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Ein Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher EU-Richtlinien (17/5470) ist am Montag, 27. Juni 2011, bei einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) auf unterschiedliche Einschätzungen gestoßen. Dabei ging es zum einen um die Rückführungsrichtlinie, die der Vorlage zufolge "auf die Festlegung eines für alle Mitgliedstaaten verbindlichen rechtsstaatlichen Mindeststandards bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer“ zielt, und zum anderen um die Sanktionsrichtlinie, die der Bekämpfung illegaler Ausländerbeschäftigung dient.
Ferner soll mit dem Gesetzentwurf innerstaatliches Recht an den 2010 in Kraft getretenen ”Visakodex“ angepasst werden, der ein Großteil des bisherigen Bestandes von EU-Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Visumpolitik weiterentwickelt.
Für den Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bemängelte Nele Allenberg, dass die Umsetzung der in der Rückführungsrichtlinie festgeschriebenen Forderung nach Einrichtung eines wirksamen Systems zur Überwachung von Rückführungen noch nicht erfolgt sei.
Dabei führe die Anwesenheit eines entsprechenden Beobachters "oft zur Deeskalation in schwierigen und angespannten Situationen“, wodurch es zu weniger Widerstand des Abzuschiebenden komme.
Dr. Petra Follmar-Otto vom Deutschen Institut für Menschenrechte kritisierte, die Regelungen des Gesetzentwurfs seien nicht ausreichend, um für Menschen ohne Papiere die Durchsetzung von Vergütungsansprüchen in der Praxis tatsächlich zu ermöglichen. Zudem müssten "begünstigende Regelungen“ des Entwurfs auch für Betroffene von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung oder zur Arbeitsausbeutung vorgesehen werden.
Der Frankfurter Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx sagte, die Haft von unbegleiteten Minderjährigen oder von Familien mit Minderjährigen sollte grundsätzlich unzulässig sein.
Heiko Habbe vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland forderte, dass es für besonders schutzbedürftige Personen generell keine Abschiebehaft geben sollte. Auch sei die Trennung von Abschiebungs- und Strafgefangenen "fehlerhaft umgesetzt“.
Bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme hatte Habbe moniert, dass der Entwurf es einzelnen Bundesländern weiterhin erlaube, Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten zu vollziehen.
Prof. Dr. Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht auch bei der Sicherungsverwahrung diese "Trennungspflicht“ auf die Tagesordnung gesetzt habe.
Dr. Hans-Eckhard Sommer vom bayerischen Innenministerium unterstrich, der Vollzug der Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten werde durch die Rückführungsrichtlinie und den Gesetzentwurf nicht infrage gestellt. Er betonte zugleich, dass der Gesetzentwurf weitgehend eine "Eins-zu-eins-Umsetzung“ darstelle und nicht über die europarechtlichen Vorgaben hinausgehe.
Prof. Dr. Daniel Thym von der Universität Konstanz sagte mit Blick auf die Abschiebehaft von Minderjährigen, die überaus strengen Vorgaben des Gesetzentwurfs stimmten nicht nur mit der Richtlinie überein, sondern seien auch mit den Menschenrechten vereinbar. (sto)