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Kinderlärm von Spielplätzen oder Kindertagesstätten muss künftig von Anwohnern toleriert werden. Das hat der Bundestag am Donnerstag, 26. Mai 2011, beschlossen. Die Abgeordneten votierten einstimmig für zwei gleichlautende und daher zusammengeführte Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen (17/4836) und der Bundesregierung (17/5709). Gleichzeitig lehnten sie drei Anträge der SPD (17/881), der Linksfraktion (17/1742) und von Bündnis 90/die Grünen (17/2925) ab und folgten damit einer Empfehlung des Umweltausschusses (17/5957).
Danach ist Kinderlärm "im Regelfall“ keine "schädliche Umwelteinwirkung“ - Klagen von Anwohnern sollen damit praktisch ausgeschlossen werden. Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) sagt zu Beginn der Debatte, mit diesem Gesetzesvorhaben treffe der Gesetzgeber eine "Normentscheidung“ von "gesellschaftspolitischer Bedeutung“: Kinder hätten das Recht "zum Kindsein“.
Damit sei auch das Toben, Spielen und Lärmen verbunden. Die "überfällige Korrektur“ der bisherigen Rechtslage sei ein Signal für eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft.
Dies teilen grundsätzlich auch die Oppositionsfraktionen. Sie bemängeln aber, dass das Gesetz nicht weit genug gehe. So unterstrich für die SPD Ute Vogt, Rechtssicherheit gebe es für Familien erst dann, wenn auch "das Baurecht und andere Rechtsvorschriften“ entsprechend geändert würden.
Zudem sei der Lärm, der von Spielplätzen und Kindertagesstätten ausgehe, "der Bereich, der am wenigsten Probleme aufwirft“. Wichtiger seien Konflikte um den Lärm von Jugendlichen auf Bolzplätzen und Sportstätten - doch die Bundesregierung drücke sich vor diesem Thema und biete über 14-Jährigen keine Lobby.
Auch Ralph Lenkert, Familienpolitiker der Linksfraktion, forderte die Regierung auf, die Lärmgrenzen für den Bereich des Freizeitsports anzuheben.
Es sei "absurd“, dass die Grenzwerte für Straßenlärm in Wohngebieten höher liegen als für Sportstätten.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte deren familienpolitische Sprecherin Katja Dörner, ohne den Druck der Opposition wäre die Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes noch immer nicht erreicht, obwohl es bereits im Jahr 2009 erste Beschlüsse dazu gegeben habe.
Sie zeigte sich erfreut darüber, dass der Sprecher der Senioren-Union sich mit seiner Haltung, Kinderlärm könne einen Generationenkonflikt hervorrufen, nicht habe durchsetzen können. Dörner forderte eine Klarstellung auch in der Baunutzungsverordnung, die bislang aus "nicht nachvollziehbaren Gründen“ verweigert würde. Auch sie betonte, die Regierung habe bei ihrem Gesetzesvorhaben die "Jugendlichen komplett vergessen“.
Diese Kritik wies für die CDU/CSU der Umweltexperte Michael Paul zurück. Man sei sich darin einig, dass Kinderlärm zur Gesellschaft und zum Alltag gehöre, müsse aber in Einzelfällen akzeptieren, dass er - wie in der Nachbarschaft zu Krankenhäusern - störend sein könne. Daher habe man sich bewusst dazu entschlossen, "nicht alle Klagewege abzuschneiden“.
Die Einheit der Rechtsordnung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebe, dass das Toleranzgebot, das die Regierung auf einem Rechtsgebiet geregelt habe, auch auf andere Gebiete ausstrahle - er sei optimistisch, dass auch die Zivilgerichte künftig dem Anliegen der Kinder Rechnung tragen würden.
Den Forderungen der Opposition nach einer Bauplanungsrechtsnovelle werde die Koalition nachkommen und damit auch den Bau von Kindertagesstätten in reinen Wohngebieten ermöglichen.
Grundsätzlich, so Paul, gebe es einen Unterschied beim Lärm von Kindern und Jugendlichen. Einem Jugendlichen sei es zuzumuten, auch eine längere Strecke bis zu einem Bolzplatz zurückzulegen.
Die FDP-Familienexpertin Nicole Bracht-Bendt betonte, man müsse auch die Interessen Älterer in den Blick nehmen und für einen "fairen Ausgleich“ der Interessen von Anwohnern und Jugendlichen und Familien sorgen.
Grundsätzlich aber handele es sich bei Kinderlärm um "Zukunftsmusik“. (suk)