Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010
Die meisten Sachverständigen befürworten schärfere Vorschriften für so genannte Kreditverbriefungen. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie (17/1720) am Mittwoch, 16. Juni 2010, deutlich.
Die Regierung will damit unter anderem die Eigenkapitalausstattung von Banken verbessern. Außerdem will sie verhindern, dass aus Krediten mit zweitklassiger Qualität durch Verbriefungen erstklassig bewertete Finanztitel geschaffen werden können, indem aus verschiedenen Krediten ein neues Wertpapier gebildet wird.
Künftig soll eine Bank nur dann in diese Verbriefungen investieren dürfen, wenn der Urheber der Verbriefung mindestens fünf Prozent selbst hält. Außerdem ging es in der Anhörung um den gemeinsamen Antrag der vier Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zur Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für Banken (17/1756).
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begrüßte die Fünf-Prozent-Regelung. Damit würden die Anreize für Banken, Risiken bei Krediten komplett weiterzugeben, beendet. Der Entwurf sei "ein großer Schritt nach vorn“. Der Selbstbehalt von fünf Prozent sei außerdem für die Institute ein Anreiz, sich die Bonität von Schuldnern vor einer Verbriefung der Kredite genau anzuschauen.
Prof. Dr. Sebastian Dullien (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) nannte den Selbstbehalt "eine sehr gute Idee. Eines der Probleme der Verbriefungen in der US-Subprime-Krise war, dass Hypothekengesellschaften die Forderungen über Verbriefungen ganz an andere Investoren abschieben konnten und deshalb keinen Anreiz zur genauen Kreditprüfung mehr hatten“, schrieb Dullien in seiner schriftlichen Stellungnahme. Bei sehr riskanten Verbriefungen könnte der Selbstbehalt von fünf Prozent möglicherweise nicht ausreichen.
Martina Metzger vom Berliner Institut für Finanzmarktforschung wies darauf hin, dass bereits heute bei Verbriefungen eine "Erstverlusttranche“ von zehn Prozent üblich sei. Das bedeute, dass der ursprüngliche Kreditgeber in der Regel zehn Prozent eines Portfolios übernehme, auch wenn dies in den Vertragstexten nicht ausdrücklich ausgewiesen werde.
Wenn es nun dazu komme, dass die neue Fünf-Prozent-Regelung auf die Erstverlusttranche angerechnet werden könne, dann würde die Neuregelung hinter den heutigen Verhältnissen zurückbleiben.
Daher sollte eine Anrechnung ausgeschlossen und der Selbstbehalt von fünf Prozent zur Erstverlusttranche hinzugerechnet werden. Ob die dann 15 Prozent Selbstbehalt ausreichen würden, vermochte Metzger nicht zu sagen: "Das kann niemand beurteilen, weil wir kein Labor haben, in dem wir das ausprobieren können.“
Prof. Dr. Christoph Kaserer (Technische Universität München) erklärte zur Frage nach der Höhe des Selbstbehalts, den "richtigen Prozentsatz“ gebe es gar nicht. Er hänge immer von den jeweiligen Geschäften ab. Kaserer plädierte dafür, "maßvoll“ in den Verbriefungsmarkt einzugreifen.
Der frühere Bank-Manager Bernd Lüthje bezeichnete den Selbstbehalt als richtig, auch wenn die fünf Prozent auf dem Verbriefungsmarkt nicht weiter auffallen würden. Generell wolle er aber anmerken, dass die Aufsicht den Problemen immer nur "hinterherkleckert“.
Auf einen besonderen Aspekt für den Pfandbriefmarkt wies der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hin, dessen Mitgliedsunternehmen Pfandbriefe mit einem Volumen von 400 Milliarden Euro für ihre Kunden angelegt haben.
Der GDV verlangte im Zusammenhang mit einer in dem Gesetzentwurf ohnehin vorgesehenen Änderung des Pfandbriefgesetzes eine höhere Berichtsfrequenz (monatlich statt vierteljährlich) für Pfandbriefbanken und mehr Transparenz über die im Umlauf befindlichen Pfandbriefe.
In den Pfandbriefen seien zum Teil bis zu 20 Prozent Staatsanleihen aus so genannten PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien) enthalten. Für Investoren seien jedoch keine aktuellen Informationen über diese Risiken im Deckungsstock der Pfandbriefe verfügbar.
"Die Finanzmarktkrise ebenso wie die Griechenland-Krise haben die Notwendigkeit einer monatlichen Berichterstattung gezeigt“, begründete der GDV seine Forderung.