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Das Stiftungswesen in Deutschland stabilisiert sich auf hohem Niveau. Das sagte Prof. Dr. Hans Fleisch, Generaldirektor des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, während der Sitzung des Unterausschusses Bürgerliches Engagement am Mittwoch, 23. März 2011. Jährlich, so Fleisch, würden sich 800 neue Stiftungen gründen. Dabei gebe es regionale Unterschiede. So sei das Stiftungswesen im Westen der Republik weiter entwickelt als in den neuen Ländern. Gleichzeitig gebe es jedoch auch im Westen regionale Unterschiede. Diese hätten weniger mit der Einkommenssituation in bestimmten Regionen als vielmehr mit der "Stiftungstradition“ zu tun.
Einen "positiven Trend“ gebe es auch bei der Gründung von sogenannten Bürgerstiftungen. Diese seien zwar bezogen auf das Gesamtkapital "keine Schwergewichte“, könnten jedoch bei Fortsetzung des Trends in etwa 15 Jahren mit einem Kapital von ein bis zwei Milliarden Euro zu den "bedeutenden Infrastrukturen“ gehören.
Seit dem Jahr 2007 sei zudem die Gründung von Stiftungen mit dem Zweck, der Förderung bürgerschaftlichen Engagements möglich, sagte Fleisch. Dies werde jedoch nach wie vor von den Finanzverwaltungen nicht akzeptiert. "Hier ist Verbesserungsbedarf erforderlich“ lautete daher seine Forderung.
Prof. Dr. Frank Adloff von der Universität Erlangen-Nürnberg mahnte zur Skepsis angesichts von Zahlen, wonach 60 Prozent der Stiftungen das bürgerliche Engagement fördern würden. Außerhalb der Bürgerstiftungen gebe es viele Stiftungen, die wüssten, dass mit bürgerlichem Engagement eine hohe Anerkennung verbunden sei und sich daher dies "auf die Fahne schreiben“.
Auch die Frage, inwiefern Stiftungen gesellschaftliche Innovationen unterstützen würden, müsse eher kritisch beantwortet werden. Zwar sei es wünschenswert, dass Stiftungen "antizyklisch und langfristig“ agieren. Bisher sei es jedoch oft so, dass sie sich "in große Organisationsfelder einpassen und schon Vorhandenes kopieren“.
Adloff forderte zudem, den Stiftungen "im Gegenzug zu den Reformen der letzten Jahre“, die die Stiftungen sukzessive steuerlich bessergestellt hätten, größere Transparenzpflichten aufzuerlegen. "Die zivilgesellschaftliche Legitimität muss kontinuierlich nachgewiesen werden“, sagte der Soziologe. Dies müsse transparent und öffentlich nachvollziehbar dargestellt werden.
Die hohe Bedeutung der Transparenz betonte auch Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer von Aktive Bürgerschaft, einem Verein, der unter anderem Bürgerstiftungen berät. Auch diese Stiftungen hätten eine Rechenschaftspflicht, die transparent gestaltet werden solle. Das sei auch gut für die öffentliche Wahrnehmung der Stiftung, sagte er. Nährlich kritisierte, dass es noch immer an einer klaren Definition für Bürgerstiftungen fehle. "Wir haben in dem Bereich eine prekäre Datenlage“, so Nährlich.
Auch wenn Stiftungen kein Allheilmittel seien, könnten sie auf vielen Gebieten viel Gutes bewirken, urteilte der Unionsabgeordnete Klaus Riegert. "Ich bin ein Fan von Stiftungen“, sagte er. Die mit Stiftungen verfolgten Zwecke seien in aller Regel "langfristig und nachhaltig“.
Allerdings, so Riegert, dürften sich Stiftungen nicht in die Abhängigkeit des Staates begeben. Was die von den Experten angesprochene Nichtakzeptanz des Stiftungszwecks "bürgerliches Engagement“ durch die Finanzverwaltungen angehe, forderte Riegert dazu auf, schriftlich das Bundesfinanzministerium um Klärung der Situation zu bitten.
Die SPD-Abgeordnete Ute Kumpf erinnerte daran, dass es die rot-grüne Bundesregierung gewesen sei, die im Jahr 2000 damit begonnen habe, die Rahmenbedingungen für Stiftungen zu verbessern. Die derzeitige Bundesregierung scheine jedoch darauf zu setzen, dass Stiftungen die Infrastruktur übernehmen könnten, die die Kommunen nicht bereitstellen wollten.
Auch der Abgeordnete der Linksfraktion Harald Koch kritisierte, dass durch Stiftungen oftmals Probleme gelöst werden sollten, die eigentlich der öffentlichen Hand obliegen würden. "Das kann nicht der Sinn von Stiftungen sein“, sagte er. Seiner Meinung nach müsse verhindert werden, dass Geld, welches in die gesamte Gesellschaft gehen müsste, "im wahrsten Sinne des Wortes stiften geht“.
Die hohe Bedeutung von Transparenzregelungen betonte die Grünen-Abgeordnete Britta Haßelmann. Bisher gebe es zwar die Pflicht zur Rechenschaftslegung, doch sei das ein Vorgang der schlussendlich „abgeheftet wird“. Im Internet erhalte man vielfach nur die "äußeren Daten“ einer Stiftung, wie die Zusammensetzung des Vorstandes, den Zweck und möglicherweise Aussagen über das Kapital und den Umsatz. Angesichts der "Heterogenität und Vielfalt der Stiftungen“ sei es wichtig, die Frage nach einer Änderung der Rahmenbedingungen hin zu mehr Transparenz zu stellen, sagte sie.
Der Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" unter Vorsitz von Markus Grübel (CDU/CSU) ist ein Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (hau)