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Barrieren, die Menschen mit Behinderungen an gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe behindern, müssen noch konsequenter abgebaut werden. Das betonten Redner aller Fraktionen am Donnerstag, 17. März 2016, während der Debatte über die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes (18/7824) und zweier Anträge der Linken (18/7874) und von Bündnis 90/Die Grünen (18/7877), in denen sich die Fraktionen unter anderem für verbindlichere Regeln für die Privatwirtschaft aussprechen.
Mit der Neufassung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) sollen Barrieren in Gebäuden der öffentlichen Verwaltung des Bundes, aber auch im Bereich der Kommunikation durch stärkere Anwendung der Leichten Sprache im Internet weiter abgebaut werden.
Ferner ist die Einrichtung einer Bundesfachstelle für Barrierefreiheit und die Einführung eines Schlichtungsverfahrens geplant, das künftig Verbandsklagen, die sich gegen Träger öffentlicher Gewalt richten, vorgeschaltet ist und daneben auch für Einzelpersonen zur Verfügung stehen soll.
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, hielt dabei ihre Rede in Leichter Sprache und stellte fest: „Ich fand das sehr schwierig.“ Dennoch sei es wichtig und überfällig, dass Behörden künftig Dokumente in Leichter Sprache anbieten, damit diese für lernbeeinträchtigte und behinderte Menschen verständlich seien. Denn im Internet gebe es überall Barrieren, auf die Menschen mit Behinderungen stoßen, wenn sie sich informieren wollen, sagte Lösekrug-Möller.
Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, zeigte sich erfreut darüber, dass Behörden künftig ihre Bescheide in Leichter Sprache erläutern sollen und bezeichnete den Entwurf als Schritt für mehr Teilhabegerechtigkeit. Sie kritisierte jedoch den dort enthaltenen Berichtsauftrag für Barrieren in Gebäuden und im Internet bis 2021 als unzureichend. „Von Berichten werden Barrieren nicht abgebaut“, sagte sie.
Katrin Werner (Die Linke) kritisierte: „Was uns hier vorliegt, bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Was nützt es, wenn nur die öffentlichen Dienstleister zur Barrierefreiheit verpflichtet werden? Das geht an der Lebensrealität der Menschen mit Behinderungen vorbei.“
Denn Barrierefreiheit müsse endlich überall zum Standard werden, in Kinos, in Restaurants, Geschäften und Arztpraxen. Der Entwurf aber verhindere, dass diese Orte für die Betroffenen gleichberechtigt zugänglich seien, so Werner.
Karl Schiewerling (CDU/CSU) befand, Deutschland habe seit Inkrafttreten des BGG viele kleine Schritte getan. Man könnte sich da durchaus mehr vorstellen, „aber uns sind Grenzen gesetzt“, sagte er. Dennoch seien auch in der Wirtschaft viele Dinge in Bewegung gekommen und schon aus eigenem Interesse bemühten sich viele Unternehmen der Privatwirtschaft um barrierefreie Angebote.
Schiewerling betonte, es sei zentral, den Blick auf die Zunahme von Behinderungen und psychischen Erkrankungen in unserer Gesellschaft zu weiten. Dies sei zwar auch eine Folge des Drucks der Arbeitswelt, habe aber auch viel mit der Entgrenzung der Gesellschaft zu tun. Darüber müsse in diesem Zusammenhang gesprochen werden, appellierte er.
Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den Entwurf der Bundesregierung als Trippelschritt. „Sie scheuen verbindliche Verpflichtungen. Barrieren in bestehenden Gebäuden und im Internet sollen bis 2021 erhoben werden. Aber bis wann sollen sie abgebaut werden? Das steht in den Sternen“, kritisierte sie. So gebe es zum Beispiel bei der Leichten Sprache keine Rechtsverbindlichkeit, sondern zu viele Spielräume für die Behörden, deren Anwendung zu verweigern.
Rüffer betonte, dass die Menschen nicht ihr halbes Leben in öffentlichen Einrichtungen verbringen würden, sondern an anderen Orten. Für mehr Barrierefreiheit in diesen Alltagsorten sorge der Entwurf jedoch nicht, so Rüffer.
Kerstin Tack (SPD) betonte, dass es sehr wohl ein Anliegen der Bundesregierung sei, die Privatwirtschaft zu mehr barrierefreien Angeboten zu bewegen. Dies werde man aber nicht mit einem Gesetz so einfach festlegen können.
Dennoch gehöre das Thema auf die Tagesordnung und werde auch im Rahmen der Evaluation des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in diesem Jahr eine Rolle spielen, sagte Tack. (che/17.03.2016)