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Endlagerkommission erörtert Zuständigkeiten


Die geplante Behördenstruktur für die Endlagersuche hat am Freitag, 22. Januar 2016, erneut die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) beschäftigt. Im Vordergrund stand dabei die Frage, ob künftig das Bundesumweltministerium (BMUB) oder das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) für die geplante Bundesgesellschaft für kerntechnische Entsorgung (BGE) zuständig sein soll. In einem Meinungsbild sprachen sich acht Mitglieder des 33-köpfigen Gremiums für die Angliederung bei BMUB aus, sechs stimmten dagegen, drei enthielten sich.

Bundesregierung noch unentschieden

Nach Vorstellung der Kommission soll die BGE Vorhabenträger für die Suche, den Bau und Betrieb von Endlagern sein. Als Aufsichtsbehörde soll das bereits gegründete Bundesamt für kerntechnische Entsorgung (BfE) fungieren. Die Fachaufsicht über das BfE soll wiederum beim BMUB liegen. Diese Planung ist Konsens in der Kommission und wird vom BMUB auch bereits umgesetzt. Debattiert wurde während der Sitzung vor allem, ob das Umweltministerium auch die Beteiligungsverwaltung der BGE übernehmen soll, die zu hundert Prozent in öffentlicher Hand bleiben soll.

Auch die Bundesregierung ist noch unentschieden. Das machten Vertreter des BMUB und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) deutlich. Hans-Christoph Pape vom BMWi stellt klar, dass sein Ministerium bereit sei, die Beteiligungsverwaltung zu übernehmen. Dafür habe es auch die Unterstützung des Bundesfinanzministeriums. Für die Übernahme spreche, dass es bei einer Trennung zwischen BMWi und BMUB zur keiner Verquickung von Interessen käme, die entstehen könnte, wenn BGE und BfE unter dem Dach des BMUB bestünden. Zudem habe das BMWi die erforderlichen Kompetenzen in Nuklearfragen und Erfahrungen mit Großprojekten, betonte Pape.

„Konsistenz in der Verantwortungsstruktur“

Entschieden dagegen sprach sich Wolfgang Cloosters vom BMUB aus. Ziel der Neuorganisation sei es, durch „klare Strukturen“ Schnittstellen abzubauen, die Effizienz zu steigern und Reibungsverluste zu vermeiden. Die notwendige Steuerung des Vorhabenträgers müsse derjenige übernehmen, der die originäre Sachverantwortung für die Endlagerung habe – und das sei das Umweltministerium. Eine Streuung der Verantwortung ergebe keinen Sinn und könne zu Ineffizienzen, Streitereien und Reibungsverlusten führen, sagte Cloosters.

Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, sprach sich ebenfalls für die BMUB-Lösung aus. Es brauche eine „Konsistenz in der Verantwortungsstruktur“. Die neuen Strukturen dienten auch dazu, Glaubwürdigkeit aufzubauen. Diese könne aber verloren gehen, wenn der Verdacht entstünde, dass die Strukturen zu Interessenkollisionen führten. Mögliche Konflikte zwischen BGE und BfE würden sich bei einer getrennten Struktur zudem auf die Ministerialebene verschieben, sagte König.

„Reibungsverluste vermeiden“

Unter den Kommissionsmitgliedern sprachen sich vor allem die Gewerkschaftsvertreter Edeltraud Glänzer und Erhard Ott sowie Prof. Dr. Bruno Thomauske für die BMWi-Lösung aus. Ott sagte, es mache Sinn, Betreiberaufgaben und Aufsicht zu trennen. Glänzer betonte, dass auch die für Entsorgungs- und Endlagerprojekte wichtige Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung beim BMWi angesiedelt seien, was für die Kompetenz des Ministeriums spreche.

Thomauske verwies ebenfalls auf die BGR und argumentierte, dass durch eine Ansiedlung der BGE beim Wirtschaftsministerium Reibungsverluste vermieden werden könnten. Zudem werde der europarechtlich in Nuklearfragen gebotene Trennungsgrundsatz zwischen Betreiber- und Aufsichtsfunktion eher in einer solchen Konstellation erfüllt, auch wenn eine solche Trennung nicht unbedingt notwendig sei.

Trennung von Betreiber- und Aufsichtsfunktion 

Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) verwahrte sich – wie auch andere Kommissionsmitglieder – gegen die Bemühung des Trennungsgrundsatzes. Diesem werde durch die Trennung von BGE und BfE Rechnung getragen. Es gebe kein Mehr an Erfüllung des Grundsatzes. „Entweder er wird erfüllt oder nicht“, sagte Kotting-Uhl.

Steffen Kanitz (CDU/CSU) hingegen sagte, dass der Trennungsgrundsatz gar nicht zu sehr im juristischen Sinne verstanden werden müsse. Vielmehr sei es wichtig, dass die BGE auf Augenhöhe mit dem BfE agieren könne. In diese Richtung argumentierte auch Atomindustrie-Vertreter Prof. Dr. Gerd Jäger. Die Kernfrage sei, ob das BGE unter BMUB-Beteiligung seine treibende Rolle in der Endlagersuche eigenständig wahrnehmen könne, sagte Jäger.

Vorsitzende gegen Einbindung von Ministerien

Deutlich gegen eine Beteiligung des BMWi sprachen sich die Ko-Vorsitzenden des Gremiums, Ursula Heinen-Esser und Michael Müller, aus. Es ergebe „unter  Effizienzgesichtspunkten“ überhaupt keinen Sinn, verschiedene Ministerien einzubinden, sagte Heinen-Esser. Mit der Frage soll sich nun die zuständige Arbeitsgruppe II erneut auseinandersetzen.

Die Endlagerkommission soll bis Ende Juni 2016 einen Abschlussbericht vorlegen. In ihm sollen gesellschaftliche und wissenschaftlich-technische Kriterien und Prozesse der Suche nach einem Endlager für insbesondere hoch radioaktive Abfallstoffe vorgeschlagen werden. Vorher soll ein Entwurf des Berichtes noch in der Öffentlichkeit diskutiert werden. (scr/22.01.2016)