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Tourismus und Gastgewerbe boomen, doch am Arbeitskräftenachwuchs hapert es erheblich. Darin waren sich die Experten am Mittwoch, 4. November 2015, in einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses unter Vorsitz von Heike Bremer (CDU/CSU) zum Thema "Fachkräftesicherung" einig. Die Politik könne dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Ausbildungsinteressenten attraktiver zu gestalten. "Die Branche benötigt mehr Ansehen und Gewichtung in der Politik", lautete einer der Befunde von Alexander Aisenbrey, Geschäftsführer des Golf-, Wellness- und Tagungsresort Der Öschberghof in Donaueschingen. Zudem: "Die Branche ist sich selbst nicht einig, was sie haben möchte."
Hotellerie und Gastronomie sind "starke Jobmotoren". Dies strich Sandra Warden, Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), heraus. Im August dieses Jahres sei gewiss die Millionengrenze der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe überschritten worden - "erstmals in der Geschichte". Die regionalen Unterschiede seien erheblich: "Grausen" gebe es beim Blick in die östlichen Bundesländer. Aber auch im Sauerland habe aktuell ein Betrieb keinen Koch einstellen können. Er lasse sich derzeit das Essen für die Gäste anliefern.
Von der Politik wünscht sich der Dehoga eine Stärkung des dualen Systems, nämlich "mehr Wertschätzung für berufliche Aus- und Weiterbildung". Unter anderem müsse "auch bei leistungsstarken Jugendlichen die einseitige Bevorzugung von akademischen Bildungsgängen ein Ende haben". An der "Darstellung von Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und der tatsächlichen Durchlässigkeit (in beide Richtungen)" sei "weiter zu arbeiten".
Die "angespannte Fachkräftesituation" ist nach Darstellung von Guido Zeitler von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), "eines der zentralen Themen in den Betrieben". Zwar weise das Gastgewerbe "in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung" bei Umsatz wie Beschäftigung aus. Doch sei die Zahl der Berufsausbildungsverhältnisse "dramatisch gesunken". Viele der angebotenen Ausbildungsverhältnisse in der Branche blieben weiterhin unbesetzt. Zudem verwies Zeitler auf eine "sehr hohe Vertragslösungsquote" - für ihn "ein wesentliches Indiz für die vorhandene Unzufriedenheit von Auszubildenden im Hotel- und Gaststättengewerbe".
Als Gründe nannte er "mangelnde Ausbildungsqualität" oder auch "prekäre Bedingungen in Sachen Arbeitszeit und Überstunden". Er forderte: "Um glaubhaft für attraktive Berufe im Gastgewerbe zu werben, bedarf es einer deutlichen Einkommensverbesserung der Beschäftigten." Viele arbeiteten trotz Ausbildung im Niedriglohnbereich. Eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf zwölf Stunden, wie sie der Dehoga fordere, lehne die NGG ab. Dadurch werde die Arbeit "noch unattraktiver".
Das Gastgewerbe sehe den Fachkräftemangel nach den Arbeitskosten "als das größte wirtschaftliche Risiko für die nächsten zwölf Monate" an. So beschrieb es Ulrike Regele vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Gesucht würden vor allem Fachkräfte mit dualer Berufsausbildung. Geringer Bedarf bestehe an Fach- oder Hochschulabsolventen.
Mit dem Blick nach vorn legte sie ein Schwergewicht darauf, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Die bevorstehende Neuordnung der gastgewerblichen Berufe biete "die Chance, die Berufe zeitgemäß zu gestalten und damit zu attraktiveren": Auch wenn "bis zum kompletten Menü aus dem 3-D-Drucker sicherlich noch einige Jahre vergehen", so sei schon jetzt die Zeit darüber nachzudenken, an welchen Stellen digitale Hard- und Software Prozesse effizienter gestalten könnten.
Professor Armin Brysch von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten pochte auf "Bildung. Bildung, Bildung" - etwa eine "Qualitätsoffensive" für den digitalen Bereich.
Der Reisebüro-Unternehmer Thomas Dippe kritisierte die Arbeitsvermittlung, die "wenig Vorstellung davon hat, was im Reisebüro passiert". Sie müsse ein "attraktives Ausbildungsbild" vermitteln. Wolfgang Eckstein, Leiter des Staatlichen Schulzentrums Wiesau, legte seinen "Fokus auf die Ausbildung von Ausbildern". (fla/04.11.2015)