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Der von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf zur schnelleren Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden sowie unerlaubt Eingereisten (18/7043) stößt am Montag, 11. Januar 2016, bei Experten auf unterschiedliche Einschätzungen. Dies wurde bei einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Ansgar Heveling (CDU/CSU) deutlich.
Die Vorlage sieht zudem vor, dass die in diesem Zusammenhang erfassten Informationen den zuständigen Stellen elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Ferner sollen die Asylsuchenden eine mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltete Bescheinigung erhalten, den sogenannten Ankunftsnachweis. Er soll grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen und die Stellung eines Asylantrages sein.
Zu den schon heute zu speichernden "Grundpersonalien" wie Namen, Geburtsdatum und -ort sollen dem Entwurf zufolge für Asyl- und Schutzsuchende sowie unerlaubt Eingereiste künftig weitere Daten gespeichert werden. Dazu zählen etwa die bei der erkennungsdienstlichen Behandlung erhobenen Fingerabdruckdaten, das Herkunftsland und Informationen zu Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen.
Bei Asyl- und Schutzsuchenden sollen zudem Informationen zu Schulbildung, Berufsausbildung sowie sonstige Qualifikationen gespeichert werden, die für die schnelle Integration und Arbeitsvermittlung erforderlich sind.
Diese Daten sollen ein "Kerndatensystem" bilden, auf das die am Asylverfahren beteiligten Behörden im Falle ihrer Zuständigkeit zurückgreifen können. Die Daten sollen nicht erst bei der Stellung eines Asylantrages, sondern nach Möglichkeit bereits beim ersten Kontakt erhoben und zentral gespeichert werden. Um Doppelregistrierungen zu verhindern, werden alle zur Registrierung befugten Stellen zudem mit einem Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem ausgerüstet, mit dem sie unverzüglich feststellen können, ob zu einer Person bereits Daten vorhanden sind.
Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, sollen allen öffentlichen Stellen die "im Rahmen der Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen aus dem Kerndatensystem" zur Verfügung gestellt werden. Dies betrifft laut Bundesinnenministerium neben den Sicherheitsbehörden insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Aufnahmeeinrichtungen, die Ausländerbehörden, die Asylbewerberleistungsbehörden, die Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stellen sowie die Meldebehörden.
Diethelm Gerhold von der Behörde der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sagte in der Anhörung, mit dem Entwurf sollten sowohl der Umfang der im Ausländerzentralregister (AZR) zu speichernden Daten als auch der Kreis der zugriffsberechtigten Stellen stark erweitert werden. Zwar sei die Erhebung und zentrale Speicherung dieser Daten vor dem Hintergrund des Ziels der Verfahrensbeschleunigung nachvollziehbar, doch müssten zentrale Grundsätze des Datenschutzes gewahrt bleiben.
Dazu zählten auch die Datenvermeidung und -sparsamkeit. Es bedürfe daher einer genauen Prüfung, welche Daten für die Durchführung des Asylverfahrens und die spätere Integrationsarbeit erforderlich sind.
Engelhard Mazanke vom Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten verwies darauf, dass bisher nach dem Asyl- und Aufenthaltsrecht grundsätzlich Personen unter 14 Jahren nicht erkennungsdienstlich behandelt werden dürften. Künftig sei dagegen vorgesehen, dass diese Betroffenen durch Erstellung eines Lichtbildes erkennungsdienstlich behandelt werden sollen.
Aus seiner praktischen Sicht als Leiter der größten Ausländerbehörde Deutschlands habe er Zweifel, ob dies tatsächlich notwendig sei. Mazanke hob zugleich hervor, dass der neue Ankunftsnachweis künftig von der zuständigen Aufnahmeeinrichtung oder dem BAMF ausgestellt werden solle. Diese Aufnahmeeinrichtung werde aber erst nach dem Verteilverfahren zuständig und sei "nicht die erste Aufnahmeeinrichtung". Dies werde zur Folge haben, "dass wir anders als bisher drei verschiedene Bescheinigungen ausstellen und die bis zu zehnmal verlängern müssen", warnte Mazanke.
Dr. Markus Richter vom BAMF sagte, sein Haus begrüße den Gesetzentwurf ausdrücklich. Er verwies unter anderem darauf, dass mit dem Gesetz auch die Steuerung der Migranten verbessert werden solle. Mit der Neuregelung solle erreicht werden, dass die Flüchtlinge sich nicht mehr teilweise selbst einen Aufenthaltsort wählen, "sondern angeleitet sind, dorthin zu gehen, wo sie nach der Verteilung auch vorgesehen sind".
Auch Heinrich Ringkamp, Abteilungsleiter im Bundesverwaltungsamt, begrüßte die Vorlage. Das Gesetz werde auch dazu beitragen, "dass die Schutzsuchenden und die Asylbewerber frühzeitig auch sicherheitsüberprüft werden können". Dies werde für alle beteiligten Stellen "ein erheblicher Mehrwert" sein.
Hans-Hermann Schild, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, sprach von der "größten und bis jetzt einschneidendsten Änderung im AZR". Dabei sollte man zum einen auch an die Zweckbindung denken und zum anderen an Verantwortlichkeiten mit Blick auf Löschungsfristen.
Im Gesetz müsste genauer konkretisiert werden, welche Daten wann von wem gelöscht werden.
Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund wertete den Gesetzentwurf grundsätzlich als "weiteren, richtigen Schritt zu dem Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten". Insbesondere begrüßte er die Regelung zur Schaffung eines Kerndatensystems sowie die "notwendige Erweiterung der Speichersachverhalte" im AZR und die Möglichkeit, dass etwa die Bundesagentur für Arbeit oder die Meldebehörden auf eine einheitliche Datenbasis zurückgreifen können.
Lübking plädierte zugleich dafür, dass auch die Gesundheits- und die Jugendämter ein Zugriffsrecht auf das Kerndatensystem erhalten.
Dr. Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag sprach sich ebenfalls dafür aus, den Gesundheits- und den Jugendämtern von Anfang an einen solchen Zugriff einzuräumen. Er betonte zugleich, dass das Gesetz insgesamt notwendig sei. Die Liste der zu speichernden Daten sei grundsätzlich richtig und der damit verbundene zusätzliche Aufwand gerechtfertigt. (hle/11.01.2016)