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1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss- 06.11.2015
Berlin: (hib/wid) Der Bundesnachrichtendienst (BND) verwendet nach den Worten seines Chefjustiziars große Sorgfalt darauf, sich nicht in den geheimen Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten verwickeln zu lassen. Aus diesem Grund würden Informationen über Geodaten oftmals nur in verfälschter Form an amerikanische Partnerdienste weitergegeben, bestätigte der Zeuge Werner Ader am Donnerstagabend dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA"). Der 56-jährige promovierte Jurist ist seit 1989 beim BND tätig. Seit dem 1. Dezember 2013 leitet er das Rechtsreferat.
Für die Praxis, Geodaten vor der Weitergabe an auswärtige Dienste zu manipulieren, gebe es im Geheimdienstjargon den Fachterminus der "Verunschärfung", berichtete der Zeuge. Die Rechtsgrundlage dafür sei Paragraph 9 des BND-Gesetzes, wo es unter anderem heißt, die Übermittlung von Daten habe zu unterbleiben, wenn überwiegend schutzwürdige Interessen von Betroffenen dies erforderten. Das gelte selbstverständlich dann, wenn eine Information unmittelbar für einen tödlichen Angriff nutzbar sei, es sei denn, es sei ein Angriff des Betroffenen auf deutsche Ziele zu befürchten.
Energisch widersprach der Zeuge der Vermutung, der BND schleuse ungefilterte Daten ins Ausland: "Es wird nicht einfach Rohmaterial unbearbeitet weitergeschoben. Man hat sich um Verfahren bemüht, wie dieses Material so gesichtet werden kann, dass die Weitergabe den rechtlichen Voraussetzungen entspricht." Nach einer internen Dienstvorschrift des BND habe dabei in Zweifelsfällen das von Ader geführte Rechtsreferat das letzte Wort. Er könne sich aber nicht erinnern, dass er in seiner demnächst zweijährigen Amtszeit je ersucht worden sei, die Übermittlung einer einzelnen Information zu prüfen.
Dass die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über Aktivitäten amerikanischer Dienste in Deutschland beim BND einen Bewusstseinswandel bewirkt hätten, bestätigte auch dieser Zeuge: "Eine Sensibilisierung hat deutlich stattgefunden. Das ist noch zurückhaltend ausgedrückt."
Ader bekräftigte die in seiner Behörde gängige Auffassung, dass der BND beim Betrieb der Abhöranlage im oberbayrischen Bad Aibling durch Beschränkungen durch das deutsche Datenschutzrecht nicht gehindert sei. Von Bad Aibling aus wird die satellitengestützte Kommunikation in Ländern wie Pakistan oder Afghanistan überwacht. Da sich Satelliten im Weltraum außerhalb der Reichweite der deutschen Rechtsordnung bewegten und deutsche Grundrechtsträger obendrein nicht Ziel der Überwachung seien, stehe dem Zugriff auf die Daten nichts im Wege, argumentiert der BND.
Er finde diese "Weltraumtheorie" nach wie vor rechtlich und fachlich überzeugend, betonte Ader. Es handele sich um eine juristische Bewertung, die das Verfahren in Bad Aibling "am sachgerechtesten und realitätsnächsten abbildet". Den Einwand, die Daten würden vielleicht im Weltraum abgegriffen, aber doch auf deutschem Boden erfasst, konterte der Zeuge mit dem Hinweis auf die technische Komplexität und Leistungsfähigkeit der Anlage in Bad Aibling. Dort stünden keine schlichten Fernsehsatellitenschüsseln, "wo das Zeug einfach reinfällt".
Die Geräte in Bad Aibling seien in der Lage, Satelliten in der Bewegung zu verfolgen. Sie seien nahe an der Signalquelle, fokussiert auf das, was im Weltraum passiert, das präge die rechtliche Bewertung. Mit Blick auf die Gesamtheit der juristischen Fachwelt räumte der Zeuge freilich ein, dass der BND "mit dieser Weltraumtheorie eine nicht ganz mehrheitsfähige Rechtsauffassung vertritt".