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1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss- 13.11.2015
Berlin: (hib/wid) Über die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) und der amerikanischen National Security Agency (NSA) in der Abhöranlage in Bad Aibling ist es im Sommer 2013 zu einer Kontroverse im Kanzleramt gekommen. Dabei sei es um die Frage gegangen, ob die BND-Außenstelle in Oberbayern dem deutschen Rechtsraum zuzurechnen sei, berichtete die damals im Kanzleramt zuständige Referatsleiterin Christina Polzin am späten Donnerstagabend dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA"). Die heute 42-jährige Juristin führte von Juli 2011 bis Dezember 2014 in der für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Abteilung 6 das Referat 601, das sich unter anderem mit Rechtsfragen, Datenschutz sowie Personal und Organisation befasste.
Nach ihren Worten hatten Medienberichte über massenhaften Datenabfluss aus Bad Aibling in die USA, die auf Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden beruhten, für Unruhe in ihrer Dienststelle gesorgt. Sie habe sich daher an den BND mit der Frage gewandt, auf welcher Rechtsgrundlage dieser der NSA Informationen übermittle. Die Antwort sei ein "Kurzgutachten" gewesen, das von der Feststellung ausging, dass in Bad Aibling satellitengestützte Datenverkehre in Krisenregionen des Mittleren Ostens überwacht werden. Da die Satelliten im Weltraum außerhalb der Reichweite deutschen Rechts unterwegs seien, beruhe Erfassung und Weiterleitung der Daten auf dem gesetzlichen Auftrag des BND, Erkenntnisse außerhalb Deutschlands zu sammeln. In einem zweiten Teil des Gutachtens fand sich der Hinweis, dass abgesehen davon das BND-Gesetz den Geheimdienst ohnehin zum Informationsaustausch mit ausländischen Partnern ermächtige.
Die "Weltraumtheorie", sagte Polzin, habe sie nicht überzeugt. Für sie sei klar gewesen, dass Daten an der Stelle erfasst werden, wo sie tatsächlich verfügbar sind, im konkreten Fall also nicht im Weltraum, sondern in Bad Aibling. Sie sei dennoch nicht der Meinung gewesen, dass der BND dort rechtswidrig agiert habe. Nach geltender Gesetzeslage dürfe der Geheimdienst "personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen" übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sei. Sie habe ihrem Vorgesetzten, Geheimdienstkoordinator Günter Heiß, ihre "starken Bedenken" deutlich gemacht und auf einer Vorlage für den damaligen Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) notiert: "Rechtsmeinung wird von Referat 601 nicht mitgetragen."
Es sei zu Gesprächen mit Heiß sowie BND-Präsident Gerhard Schindler gekommen, die die Zeugin als "positiv" in Erinnerung hat. Am Ende habe Heiß dennoch im Sinne der "Weltraumtheorie" entschieden: "Ich bin bei meiner Rechtsmeinung geblieben, aber ich kann damit leben, dass meine Rechtsauffassung auch nicht geteilt wird." Auf die Frage, warum Heiß ihrer Ansicht nicht gefolgt sei, vermutete die Zeugin, er habe wohl die im geltenden Gesetz vorgeschriebene Dokumentationspflicht beim Informationsaustausch gescheut. "Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen", heißt es ausdrücklich. Der Gesetzgeber habe "Einzelübermittlungen" vor Augen gehabt, nicht massenhafte Datenabflüsse. Sie habe dieses Hindernis aber für überwindbar gehalten. Sie finde nach wie vor, "dass ich die besseren Argumente hatte".
Die Zeugin betonte gleichwohl, ihrer Ansicht nach habe der BND "keineswegs versucht, eine abenteuerliche Rechtsauffassung durchzudrücken". Sie finde auch die Zusammenarbeit mit der NSA "völlig selbstverständlich" Es handele sich um eine "normale und notwendige Kooperation mit einem ausländischen Dienst, der für uns sehr wichtig ist". Insofern sei auch die Übermittlung personenbezogener Daten "richtig und notwendig" gewesen.