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Der ländliche Raum ist stark und bietet eine hohe Lebensqualität, sagte der parlamentarische Staats- sekretär im Bundeslandwirtschafts- ministerium, Dr. Gerd Müller (CSU), während des vom Unterausschuss "Regionale Wirtschaftspolitik" ver- anstalteten Kongresses "Zukunft der strukturschwachen und ländlichen Räume" am Montag, 4. April 2011. Er wolle nicht in das allgemeine Klage- lied einstimmen, so Müller, wenn- gleich ihm bewusst sei, dass es Problemregionen gebe. Deren Anteil liege jedoch bei fünf Prozent.
"Die restlichen 95 Prozent sind ein starkes Rückrat für unsere Gesellschaft", sagte der Staatssekretär. Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zeigte sich optimistisch, was die Entwicklung des ländlichen Raums angeht.
So gebe es die Möglichkeit, durch moderne Technologien "in der Fläche für die gleichen Chancen zu sorgen wie in den Städten". Der ländliche Raum, so Brüderle, sei keine Ballast, sondern biete Chancen für die gesellschaftliche Entwicklung.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte der Bevölkerungswissenschaftler Prof. Dr. Herwig Birg auf die Folgen der demografischen Entwicklung hingewiesen, die seiner Ansicht nach insbesondere das Entwicklungspotenzial der ländlichen und strukturschwachen Regionen aufgrund von Geburtendefiziten und Abwanderung "auf das Äußerste gefährden".
Während über Jahrhunderte das demografische und ökonomische Wachstum der Städte aus den Geburtenüberschüssen der ländlichen Gebiete durch Zuwanderung gespeist worden sei, "ist diese Quelle versiegt", sagte Birg. Wolle man dem Schrumpfen der Bevölkerung entgegenwirken, braucht es laut Birg eine "Stabilisierungspolitik".
Dabei müsse die demografische Entwicklung in die europäische wie die nationale Förderpolitik einbezogen werden. Im Interesse einer Geburtenförderungspolitik müsse zudem die vom Bundesverfassungsgericht schon seit Langen angemahnte Reform der sozialen Sicherungssysteme angegangen werden, sodass Kinderlose in der Rentenfrage nicht länger gegenüber Familien mit Kindern "privilegiert werden".
Ländliche Regionen seien nicht "per se" die Verlierer der Entwicklung, sagte Dr. Dirk Ahner, Generaldirektor der Generaldirektion Regionen der EU-Kommission. Viele dieser Regionen - insbesondere der alten EU-Länder - seien in den letzten Jahren stärker gewachsen als städtische Regionen.
Festzustellen sei, dass die Landwirtschaft in den ländlichen Regionen an Bedeutung verloren habe. Daher sei eine Diversifizierung nötig. Zugleich müssten Synergien zwischen Stadt und Land besser genutzt werden. In dieser Förderperiode, so räumte Ahner ein, seien "Instrumente und Politikbereiche zu sehr voneinander getrennt worden".
Es sei zuviel von "Demarkationslinien" zwischen den einzelnen Fonds und Förderprogrammen gesprochen worden. Gebraucht würden hingegen Programme "auf der regionalen Ebene, die Synergien untereinander entwickeln".
Entscheidungen über Entwicklungsmöglichkeiten der ländlichen Regionen müssten vor Ort und nicht in Brüssel gefällt werden, forderte der parlamentarischen Staatssekretär Müller. "Wir brauchen ein Modell, das von unten nach oben funktioniert", sagte er.
Zugleich rief er die zahlreich anwesenden Kommunalpolitiker dazu auf, die im Grundgesetz festgeschriebene "gleichwertige Entwicklung von Stadt und Land" notfalls auch vor Gericht einzufordern. Dabei bedeute "gleichwertig" nicht "gleich". Der Staat sollte sich daher auf seine Kernaufgaben konzentrieren, sich aber aus den Details heraushalten. Diese müssten durch die Kommunen geklärt werden.
Bezugnehmend auf die Versorgung ländlicher Gebiete mit schnellen Internetanschlüssen machte Müller deutlich, dass seiner Ansicht nach an dem Vorhaben, "jedes Haus mit einem Glasfaserkabel zu versorgen", festgehalten werden müsse. "Das ist ein politischer Auftrag", betonte er.
Brüderle sprach sich beim Breitbandausbau hingegen für eine "Technologieoffenheit" aus. Es werde ohnehin zunehmend die "mobile Technik" genutzt. Zudem habe man schon bei der Vergabe der UMTS-Lizenzen darauf geachtet, dass ländliche Gebiete zuerst versorgt werden, sagte er. Ein Festhalten an einer Glasfaserkabelversorgung in allen Regionen ist seiner Ansicht nach falsch.
Gleichzeitig betonte der Bundeswirtschaftsminister den hohen Wert der kommunalen Selbstverwaltung. Man müsse "weg von der Gängelung" und den Spielraum der Kommunen erhöhen. Der Staat sollte lediglich Standards festlegen, innerhalb derer "die Kommunen eigene Schwerpunkte setzen können", forderte Brüderle. (hau)