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Großer Zapfenstreich zu 60 Jahren Bundeswehr


„Die Bundeswehr dient Deutschland und unserer demokratischen Ordnung seit 60 Jahren in vorbildlicher Weise.“ Mit diesen Worten hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am Mittwoch, 11. November 2015, die Rolle der deutschen Streitkräfte zum Auftakt des Großen Zapfenstreichs vor dem Reichstagsgebäude in Berlin anlässlich der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 gewürdigt. In diesem Sinne äußerte sich auch Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU). Den Soldaten der Bundeswehr gebühre Dank und Anerkennung für das, was sie seit 60 Jahren leisten: „Unser Land und seine Werte zu schützen. Das ist das Verdienst der Männer und Frauen in Uniform“, sagte die Ministerin.

Die Rolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee

Lammert verwies in seiner Rede auf die Rolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee. Dieser Begriff sei „mehr als eine Floskel“, betonte er. „Das Parlament kann sich auf die Bundeswehr und die Soldatinnen und Soldaten auf ihr Parlament verlassen.“ Weltweit gebe es kein zweites Beispiel, in dem die Verankerung im demokratischen Staat in einer solchen Weise parlamentarisch festgeschrieben und legitimiert sei.

Die Entscheidungen über die Auslandseinsätze der Bundeswehr, „die buchstäblich über Leben und Tod entscheiden können“, würden vom Bundestag getroffen, sagte der Bundestagspräsident. Umgekehrt könne das Parlament ohne Antrag der Bundesregierung auch keinen Militäreinsatz veranlassen.

Gedenken an die gefallenen Bundeswehrangehörigen

Lammert gedachte in diesem Zusammenhang der Gefallenen. In den Auslandseinsätzen seit der deutschen Einheit hätten 116 Soldaten ihr Leben verloren. In den sechs Jahrzehnten seit Gründung der Bundeswehr seien rund 3.200 militärische und zivile Angehörige der Streitkräfte in der Ausübung ihrer Pflicht gestorben. „Wir werden ihnen ein ehrendes Gedenken bewahren“, versicherte Lammert.

Der Bundestagspräsident und Ministerin von der Leyen erinnerten daran, dass die Aufstellung deutscher Streitkräfte nur wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges keine Selbstverständlichkeit war. „Der Widerstand war groß“, sagte die Ministerin. „Verständlicherweise, denn nur wenige Jahre nachdem Deutschland Europa und die Welt in die Katastrophe von Krieg und Shoa gestürzt hatte, Städte vielfach noch in Trümmern lagen, das Land besetzt und geteilt war, Millionen Flüchtlinge und Vertriebene vor den Trümmern ihrer Existenz standen, Millionen Tote zu beklagen waren – da war es für die, die überlebt hatten, schwer vorstellbar und verkraftbar, je wieder eine Armee zu haben.“

„Eine Armee aus Staatsbürgern in Uniform“

Auch Lammert verwies auf die „politisch und gesellschaftlich äußerst emotional geführte Kontroverse um die Wiederbewaffnung“. Ohne die historischen Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs hätte es die „einmalige Konstruktion der Bundeswehr auch nicht gegeben“, sagte er. Im Ergebnis sei eine Armee aus „Staatsbürgern in Uniform“ gebildet worden, die ihren Dienst nach dem Leitbild der „Inneren Führung“ leisten.

Lammert und von der Leyen würdigten ebenso die besondere Rolle der Bundeswehr bei der Wiedervereinigung vor 25 Jahren. „Die Bundeswehr hat die innere Einheit am schnellsten vollzogen und ist damit ein leuchtendes wie ermutigendes Beispiel für die ganze Gesellschaft“, sagte Lammert. Die „beinahe geräuschlose“ Auflösung der Nationalen Volksarmee der DDR und ihre Integration in die Bundeswehr „ist in der Geschichte beispiellos“. Von der Leyen sagte, sie sei bewegt, wenn sie sehe, „wie selbstverständlich heute junge Soldatinnen und Soldaten aus Ost und West, Nord und Süd Schulter an Schulter den gemeinsamen Eid“ bei Gelöbnissen ablegten.

Lob für die Hilfe in der Flüchtlingskrise

Ausdrückliches Lob spendeten Lammert und von der Leyen der Bundeswehr auch für ihren Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Rund 6.000 Soldaten an mehr als 80 Standorten seien dauerhaft zur Versorgung, Verteilung und Unterbringung von Flüchtlingen eingesetzt, sagte Lammert. Dieser Einsatz übersteige alle Dimensionen, die bislang aus der Katastrophenhilfe, etwa bei Überflutungen oder nach Stürmen, bekannt waren. „In Auslandseinsätzen sind gegenwärtig nur halb so viele Soldaten gebunden wie in der Flüchtlingshilfe im Inland“, fügte er hinzu.

Ministerin Ursula von der Leyen zitierte in ihrer Rede dem am Vortag verstorbenen ehemaligen Bundeskanzler und Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD). Der Frontoffizier des Zweiten Weltkriegs habe aus der eigenen bitteren Erfahrung, einem verbrecherischen Regime gedient zu haben, in einer Ansprache zum feierlichen Gelöbnis am 20. Juli 2008 den jungen Rekruten das Versprechen gegeben: „Ihr könnt euch darauf verlassen: Dieser Staat wird euch nicht missbrauchen. Denn die Würde und das Recht des einzelnen Menschen sind das oberste Gebot – nicht nur für die Regierenden, sondern für uns alle.“ Auch wegen dieser Sätze, sagte von der Leyen, verneige sich die Bundeswehr „vor ihrem ehemaligen Chef, dem großen Menschen Helmut Schmidt“. (aw/11.11.2015)