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Die Absicht der Bundesregierung, Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung zu fördern, findet Unterstützung unter den Fraktionen des Bundestages. An dem dazu von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgelegten Gesetzentwurf (17/5335) übte jedoch während der ersten Lesung der Vorlage am Donnerstag, 14. April 2011, neben der Opposition auch die Unionsfraktion Kritik. So wurde bemängelt, dass der Gesetzentwurf keine klaren Aus- und Weiterbildungsregeln für den Mediator vorsehe. Zudem privilegiere der Entwurf die gerichtsinterne Mediation, was der Absicht zuwiderlaufe, die Gerichte zu entlasten.
Die Mediation sei in Deutschland bislang weitgehend ungeregelt, sagte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Da bis Mai dieses Jahres die EU-Mediationsrichtlinie umgesetzt werden müsse, habe man das Gesetz "von Grund auf neu entwickelt“, sagte sie. Dabei seien die verschiedensten Interessen abgewogen worden, um einen angemessenen Ausgleich zu finden.
Sie sei froh, dass der Entwurf auf ein positives Echo gestoßen sei, wisse jedoch auch um die Kritik. Soweit diese auf eine Abschaffung der gerichtsinternen Mediation abzielten, könne sie diese jedoch nicht teilen. "Wir haben in dem Bereich hohe Erfolgsquoten“, sagte die Ministerin.
Dass man sich bei der Frage der Zulassung von Mediatoren gegen eine detaillierte Regelung entschieden habe, sei dem Ziel geschuldet, den Entfaltungsspielraum des Verfahrens zu erhalten, so Leutheusser-Schnarrenberger.
Weil der Mediator laut Gesetzentwurf lediglich in eigener Verantwortung für eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung zu sorgen habe, würden derzeit "Mediatorenkurse wie Pilze aus dem Boden sprießen“, entgegnete die SPD-Abgeordnete Sonja Steffen. "Es geht hier aber nicht um Meditation bei Räucherkerzen und Tee“, sagte sie.
Vielmehr solle der Mediator vollstreckbare Entscheidungen finden. "Wir brauchen verbindliche gesetzliche Bestimmungen für die Aus- und Weiterbildung von Mediatoren“, forderte Steffen. Ihrer Ansicht nach muss das Gesetz zudem seinen Schwerpunkt auf die außergerichtliche Streitschlichtung setzen, wozu allerdings "zusätzliche Kostenanreize“ geschaffen werden müssten.
Bislang sei jedoch eine Mediationskostenbeihilfe in dem Gesetz nicht vorgesehen, kritisierte die SPD-Abgeordnete. So werde die Mediation weiterhin in den Gerichten stattfinden und nicht zu der gewünschten Entlastung führen.
Das Gesetz setze die EU-Richtlinie um und dehne zu Recht bestimmte Aspekte auf innerstaatliche Sachverhalte aus, sagte der Dr. Unionsabgeordnete Patrick Sensburg. Der Entwurf werfe zugleich aber auch Fragen auf. So sei nicht klar, ob der Anwendungsbereich des Gesetzes sich auch auf "Mediation auf dem Schulhof oder in der Familie“ erstrecke. Auch werde das Ziel, die außergerichtliche Mediation zu stärken, ohne auf die gerichtliche Mediation zu verzichten, nicht erreicht.
"Derzeit stärkt der Entwurf die kostengünstigere Gerichtsmediation“, sagte Sensburg. Verbesserungen müssten auch bei den Regelungen zur Aus- und Fortbildung erreicht werden, forderte er. "Nicht jeder darf sich Mediator nennen dürfen.“
Festgelegt werden müssten Mindeststandards bei der Ausbildung: "Ich denke an eine Mindeststundenzahl von 120 bis 150 in der Ausbildung“, sagte der CDU-Abgeordnete.
Auch aus Sicht von Jens Petermann (Die Linke) liegen die Hauptprobleme dieses "halbgaren Gesetzentwurfs“ bei den ungeklärten Fragen zu den Kosten sowie der Aus- und Weiterbildung. Die Bundesregierung habe drei Jahre Zeit gehabt, die EU-Richtlinie umzusetzen, sagte Petermann. Trotzdem wirke der Entwurf wie mit der heißen Nadel gestrickt.
Das Bundesjustizministerium wolle die Mediation im Bereich Zivil-, Familien-, Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsrecht einführen, obwohl es fraglich sei, ob dies die Umsetzung der Richtlinie fordere. Gerade in den letzten drei Bereichen gebe es ein "strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten“.
Mediation mache aber nur Sinn, wenn sich beide Parteien auf Augenhöhe begegnen könnten. "Ansonsten wird regelmäßig der Schwächere über den Tisch gezogen“, sagte Petermann.
Für die Aus- und Weiterbildung der Mediatoren müssten Standards festgelegt werden, forderte auch Ingrid Hönlinger (Bündnis 90/Die Grünen). "Es reicht nicht, die Entwicklung dem freien Markt zu überlassen“, sagte sie. Wenn die Qualität gesichert sei, werde es der Justiz auch leichter als bisher fallen, "Streitfälle an Mediatoren nach außen zu verweisen“.
Auch Hönlinger forderte die Einführung einer Mediationskostenbeihilfe. Die Gegenargumentation der Bundesregierung laute immer wieder, dass dies zum einen Ländersache und zum anderen nicht finanzierbar sei.
Betrachte man jedoch beispielweise streitige Familienrechtsverfahren, so sei zu erkennen, dass diese "viel Zeit, Geld und Nerven kosten“. Daher sollten ihrer Ansicht nach die Länder ernsthaft darüber nachdenken, "ob nicht wenigstens in Modellprojekten Mediationskostenbeihilfe eingeführt werden kann“. (hau)