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Der Ausbau der Internet-Breitbandverbindungen und die Absicherung der medizinischen Grundversorgung sind zwei entscheidende Faktoren für eine positive Entwicklung ländlicher Regionen. In dieser Einschätzung herrschte Einigkeit unter den Teilnehmern einer Podiumsdiskussion im Rahmen des vom Unterausschuss "Regionale Wirtschaftspolitik" unter Vorsitz von Ernst Hinsken (CDU/CSU) veranstalteten Kongresses zur "Zukunft der strukturschwachen und ländlichen Räume“ am Montag, 4. April 2011.
Mit einer schnellen Datenautobahn, so sagte der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Marcel Huber, könne auch "im letzten Kuhdorf eine Weltfirma betrieben werden“. So sei es möglich, "hochwertige Arbeitsplätze in den ländlichen Raum zu bringen“. Dieser Faktor sei entscheidet, denn: "Gute Luft allein reicht nicht aus.“
Auch für Tassilo Lenk, Landrat im Vogtlandkreis, sind Arbeitsplätze das Hauptkriterium. Nicht zuletzt, um die Folgen der demografischen Entwicklung abzufedern. "Wo Arbeit ist, ist sozialer Friede; wo sozialer Friede herrscht, werden auch Kinder 'gemacht'“, sagte Landrat Lenk. Dazu brauche es eine wohnortnahe medizinische Versorgung ebenso wie Kita- und Schulangebote in unmittelbarer Nähe. "Entscheidend für die Zukunft wird der Breitbandausbau sein“, urteilte daher auch Lenk.
Seine Fraktion, so kündigte Albert Rupprecht (CDU/CSU) an, werde in Kürze einen Antrag vorlegen, der, sich am Beispiel der Post orientierend, von Internetanbietern "eine Universaldienstverpflichtung fordert“. Damit solle gewährleistet werden, dass alle Haushalte eine Datenleitung mit mindestens 16 Megabit pro Sekunde erhalten.
Heftig umstritten war die Frage, wie es gelingen könne, eine ausreichende Zahl von Hausärzten für den ländlichen Raum zu gewinnen. Andreas Köhler, Vorstandvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), sprach in diesem Zusammenhang von einem "eklatanten Problem“. Der ärztliche Nachwuchs wolle nicht in die Fläche. Zwar könne die KV mehr Niederlassungsmöglichkeiten schaffen, doch stehe auch fest: "Wir können keine Ärzte backen.“
Um diesem Problem entgegenzutreten forderte Landrat Lenk, mehr Hausärzte auszubilden. Dazu müsse möglicherweise auch der Numerus clausus geändert werden. "Es sind nicht nur die 1,1er-Abiturienten, die das Zeug für einen guten Arzt haben“, sagte er.
Köhler wiederum verwies auf Befragungen niederlassungswilliger Ärzte, unter welchen Bedingungen diese bereit wären, "in die Fläche zu gehen“. Im Schnitt sei dabei ein "Mehrgehalt“ von 8.000 Euro monatlich gefordert worden. Das könne kein System leisten, sagte Köhler.
Gleichzeitig habe die Befragung auch deutlich gemacht, dass Ärzte auf einen derartigen Einkommenszuwachs zugunsten von guten Ausbildungsmöglichkeiten für ihre Kinder und Arbeitsplatzangebote für den Partner verzichten würden.
Für die FDP-Abgeordnete Claudia Bögel ergab sich daraus die Forderung nach einem Gesamtpaket, in dem "Bildungsangebote für Kinder und Arbeitsplätze für die Partner von Ärzten“ enthalten sein müssten. Zugleich müsse die Infrastruktur ausgebaut werden: "Und zwar nicht nur die Straßen, sondern auch die schnellen Netze.“
Die Landarztpraxis von früher werde es wohl künftig nicht mehr geben, sagte die Abgeordnete der Linksfraktion Ulla Lötzer. Sie plädierte dafür, das Gemeindeschwester-Modell zu prüfen. Für viele medizinische Dienstleistungen, so Lötzer, sei schließlich nicht unbedingt ein Arzt erforderlich.
KV-Chef Köhler brachte eine "Filialisierung“ ins Gespräch. Danach sollten Ärzte ihre Sprechzeiten auf mehrere Dörfer an einzelnen Wochentagen verteilen. So könne flächendeckend ein gleichwertiges Versorgungsangebot geschaffen werden. Es sei eine Illusion, so Köhler, davon auszugehen, dass künftig jedes Dorf einen Arzt haben könne.
Es dürfe nicht immer davon geredet werden, dass kein Arzt aufs Dorf will, forderte hingegen der Unionsabgeordnete Rupprecht, der selbst aus einer ländlichen Region in der Oberpfalz stammt. "Wenn wir das weiter so machen, will da wirklich keiner mehr hin.“ Seiner Ansicht nach muss auch etwas dagegen getan werden, dass die "mit vielen Milliarden an deutschen Universitäten ausgebildeten Ärzte“ anschließend nach Norwegen oder in die Schweiz gehen.
Auch der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Helmut Born, wehrte sich gegen das "Schlechtreden der ländlichen Infrastruktur“. Die "Schulerstausbildung“ beispielsweise sei oft besser als in vielen Städten. Den Umzug seines Verbandes von Bonn nach Berlin hätten einige der Mitarbeiter mit Familie nicht mitgemacht, da ihnen das Schulangebot in Berlin nicht zugesagt habe, sagte Born.
Auf die künftigen Folgen des demografischen Wandels für ländliche und strukturschwache Regionen verwies Staatssekretär Michael Schneider, Bevollmächtigter des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund. Es gebe eine "demografische Zeitbombe“, die in 20 Jahren für Probleme sorgen werde, gegen die "unsere heutigen Sorgen nichts sind“.
Durch den Mangel an Arbeitskräften würden dann immer weniger Einnahmen erwirtschaftet. Den Rückgang der Erwerbstätigen bezifferte Schneider für Ostdeutschland auf acht bis zehn Prozent im Jahr 2020 und 17 bis 19 Prozent im Jahr 2030. Dies sei der stärkste Rückgang in ganz Europa, betonte Schneider. (hau)