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Die Forderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach einer Reduzierung des Einsatzes von Schädlingsbekämpfungsmitteln in der Landwirtschaft stößt bei der Linksfraktion auf Zustimmung. Während der ersten Lesung des dazu vorgelegten Antrags (18/7240) am Freitag, 15. Januar 2016, kritisierten Redner der Koalitionsfraktionen hingegen, die Grünen würden den Nutzen von Pflanzenschutzmitteln ignorieren.
In ihrem Antrag schlagen die Grünen ein Pestizidreduktionsprogramm vor, das die Landwirtschaft langfristig in die Lage versetzen soll, weitestgehend ohne Pestizide auszukommen. Darüber hinaus fordern sie ein Maßnahmenpaket, um den Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat in Unkrautvernichtungsmitteln in der Landwirtschaft zu beenden.
Gleichzeitig soll nach den Vorstellungen der Fraktion auf EU-Ebene für eine grundlegende Reform des Zulassungsverfahrens von Pestizidwirkstoffen geworben werden, die dem Stand der Wissenschaft Rechnung tragen und eine Risikobewertung unabhängig von Einflüssen der Hersteller ermöglicht.
Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“, sagte der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Anton Hofreiter, zu Beginn der Debatte. Glyphosat gelange durch das Besprühen von Äckern mit Unkrautvernichtungsmitteln in die Lebensmittel und so in den Körper der Menschen. Das müsse ein Ende haben, forderte Hofreiter und sagte an den nicht anwesenden Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) gewandt hinzu: „Handeln Sie endlich, es ist überfällig!“
Bislang, so der Grünen-Abgeordnete weiter, tue die Bundesregierung das Gegenteil von dem, was nötig sei. Auf EU-Ebene habe sie sich dafür eingesetzt, dass die Zulassung für Glyphosat um zehn Jahre verlängert werde. Nach Ansicht Hofreiter ein „peinlicher Vorgriff auf das Freihandelsabkommen TTIP“.
Er teile die Ansicht seines Vorredners nicht, machte wenig überraschend im Anschluss Hermann Färber (CDU/CSU) deutlich. „Chemische Pflanzenschutzmittel sind heute so gut und so erfolgreich, dass sich niemand mehr vorstellen kann, wie es war, als es diese Mittel noch nicht gegeben hat“, sagte der Unionsabgeordnete. Die heutige Sicherheit und Qualität der Nahrungsmittelversorgung sei ohne chemische Pflanzenschutzmittel nicht zu erreichen, urteilte er mit Blick auf Hungerkatastrophen früherer Jahre als Folge des Ernteverlustes wegen Schädlingsbefall.
Zwar würden auch biologische Mittel erforscht, doch seien diese noch nicht praxisreif. Außerdem, so Färber weiter, gebe es für Pflanzenschutzmittel in Deutschland und in Europa „eines der strengsten Regulierungssysteme der Welt“.
Karin Binder (Die Linke) räumte ein, dass der Anteil der Grenzwertübersteigungen laut den Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mit 1,4 Prozent der untersuchten Proben „äußerst gering“ sei. Schaue man aber genauer hin, entpuppe sich das Ganze als „höchst bedenkliche Verbrauchertäuschung“.
Die Beanstandungen seien nicht etwa so niedrig, weil die Schadstoffbelastung reduziert worden sei. „Sondern weil die Grenzwerte vieler Pestizide in den vergangenen Jahren immer wieder angehoben wurden“, sagte Binder. So sei „auf Wunsch des Herstellers Monsanto“ der Grenzwert auf Glyphosat im Jahr 2010 von 0,1 auf 10 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht eines erwachsenen Menschen angehoben worden.
Für die SPD stehe der Schutz der Verbraucher an erster Stelle, sagte Rita Kagl-Kehl (SPD). Zugleich wolle man eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft, „die auch ressourcenschonend ist“. Trotzdem stehe die SPD für die Produktion von gesunden, qualitativen und wettbewerbsfähigen Lebensmitteln. Der intensive Einsatz von Pestiziden, so Kagl-Kehl, beeinflusse die anhaltende Abnahme der biologischen Vielfalt. Daher sei die Reduktion der Pestizide dringend nötig. „Nicht aber ein allgemeiner Verzicht auf Pflanzenschutzmittel“, fügte sie hinzu.
Bei richtiger Anwendung könne man so einen „Schutz für die Gesundheit von Menschen und Tieren und für den Naturhaushalt“ erreichen. Ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel habe zudem die Folge, dass der Export von Lebensmitteln und Futtermitteln zunehmen würde. In anderen Ländern – wie etwa in Südamerika – erfolge die Anwendung der Mittel aber in viel größeren Dosierungen als in Deutschland, gab die SPD-Abgeordnete zu bedenken. (hau/15.01.2016)