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Die Friedensmissionen der Vereinten Nationen (VN) müssten stärker auf Prävention, auf Zusammenarbeit mit lokalen Kräften und auf einen flexibleren Einsatz des breiten Spektrums von Friedensmissionen setzen. Das sei zwar nicht neu, aber in der Sache gleichwohl wichtig und richtig. So lautete das Fazit der im Expertengespräch des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ am Montag, 11. Januar 2016 angehörten Sachverständigen zum sogenannten HIPPO-Report. Der Report - die Empfehlungen des High-Level Independent Panel on United Nations Peace Operations (HIPPO) - ist das Ergebnis der von VN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Jahr 2014 beauftragten Bestandsaufnahme der UN Peacekeeping and Special Political Missions.
Auf dem Prüfstand standen bei der Sitzung des Unterausschusses unter Vorsitz von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) nicht nur die Friedensoperationen der Vereinten Nationen, sondern auch der Stand der Umsetzungen der Empfehlungen des HIPPO-Reports.
Die hohe Relevanz des prüfenden Blicks auf die VN-Friedensmissionen dränge sich mit Blick auf die aktuellen Krisenherde geradezu auf, sagte Franziska Brantner in ihrem Eröffnungsstatement. Allein mit Blick auf Libyen und auch Syrien werde es wohl auch im neuen Jahr eher mehr statt weniger VN-Operationen geben.
Renata Dwan vom Executive Office des Generalsekretärs der Vereinten Nationen verwies auf die größere Bandbreite der vom Report erfassten Maßnahmen gegenüber früheren Untersuchungen. So beschäftige sich der HIPPO-Report auch mit Friedenseinsätzen vor einer Krise, während sich beispielsweise der Brahimi-Report aus dem Jahre 2000 lediglich mit Missionen nach beziehungsweise zur Beendigung von Krisen auseinandergesetzt habe.
Ein wichtiger Punkt des Reports sei der Fokus auf präventive Maßnahmen bei Friedensmissionen. Es reiche nicht aus, lediglich auf bereits entstandene Krisen zu reagieren. Darüber hinaus seien die Zusammenarbeit mit lokalen Kräften und die frühzeitige Befassung des VN-Sicherheitsrates mit der Konfliktverhütung wichtige Punkte des Reports.
Manfred Eisele von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen kritisierte, dass der Bericht wenig Neues hervorgebracht habe. Vieles davon habe man in anderen Reports schon lesen können und habe bereits unter dem früheren VN-Generalsekretär Boutros-Ghali auf der Agenda gestanden.
Die im Implementierungsbericht zum HIPPO-Report geforderte Fokussierung auf Krisenprävention und Mediation begrüßte Eisele. Als Beispiel für diese Notwendigkeit wies Eisele darauf hin, dass in der Vergangenheit lediglich die UNPREDEP-Mission in Mazedonien 1995 auf Prävention ausgerichtet war.
Dr. Véronique Dudouet von der Berghof Foundation begrüßte das Bekenntnis des Reports zum Primat der Politik. Politische Konflikte erforderten politische Lösungen. Sie wies darüber hinaus darauf hin, dass der Report die Dauerhaftigkeit des Engagements der Friedensmissionen betone. Verkürzt könne man es auf die Formel „Früher kommen, länger bleiben“ herunterbrechen, so Dudouet. Kritisch merkte sie an, dass sich der Bericht zu sehr mit VN-internen Problemen beschäftige und stattdessen den Blick noch stärker auf die Situationen vor Ort hätte richten können.
Tobias Pietz vom Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) merkte lobend an, dass es 15 Jahre nach dem Brahimi-Report wieder eine gute und kritische Bestandsaufnahme der VN-Friedensmissionen gebe. Insbesondere die Reformvorschläge innerhalb des VN-Sekretariats zur Verbesserung der Kapazitäten in der strategischen Analyse und Planung seien begrüßenswert.
Die Vertreter der Bundesregierung begrüßten ebenfalls die Empfehlungen des HIPPO-Reports, mahnten jedoch darüber hinausgehende Verbesserungen an. Susanne Fries-Gaier vom Auswärtigen Amt forderte eine generelle Betrachtung der Finanzierung von Friedensmissionen. Dies sei im Report zu wenig berücksichtigt. Außerdem fehle ihr der Querbezug zu anderen Reviews zu diesem Thema.
Dr. Ekkehard Grieß vom Bundesverteidigungsministerium bestätigte die Kritik von Manfred Eisele, dass der Report wenig Neues enthalte. Gleichwohl habe er aber wenigstens ein Impuls setzen und Diskussionen anstoßen können. Der Bericht mache die Mehrdimensionalität und das breite Spektrum von Friedensmissionen deutlich. Dies sei auch als Aufforderung an die Mitgliedstaaten zu verstehen, dieses breite Spektrum im Bedarfsfall auch zu nutzen.
Gregor Schotten vom Auswärtigen Amt richtete den Fokus auf die Kommission für Friedenskonsolidierung (Peacebuilding Commission, PBC) der Vereinten Nationen. Diese habe mittlerweile eine stärkere inhaltliche Rolle einnehmen können. Gleichwohl müsse die PBC noch enger an den Sicherheitsrat rücken. Darüber hinaus müsse das starre System der Länderkonfiguration der PBC reformiert werden. So lasse beispielsweise der Umstand, dass die Zusammensetzung weder durch Ein- oder Austritt verändert werden könne, das System intransparent und unglaubwürdig erscheinen.
Thomas Frisch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stellte neben dem vom Report aufgestellten Primat der Politik den Primat des Zivilen in der Vordergrund. Militärische Mittel könnten zwar kurzfristig ein sicheres Umfeld schaffen, nachhaltige Lösungen seien aber nur auf der zivilen Ebene zu schaffen. Langfristige Strategien seien nötig, man müsse die Missionen vom Ende her denken. Nicht zuletzt müssten in Friedensmissionen Zukunftsperspektiven für Jugendliche vor Ort berücksichtigt werden. (eb/12.01.2016)