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1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss- 15.01.2016
Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA") hat der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, die Geschichte der Zusammenarbeit mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) Revue passieren lassen. In seiner Vernehmung am Donnerstag betonte Uhrlau, dass es dabei nicht zuletzt um eine "Ertüchtigung" des BND gegangen sei, der von den überlegenen technischen Möglichkeiten der US-Partner profitiert habe. Der heute 69-jährige Ruhestandsbeamte war unter der rot-grünen Koalition bis 2005 Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt und stand anschließend bis 2011 an der Spitze des BND. Ein erstes Mal hatte er im Juni vorigen Jahres vor dem Ausschuss ausgesagt.
Bereits im Juli 2001 waren sich BND und NSA im Grundsatz darüber einig gewesen, die bis dahin ausschließlich von den USA genutzte Abhöranlage in Bad Aibling gemeinsam zu betreiben. Nach Uhrlaus Worten gewann der BND damit Zugang zur Technologie der Überwachung satellitengestützter Kommunikation. Als sich wenige Wochen später die Terrorattacken des 11. September ereigneten und die Hamburger Al-Qaida-Zelle entdeckt wurde, habe es über die "Notwendigkeit, mit der NSA eine intensive Zusammenarbeit zu entwickeln", überhaupt keinen Zweifel mehr geben können: "Es war völlig klar, dass die Zusammenarbeit mit den USA politisch gewollt war und auch politisch für notwendig erachtet wurde." Dies sei die "politische Gesamtposition im Kanzleramt im Herbst 2001 gewesen".
Zwei Jahre später war Uhrlau als Geheimdienstkoordinator persönlich beteiligt, ein gemeinsames Abhörprojekt von BND und NSA in die Wege zu leiten. Mit der Operation "Eikonal" wurde über mehrere Jahre hinweg bis 2008 ein Glasfaserknoten der Telekom in Frankfurt am Main angezapft, um kabelgestützte Kommunikation aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens zu überwachen. Auch dies sei ein Beitrag zur "Ertüchtigung" des BND gewesen, da die damals neuen Glasfasernetze bislang unbekannte Anforderungen an die Abhörtechnik stellten. Allerdings machte die Telekom zunächst rechtliche Einwände geltend. Um sie auszuräumen, unterzeichnete Uhrlau im Dezember 2003 ein Schreiben, in dem das Kanzleramt die Unbedenklichkeit der Aktion bescheinigte.
Den Zugang der Geheimdienste zum Glasfaserknoten ermöglichte eine G10-Anordnung, die in der Regel die gesetzliche Grundlage bildet, um den Schutz des Fernmeldegeheimnisses aufzuheben, wenn ein deutscher Bürger als Straftäter verdächtig ist. Den Vorwurf der "Lüge" gegenüber der zuständigen G10-Kommission wies Uhrlau zurück. Die Kommission genehmige Suchbegriffe, mit denen aus einem Datenstrom die relevanten Informationen ausgefiltert würden. Dabei werde gleichwohl der gesamte Datenstrom erfasst: "Zwischen Routineverkehren und G10-Erfassung gibt es keine Brandmauer." Das sei der Kommission natürlich bewusst gewesen: "Die G10-Kommission wissentlich täuschen zu wollen, ist nicht die Absicht gewesen."
Zu Beginn seiner Amtszeit als BND-Präsident Anfang 2006 erfuhr Uhrlau, dass die NSA in Bad Aibling Suchmerkmale eingespeist hatte, die sich gegen die europäischen Rüstungsfirmen EADS und Eurocopter richteten. Er gab sich damals mit einer Entschuldigung zufrieden und der Versicherung, so etwas solle nicht wieder vorkommen. Die Frage, warum er den Vorfall nicht zum Anlass einer gründlichen Prüfung der NSA-Selektoren genommen habe, beantwortete Uhrlau mit dem Hinweis auf die noch aus rot-grünen Zeiten gespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen, die nicht weiter belastet werden sollten: "Dass die USA einen sehr viel umfassenderen Informationsbedarf haben als wir, ist uns bekannt gewesen."