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"Mein Mann sagt immer: Der Landrat kam mit einem Blumenstrauß und hat um die politische Hand meiner Frau angehalten." Marlene Mortler sitzt in ihrem Berliner Abgeordnetenbüro und lächelt in Erinnerung an den Beginn ihrer politischen Laufbahn. 1989 sei es gewesen, dass der Vorsitzende des Kreistages auf sie zukam und fragte, ob sie sich nicht vorstellen könne, für die CSU bei den Kreistags- und Kommunalwahlen im darauf folgenden Jahr zu kandidieren. Mortler, die bis zu diesem Zeitpunkt vor allem in ihrem Ehrenamt als Kreisbäuerin im Bayerischen Bauernverband auf sich aufmerksam gemacht hatte, zögerte nicht lange. "Ich hab ja gesagt", erinnert sich die 55-jährige Mutter dreier Kinder, "und musste es dann erstmal meiner Familie beibringen." Das sei der Anfang ihrer politischen Laufbahn gewesen.
Doch das stimmt nicht ganz: Tatsächlich begann der Weg der heutigen CSU-Bundestagsabgeordneten in die Politik viel früher - und zwar in ihrem Elternhaus. Geboren und aufgewachsen ist sie auf einem Bauernhof, dem "Hopfenhof" in Dehnberg, nahe der fränkischen Stadt Lauf an der Pegnitz. Ihr Vater, von allen "Sheriff" genannt, war Bürgermeister, später Ortssprecher des 260-Seelen-Dorfes. "Da war die Amtsstube gleich bei uns im Haus", erinnert sich Mortler.
Der elterliche Hof habe schließlich "strategisch günstig" zwischen Kirche und Gasthaus gelegen. "Die Politiker des Landkreises saßen dort freitags oft zusammen und hinterher kamen sie dann zu uns." Obwohl noch sehr klein, habe sie immer aufmerksam gelauscht, was besprochen wurde: "Landkreisthemen, Themen, die die Stadt Lauf betrafen, auch Persönliches. Mich hat schon immer interessiert, was passiert."
Dieses Interesse war der Grund für Mortlers Engagement im Bayerischen Bauernverband (BBV), das 1981 mit einem Besuch einer Ortsversammlung in Dehnberg begann: "Da sollte die Nachfolgerin meiner Mutter gewählt werden, die Ortsbäuerin war", erzählt sie. Mortler, die selbst eine Ausbildung als "Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft" abgeschlossen hat, begleitete ihre Mutter zur Versammlung und wurde ihre Nachfolgerin. Nur ein Jahr später wählte man sie zudem zur Kreisbäuerin - und damit zur Vorsitzenden der Landfrauen im Nürnberger Land.
Ein Amt, das die Bauerntochter insgesamt 22 Jahre mit großer Leidenschaft ausübte: "Man ist für soziale und politische Belange der Landwirte zuständig, kümmert sich zudem um die Fortbildung insbesondere für die Frauen auf dem Land", erklärt Mortler. "Ein ganz wunderbares Ehrenamt." Auch als Bundestagsabgeordnete ist sie weiterhin im Bauernverband aktiv. Inzwischen sogar als Bezirksbäuerin in Mittelfranken und stellvertretende Landesbäuerin. Für dieses langjährige ehrenamtliche Engagement erhielt sie 2010 den Bayerischen Verdienstorden.
Mortler gilt als bodenständig, verbindlich, volksnah. Ein Talent, das die CSU schon früh entdeckte: "Ich war im Verwaltungsrat der Sparkasse, als erste Frau - da sind die Kollegen von der CSU auf mich aufmerksam geworden." 1990 kandidierte sie zum ersten Mal als Kandidatin für den Kreistag - mit Erfolg. Bis heute nimmt Mortler dieses Mandat neben ihrem Bundestagsmandat wahr. "Durch meine Arbeit als Kreisbäuerin und als Kreisrätin habe ich meinen Landkreis sehr gut kennengelernt", erklärt sie. Und gerade der Kontakt mit den Menschen habe sie geprägt, sagt sie. "Ich bin einfach sehr gern bei den Menschen."
Man nimmt es ihr ab. Die Kommunalpolitik habe sie zudem Grundsätzliches über die Politik gelehrt, fügt sie hinzu und erzählt von der zähen Suche nach einem Deponiestandort im Landkreis. Ganz nach dem "Floriansprinzip" habe niemand die Deponie in der Nähe haben wollen - auch sie selbst natürlich nicht, gibt sie zu. Aber: "Man muss die Dinge ganzheitlich sehen, ob das nun für einen selbst ein Nachteil ist oder nicht."
Eine Sichtweise, die sie gerade auch in der Bundespolitik braucht. Seit 2002 ist sie Mitglied im Parlament: Drei Mal hat sie bereits ihren Wahlkreis, der die Landkreise Roth und Nürnberger Land vereint, direkt gewonnen. Seither machte sich die politische Seiteneinsteigerin in Berlin vor allem als Agrarexpertin einen Namen: Von 2004 bis 2005 war sie agrarpolitische Sprecherin der CSU. Dass sie selbst vom "vom Fach" ist, gebe ihr Glaubwürdigkeit, findet sie, gerade unter Landwirten. Deren Belange - ob es nun um die Neuordnung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung oder die nächste EU-Agrarreform geht - steht für sie an erster Stelle.
So auch bei einem anderen Thema, das sie bereits als Vorsitzende des Tourismusausschusses und nun als tourismuspolitische Sprecherin der Unionsfraktion mit viel Herzblut vorantreibt: der Förderung des Landtourismus. "Städtereisen boomen", sagt Mortler. Aber die ländlichen Regionen profitierten bislang zu wenig vom wirtschaftlichen Motor des Tourismus. Diese Schieflage lasse sich nur beheben, wenn man die "touristischen Schätze der Natur im ländlichen Raum besser zu heben wisse", fordert Mortler und zeigt sich zuversichtlich: "Die Lust auf Land ist da. Nie war Naturerleben so wertvoll wie heute."
Bundestag, Kreistag und dazu das ehrenamtliches Engagement im Bauernverband - wie schafft sie es, diese Verpflichtungen zu vereinbaren mit der Arbeit auf dem eigenen Bauernhof, den sie zusammen mit ihrem Mann bewirtschaftet? Nur mit Unterstützung der Familie, sagt die Abgeordnete. Gerade ihr Vater habe ihr von Anfang an "bedingungslos" den Rücken gestärkt: "Der hat gesagt: ‚Politik und Bauernhof, das geht nicht ohne Unterstützung.’"
Ihr Mann habe ebenso stets hinter ihrer politischen Arbeit gestanden, betont Mortler - auch wenn er sich diese anders vorgestellt habe: "’Du musst ja nicht bei jeder Fraktionssitzung dabei sein’ hat er anfangs gesagt. Aber das war Theorie", lacht Mortler. Die Praxis sehe anders aus: "Entweder macht man es mit Haut und Haaren oder gar nicht." (sas)