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Pünktlich nach der Winterpause startete die Kinderkommission (Kiko) eine neue Etappe. Am Mittwoch, 13. Januar 2016, fand neben einem öffentlichen Fachgespräch zum Thema Bundeswehr in Schulen und Kindergärten der turnusgemäße Vorsitzwechsel statt. Der Abgeordnete Norbert Müller (Die Linke) übernahm den Vorsitz der Kiko von Susann Rüthrich (SPD) für die nächsten zwölf Monate.
Müller freute sich über die willkommene Übergabe und bedankte sich bei seiner Vorgängerin Rüthrich. Der Linke-Abgeordnete stellte in seiner Eingangsrede drei Themenschwerpunkte vor, die 2016 auf der Agenda der Kiko stehen werden: Militär und Jugend in Deutschland, die stagnierende Kinderarmut und Kinder- und Jugendhilfe. Eine weitere Zielsetzung Müllers ist die Aufwertung der Kiko innerhalb der Bevölkerung. Ihn erreichten oftmals Meinungen und Kritiken von Bürgern, die den Einfluss der Kiko infrage stellen würden.
Das Expertengespräch begann unmittelbar nach der feierlichen Übergabe mit dem Thema "Bundeswehr in Schulen und Kindergärten", welches in den letzten Jahren ein kontrovers diskutiertes Thema in der Gesellschaft war. Martina Schmerr vom Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte die vermehrten Werbemaßnahmen der Bundeswehr in Schulen und Kindergärten vehement: „Die Bundeswehr zeigt sich als normaler Arbeitgeber, wie jeder andere. Das ist sie aber nicht – die Gefahren oder beispielweise post-traumatische Störungen der Soldatinnen und Soldaten werden nicht erwähnt.“
Seitdem die Wehrpflicht in Deutschland abgeschafft wurde, so die einhellige Meinung aller Sachverständigen, habe die Bundeswehr mit einem Nachwuchs- und Akzeptanzproblem zu kämpfen. Seitdem habe diese ihr Werbeausmaß enorm gesteigert: auf Messen, Sportveranstaltungen, in Schüler- und Jugendmedien und in Form von Print-, Online- und TV-Werbung.
Schmerr betonte außerdem, dass die Bundeswehr in der Vergangenheit Verträge in acht Bundesländern geschlossen habe, die ihr privilegierten Zugang zu Schulen, Lehrerausbildung und Kindergärten verschaffe. Mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen oder Infotrucks habe die Bundeswehr im Jahr 2015 etwa 400.000 Kinder und Jugendliche und 36.000 Lehrer und Referendare erreichen können. Schmerr sagte, sie beobachte das Ziel der Bundeswehr, als attraktiver und abwechslungsreicher Arbeitgeber aufzutreten, sehr kritisch. Die Schattenseiten als Soldat oder Soldatin würden nicht beleuchtet.
Die 20-jährige Lena Herenz, Studentin, berichtete als ehemalige Schülerin des „Von-Saldern-Gymnasium Europaschule“ in Brandenburg an der Havel von ihren frühen Erfahrungen mit der Bundeswehr: „In der fünften Klasse, mit elf Jahren, kam die Bundeswehr im mobilen Infotruck zu uns in die Schule, verteilte Infomaterial, Werbegeschenke – alles sehr imposant und groß, dem Schulalltag entfliehen.“ Im Laufe der Schuljahre traf sie noch mehrere Male auf Veranstaltungen der Bundeswehr in ihrer Schule – die Schulleitung habe diese immer befürwortet.
Als Kritik laut wurde und Protestaktionen von Schülern und auch Herenz gegen die Bundeswehr und deren Veranstaltungen stattfanden, seien diese von der Schulleitung denunziert worden. Teils sei ihnen angedroht worden, sie von der Schule zu verweisen. „Schwierig war es für Schüler, die von Pro-Bundeswehr-Schülern angefeindet oder sogar verprügelt wurden.“
An diese persönlichen Erfahrungen knüpfte Thomas Mickan von der Informationsstelle Militarisierung e. V. an, der die Werbemaßnahmen in Form von Ferien- und Abenteuercamps für Kinder und Jugendliche hart kritisierte. Er führte ein Beispiel an, in dem sogenannte „Abenteuer-Camps" der Bundeswehr potenzielle Nachwuchssoldaten umwerben sollen.
Kinder würden vereinnahmt und instrumentalisiert, so Mickan, und in absehbarer Folge zum Spielball der politischen Debatte werden. Die Konfrontation mit Krieg, Tod, aber auch Friedensbildung müsse stattfinden, aber: „Der richtige Ort dafür sind Schulen und ausgebildete Lehrkräfte. Nicht: Kinder malen sich mit Tarnschminke an, Robben auf dem Boden und sitzen am Lagerfeuer“, wie es die Werbefotos suggerierten. Nicht nur Werbung für Kinder, sondern auch Werbung mit Kindern sei problematisch. (abb/13.01.2016)