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Eine 45-minütige Debatte über die Reform des Sexualstrafrechts am Donnerstag, 17. März 2016, gegen 14.45 Uhr wurde von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erzwungen. Paragraf 62 der Geschäftsordnung des Bundestages gibt diese Möglichkeit, wenn der zuständige Ausschuss einen Gesetzentwurf zehn Sitzungswochen nach Überweisung noch nicht abschließend beraten hat. Dies ist bei dem Gesetzentwurf der Grünen (18/5384) der Fall, mit dem Schutzlücken bei sexuellen Übergriffen geschlossen werden sollen.
Der Gesetzentwurf wurde am 1. Oktober 2015 im Plenum in erster Lesung beraten und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Seitdem liegt er im federführenden Rechtsausschuss. Dort hat es die Koalitionsmehrheit zuletzt am 24. Februar abgelehnt, eine Sachverständigen-Anhörung zu dem Gesetzentwurf anzusetzen. Sie begründete dies damit, dass ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum selben Thema in Vorbereitung sei, der in der Anhörung mitbehandelt werden sollte.
Tatsächlich hatte das Justizministerium bereits einen Referentenentwurf zur Reform des Sexualstrafrechts vorgelegt, bevor die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihren Gesetzentwurf eingebracht hatte. Wegen Unstimmigkeiten zwischen den Ressorts kam dieser Entwurf allerdings bisher noch nicht zur Kabinettsreife. Mithilfe der erzwungenen Debatte wollen die Grünen hier auch eine Entscheidung anmahnen.
Bereits die Debatte am 1. Oktober hatte gezeigt, dass über die Ziele der Reform des Sexualstrafrechts grundsätzlich Einigkeit besteht. Nach geltendem Recht ist eine sexuelle Handlung gegen eine Person nur strafbar, wenn der Täter Zwangsmittel angewendet hat. Die Grünen weisen in der Begründung ihres Gesetzentwurfs darauf hin, dass Verfahren wegen sexueller Übergriffe häufig nicht etwa aus Mangel an Beweisen eingestellt würden, sondern „ausdrücklich wegen Nichterfüllung des Tatbestands“.
Kern des Gesetzentwurfs der Grünen ist, dass im einschlägigen Paragrafen des Strafgesetzbuchs der Begriff „Sexuelle Nötigung“ durch „Sexuelle Misshandlung“ ersetzt wird. Im folgenden Gesetzestext wird der Tatbestand dann genauer umschrieben.
Allerdings bezweifeln nicht nur die Koalitionsfraktionen, dass mit diesem Gesetzentwurf das angestrebte Ziel erreicht wird, sondern auch die Fraktion Die Linke, die Ende Februar einen eigenen Gesetzentwurf (18/7719) eingereicht hat. Die unterschiedlichen Lösungsansätze zur Schließung der bestehenden Schutzlücken werden in der Debatte am 17. März zur Sprache kommen.
Dass sie geschlossen werden, dazu ist die Bundesrepublik Deutschland auch nach internationalem Recht verpflichtet. In der sogenannten Istanbul-Konvention, einem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, haben sich die Mitgliedsstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass jedwede sexuelle Handlung gegen den Willen des Opfers in ihrem Hoheitsgebiet unter Strafe gestellt wird. (pst/0703.2016)