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Die deutschen Banken und Sparkassen haben den Gesetzgeber aufgefordert, nationale Sondervorschriften zum Anlegerschutz im Rahmen der Umsetzung europäischer Anlegerschutzvorschriften abzuschaffen. In einer öffentlichen Anhörung des von Ingrid Arndt-Brauer (SPD) geleiteten Finanzausschusses am Montag, 14. März 2016, zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (18/7482) erklärten die Kreditinstitute, mit den umzusetzenden EU-Vorschriften entstehe ein umfassender Rechtsrahmen zur Regulierung der Finanzmärkte.
Die im Vorgriff auf diese EU-Regeln bereits erlassenen deutschen Vorschriften würden die deutschen Kreditinstitute massiv belasten. Allein die genossenschaftlichen Institute hätten jedes Jahr 100 Millionen Euro für die Umsetzung anlegerschützender Vorschriften aufzuwenden. Hinzu kämen die Kosten für die Umsetzung der neuen Vorgaben. "Der deutsche Gesetzgeber sollte das Gesetzgebungsverfahren daher nutzen, dem entgegenzuwirken und nationale Sonderregelungen zu streichen", verlangten die Bankenverbände.
Verwiesen wurde von der Kreditwirtschaft auf die Wertung des europäischen Gesetzgebers, dass bei einfachen Produkten wie Aktien und einfachen Schuldverschreibungen kein gesondertes Schutzbedürfnis für Anleger bestehe. Die nationale Regelung mit der Pflicht zur kostenintensiven Erstellung von Produktinformationsblättern habe bereits dazu geführt, dass 87 Prozent der befragten Kreditinstitute ihre Aktienberatung deutlich reduziert oder sogar eingestellt hätten.
"Im Ergebnis wird so einer Vielzahl von Kleinanlegern der Zugang zu Finanzinstrumenten, die der Finanzierung der Realwirtschaft dienen, erschwert oder gar verwehrt." Dies bestätigten das Deutsche Aktieninstitut und die Deutsche Börse AG. Die Börse berichtete in ihrer Stellungnahme von deutlich gestiegenem Aufwand und Kosten für die Bereitstellung eines Basisinformationsblatts. Der Rückgang der Beratung in Aktien schränke das Anlagespektrum für Kleinanleger ein und erschwere Unternehmen die Kapitalaufnahme über eine Börse.
Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft warnte in seiner Stellungnahme vor einer doppelten Verpflichtung für die Erstellung von Informationsblättern. Durch verschiedene Produktinformationsblätter könnten die Kunden verwirrt werden. Außerdem verlangte der Verband eine gesetzliche Klarstellung, welche Produkte als Altersvorsorgeprodukte anzusehen seien.
Der Fondsverband BVI begrüßte die Neuregelungen. Die Regelungen der Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und für Versicherungsprodukte sowie die Umsetzung des neu geregelten Marktmissbrauchsrechts seien von großer Bedeutung und würden die Vergleichbarkeit von verpackten Anlageprodukten erhöhen.
Prof. Dr. Andreas Oehler (Universität Bamberg) erklärte, die vorgesehene Regelung gehe grundsätzlich in die richtige Richtung. Sie ermögliche den Beginn einer Harmonisierung der Produktinformationen zu Anlageformen, die viele Verbraucher nutzen würden. Im Gegensatz zu den Banken forderte Oehler jedoch unbedingt die Einbeziehung von Aktien, einfachen Anleihen, Altersvorsorgeprodukten (Riester-Rente, Rürup-Produkte), Einlagen und Sachversicherungen in die Bestimmungen für die Produktinformationen.
Rechtsanwalt Andreas W. Tilp verlangte, den Geschädigten an den Finanzmärkten wirksame Instrumente an die Hand zu geben, um ihre Schäden "effektiv kompensieren zu können". Empfohlen wurde eine Stellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für geschädigte Kapitalmarktteilnehmer wie beim Bundeskartellamt im Bereich der Verfolgung von Kartellordnungswidrigkeiten für Kartellgeschädigte.
Rechtsanwalt Peter Mattil, dessen Kanzlei geschädigte Anleger vertritt, bezeichnete die Bestimmungen zum Marktmissbrauch als nicht weitgehend genug. Die Aufsichtsbehörde BaFin müsse weitgehende Befugnisse erhalten. Viele Marktteilnehmer würden darauf spekulieren, dass Kleinanleger nicht prozessieren würden, weil die Kosten zu hoch seien. Prozesse seien für normale Verbraucher zu teuer. Dies wisse die Branche und spekuliere entsprechend darauf.
Der Bundesverband der Wertpapierfirmen verwahrte sich gegen die Bestimmungen im Bereich des Marktmissbrauchs, wo von "Verbrechen" die Rede sei. Es bestehe keine EU-Vorgabe zur Normierung eines Verbrechenstatbestands. Auch im früheren Referentenentwurf sei nur von "Vergehen" die Rede gewesen.
Die Deutsche Börse AG wies darauf hin, dass bei den Änderungen nicht berücksichtigt worden sei, dass Börsen in Deutschland von den jeweiligen Landesaufsichtsbehörden überwacht würden. Die BaFin sei daher nicht die zuständige Behörde. Diesen Eingriff in den eigenständigen Kompetenzbereich der Bundesländer hatte auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf kritisiert.
Mit dem Gesetzentwurf sollen europäische Neuregelungen auf zahlreichen Gebieten des Kapitalmarktrechts zur Verbesserung der Transparenz und Integrität der Märkte und des Anlegerschutzes umgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem die Anpassung von Regulierungsvorschriften und die Verbesserung der Überwachung von Marktmissbrauch, die Stärkung von Befugnissen und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation.
Die Vertreter von EU-Kommission und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zeigten sich zufrieden mit der nationalen Umsetzung der europäischen Vorgaben. (hle/14.03.2016)