissenschaftler mein Herzensthema und ist es auch als Politiker“, erklärt Strengmann-Kuhn, der außerdem Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ist.
Als Wissenschaftler arbeitete er bereits an vergleichenden europäischen Forschungsprojekten mit, deshalb hat ihn der Europaausschuss sehr interessiert. Dort setzt er sich für eine gerechte europäische Sozialpolitik sowie die Armutsbekämpfung in Europa ein. „Wir brauchen gerade jetzt ein soziales Europa, sonst droht Europa auseinanderzufallen. Hier Verbesserungen zu erreichen, liegt mir sehr am Herzen“ sagt der Abgeordnete.
Ein weiterer Herzenswunsch ist ihm, dass in allen Politikfeldern europäischer gedacht wird. „Wir brauchen in allen Nationalstaaten mehr Europa in Finanzfragen, in der Sozialpolitik und natürlich in der Flüchtlingspolitik. Wir werden die Herausforderungen, vor denen Europa steht, nur lösen, wenn sich Europa einig ist. Es wäre wünschenswert, wenn sich der Europaausschuss des Bundestages in dieser Frage einig wäre“, sagt der Politiker. (bsl/21.12.2015)