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Der Bundestag wird am Donnerstag, 20. Oktober 2011, die von Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) angestrebte Familienpflegezeit voraussichtlich mit Mehrheit beschließen. Das Parlament wird ab 13.30 Uhr 45 Minuten lang abschließend über den Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/6000) beraten. Einen Tag vor der Abstimmung im Plenum hatte der Familienausschuss den Gesetzentwurf in mehreren Punkten geändert (17/7378). Zur Sitzung im Plenum legt die SPD einen Entschließungsantrag (17/7390) vor, in dem verlangt wird, statt der einführung eines Familienpflegezeitgesetzes bestehende Regelungen wie das Pflegezeitgestz weiterzuentwickeln.
Die Familienpflegezeit soll es berufstätigen Menschen erleichtern, pflegebedürftige Angehörige im häuslichen Umfeld zu betreuen. Nach Angaben der Regierung wird in Deutschland derzeit mehr als ein Drittel der Pflegebedürftigen, rund 1,63 Millionen Menschen, zu Hause durch Angehörige gepflegt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Berufstätige ihre wöchentliche Arbeitszeit maximal zwei Jahre lang auf einen Mindestumfang von 15 Stunden reduzieren können. Bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit soll sie im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten.
Die Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten während dieser Familienpflegezeit das Gehalt um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen Gehalt und dem sich durch die Arbeitszeitreduzierung ergebenden geringeren Gehalt aufstocken, sollen dies durch ein zinsloses Bundesdarlehen finanzieren können. Der Beschäftigte muss nach der Familienpflegezeit dann so lange Vollzeit zum geringeren Gehalt arbeiten, bis dieses Darlehen abbezahlt ist. Das mögliche Ausfallrisiko für den Arbeitgeber im Fall eines Todes des Arbeitnehmers oder der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss durch eine Familienpflegezeitversicherung abgedeckt sein.
Die Regierung beruft sich in ihrem Gesetzentwurf auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Die meisten Menschen würden die Verantwortung für pflegebedürftige Eltern oder Lebenspartner lieber selbst übernehmen als dies an den Staat oder ein Heim zu delegieren. Nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach hielten es 65 Prozent der Berufstätigen für wünschenswert, dass Angehörige durch Familienmitglieder gepflegt werden. Und 91 Prozent aller Berufstätigen hielten es für wichtig oder sehr wichtig, dass diese Pflege den berufstätigen Angehörigen durch entsprechende Regelungen erleichtert wird.
Ebenfalls abgestimmt wird im Anschluss an die Debatte über zwei Anträge der Opposition, die auch eine Entlastung von pflegenden Berufstätigen im Blick haben: So setzt sich die Fraktion Die Linke mit ihrer Vorlage (17/1754) für eine sechswöchige bezahlte Pflegezeit ein. Diese soll es Berufstätigen ermöglichen, die Pflege zu organisieren und sich um die erste pflegerische Versorgung ihrer Angehörigen oder anderer nahe stehender Personen zu kümmern. Die Höhe der Bezahlung solle sich bei abhängig Beschäftigten am Arbeitslosengeld I orientieren, fordert die Linksfraktion.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt sich in ihrem Antrag (17/1434) für eine maximal dreimonatige Pflegezeit ein, die vorrangig der Pflegeorganisation oder der Sterbebegleitung für Angehörige oder Freunde dienen soll. Die Pflegezeit solle mit einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung in Höhe von 50 Prozent des Nettogehalts – mindestens 300 Euro, maximal 1.000 Euro – vergütet werden. Der Gesundheitsausschuss hat empfohlen, beide Anträge abzulehnen (17/7391). (aw)