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Cum/Ex-Ausschuss hört fünf Sachverständige

Mit einer Einführung in die Thematik des Untersuchungsauftrages setzt der 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex) seine Arbeit am Donnerstag, 14. April 2016, in öffentlicher Sitzung fort. Unter dem Vorsitz von Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) hören die Ausschussmitglieder fünf Sachverständige und werden diese anschließend befragen. Dabei geht es um das Grundprinzip der sogenannten Cum/Ex-Geschäfte, die in der Praxis gebräuchlichsten Gestaltungen und die Methoden zur Verschleierung dieser Geschäfte sowie deren rechtliche Bewertung. Die Sitzung im Paul-Löbe-Haus des Bundestages, Sitzungssaal E 400, beginnt um 13 Uhr und dauert voraussichtlich vier Stunden.

Die Anhörung wird live im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.

Die Sachverständigen sind Prof. Dr. Christoph Spengel von der Universität Mannheim, Prof. Dr. Marc Desens von der Universität Leipzig, Ministerialdirigent Prof. Dr. Michael Schmitt, Leiter der Abteilung Steuern beim Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württembergs und Lehrbeauftragter der Universität Mannheim, Helmut Lotzgeselle, Vorsitzender Richter am Hessischen Finanzgericht, sowie ein Vertreter der Steuerfahndung Wuppertal, die gegen die vermutlich in die Cum/Ex-Geschäfte verwickelten Banken ermittelt.

Steuerexperten sollen Mechanismen erklären

Spengel wurde vom Ausschuss auf seiner Sitzung am 17. März auch als Autor eines Sachverständigengutachtens bestimmt, in dem die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten dieser Geschäfte dargelegt werden sollen.

Dabei führten zwischen 1999 und 2011 Leerverkäufe von Aktien um den Dividendenstichtag herum zu einer mehrfachen Erstattung beziehungsweise Anrechnung von tatsächlich nur einmal einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer. Beantwortet werden soll unter anderem die Frage, wer für die Steuerrückforderung haftet, wenn die Erstattung beziehungsweise Anrechnung von Kapitalertragsteuer beziehungsweise Körperschaftsteuer zurückgenommen wird.

Schaden wird auf zwölf Milliarden Euro geschätzt

Spengel ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre II an der Universität Mannheim. Er ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesfinanzministeriums. In einem Interview Anfang des Jahres sagte er, es habe niemals eine gesetzliche Möglichkeit gegeben, einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach anzurechnen. Der dem Fiskus durch diese Geschäfte gegebenenfalls entstandene Schaden wird auf etwa zwölf Milliarden Euro geschätzt.

Desens leitet den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Steuerrecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht, der Universität Leipzig und befasst sich seit mehreren Jahren mit Gestaltungsmissbräuchen durch Aktiengeschäfte. 2012 veröffentlichte er in der Zeitschrift Deutsches Steuerrecht einen Beitrag zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach Leerverkäufen über den Dividendenstichtag.

Richter mit Cum/Ex-Erfahrung

Schmitt beschäftigt sich in seiner Funktion mit Zweifelsfällen in sämtlichen steuerrechtlichen Teilgebieten. Einen Schwerpunkt bildet die fachliche Begleitung gesetzgeberischer Aktivitäten auf dem Gebiet der Ertrags- und Unternehmensbesteuerung.

Lotzgeselle sitzt dem 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts vor, der überwiegend für steuerrechtliche Streitigkeiten von Kapitalgesellschaften zuständig ist. Dieser hatte Ende Februar eine Klage der DekaBank abgewiesen, die sich 50 Millionen Euro Kapitalertragsteuern aus umstrittenen Cum/Ex-Aktientransaktionen erstatten lassen wollte, und das Wesen dieser Geschäfte faktisch als von Grund auf unrechtmäßig bezeichnet. Lotzgeselle hatte zu Cum/Ex-Transaktionen auch in der Vergangenheit schon klar Stellung bezogen.

Ermittlungsbeauftragten eingesetzt

In seiner Sitzung im März hatte der Ausschuss ebenfalls beschlossen, von der HSH Nordbank AG und der Portigon AG, der Rechtsnachfolgerin der WestLB AG, die Herausgabe der Berichte und Dokumente über die Prüfung von Transaktionen im Zusammenhang mit möglichen Cum/Ex-Geschäften zu verlangen.

Außerdem beschloss der Ausschuss die Einsetzung des Generalstaatsanwaltes a.D. Jürgen Kapischke als Ermittlungsbeauftragten zur Unterstützung seiner Arbeit. Er soll Beweismittel sichten und auswerten sowie dem Ausschuss Empfehlungen geben. Kapischke war von November 2006 bis April 2013 Generalstaatsanwalt in Köln. (mwo/07.04.2016)

Zeit: Donnerstag, 14. April 2016, 13 bis 17 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 400

Interessierte Besucher können sich im Sekretariat des Untersuchungsausschusses unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden (E-Mail: 4.ua@bundestag.de, Fax: 030/227-36526). Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030(227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der geladenen Sachverständigen