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Die Schaffung eines Finanzmarktwächters soll die Interessen der Verbraucher auf den Finanzmärkten wahrnehmen und schützen: Das forderte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem zur Debatte gestellten Antrag (17/6503) im Plenum des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 20. Oktober 2011. Im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warf Nicole Maisch der Politik Versagen während der seit rund drei Jahren schwelenden Finanz- und Wirtschaftskrise vor.
"Die Stabilität des gesamten Finanzsystems steht infrage", sagte sie. Gesetzliche Regelungen zum Schutz der Verbraucher würden in der Finanzbranche als freundliche Hinweise missverstanden. "Aus diesem Grund sind die Auskünfte über Provisionen für die Vermittlung von Finanzprodukten wertlos", kritisierte Maisch die in Folge der Krise beschlossene Gesetze durch die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP.
Ein Finanzmarktwächter solle deshalb die Verbraucherinteressen stärken und eine Marktbeobachtung aus Verbrauchersicht vornehmen. "Es muss eine Marktanalyse von unten geben", begründete die Politikerin. Die Verbraucherzentralen seien gute Partner, die helfen können. "Und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) soll verpflichtet werden, aufgeworfene Fragen zu Problemen, die der Finanzmarkwächter aufzeigt, zu beantworten." Die Grünen forderten daher das Parlament auf, die rechtlichen Voraussetzungen eines Finanzmarktwächters zu schaffen.
"Die Finanzkrise hat das Vertrauen in die Märkte erschüttert", sagte Mechthild Heil (CDU/CSU). In der sozialen Marktwirtschaft seien integere Märkte Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme. "Es gilt Vertrauen zurückzugewinnen", sagte sie. "Aber das müssen die Finanzmärkte leisten." Dieser Prozess werde aber auch politisch "befeuert". Die Koalition habe ein Bündel von Gesetzen auf den Weg gebracht, das die verpflichtende Protokollierung von Finanzberatungsgesprächen vorschreibt, eine effektivere Beaufsichtigung des Vertriebspersonals ermöglicht und die Sanktionierung von Fehlverhalten vorsieht. Zudem werde der Bereich des grauen Kapitalmarktes reguliert, ein Sachkundenachweis für Berater eingeführt und die Honorarberatung zur Alternative zur Provisionsberatung etabliert werden.
"Die Grünen kommen mit ihren Forderungen zu spät", sagte Heil. Den Vorschlag, den Verbraucherschutzzentralen auf der Suche nach neuen Aufgaben, einen weiteren Aktionsradius einzuräumen, lehnte sie ab. "Ein solches Vorgehen ist nicht sinnvoll, weil die Zentralen nicht hoheitliche Aufgaben der Finanzmarktaufsicht übernehmen können". Das sei Aufgabe der Bafin. "Der Antrag ist überflüssig, sie laufen hinterher, wir haben längst gehandelt", sagte Mechthild Heil in Richtung der Grünen-Fraktion.
Kerstin Tack (SPD) wunderte sich hingegen: "Die CDU/CSU hat im Jahr 2009 die Einführung eines Finanzmarktwächters zusammen mit der SPD in der vergangenen großen Koalition beschlossen." Danach hätten die Verbraucherverbände Beschwerden systematisch auswerten und unlautere Geschäftspraktiken abmahnen und unterbinden können. "Aber der Beschluss wurde von der CDU/CSU nicht umgesetzt", sagte Tack.
Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen der "unzureichenden Protokollierungen der Gespräche und der unzureichenden Informationsblätter" würden keinen Vertrauen bei den Verbrauchern schaffen. "Der Anlegerschutz ist ein fehlplatziertes Gesetz", wertete sie. Die Einheitlichkeit der Aufsicht über Finanzberater und Produkte sei nicht gewährleistet.
"Die Honorarberatung ist bereits vor Monaten vorgeschlagen worden und bis heute nicht auf den Weg gebracht", warf sie ihrer Vorrednerin vor. "Einen Einigung innerhalb der Koalition, ist nicht mehr zu erwarten." Dass die aktuell angestrebte Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) nicht auf Finanzprodukte ausgeweitet werde, kritisierte Tack ebenfalls: "Die Koalition bekommt das nicht hin und zerstört dadurch das Vertrauen in die Demokratie."
Prof. Dr. Erik Schweickert (FDP) entgegnete in dieser Frage, dass eine solche Zusammenlegung dem Bundeministerium für Finanzen die Hoheit in dieser Frage genommen hätte: "Das wollten selbst die Verbraucherverbände nicht."
"Anleger und Sparer müssen geschützt werden, da müssen wir was tun", räumte er ein. "Aber der Antrag der Grünen verbessert nichts." Die FDP habe dagegen zusammen mit der CDU/CSU per Gesetz den Anlegerschutz gestärkt, durch verpflichtende Infoblätter zu Finanzprodukten für mehr Informationen gesorgt und durch Beratungsprotokolle den Schutz vor Falschberatung erhöht. Außerdem seien Sanktionsmöglichkeiten etabliert worden.
Auf dem grauen Kapitalmarkt sei einem dem Bankensektor vergleichbares Schutzniveau eingeführt worden. Das Problem der zersplitterten Finanzaufsicht zwischen Bundesbank und Bafin werde angegangen. Weil die Aufgabe des Verbraucherschutzes bisher nicht im Bereich der Bafin verankert gewesen sei, könne das bald geändert werden. "Doch die Grünen wollen lieber halbstaatliche Finanzscherriffs einführen", sagte Schweickert. "Das wollen die Liberalen nicht." Dennoch könne er sich die Schaffung einer Stiftung vorstellen, die sich ausschließlich mit solchen Fragen befasse.
FDP und CDU/CSU hätten regulatorisch eingegriffen. Damit habe die Koalition besser gehandelt, als SPD und Grüne es in vorangegangenen gemeinsamen Regierungszeiten getan hätten.
Für Karin Binder (Die Linke) hat der finanzielle Verbraucherschutz in Deutschland "enormen Nachholbedarf". Noch immer gebe es in Deutschland weit überhöhte Dispositionszinsen. Den Verbraucherverbänden stünden nicht annähernd die Rechte zu, die nötig wären, den Verbrauchern zu helfen.
"Die Banken ignorieren die geltende Rechtsprechung und geben keine ehrlichen Auskünfte über geleistete Zahlungen von Provisionen", kritisierte sie. Die Koalitionsparteien würden mauern und keine Vorschläge der Opposition annehmen. Deshalb forderte Binder für die Linksfraktion, dass Verbraucherzentralen gestärkt werden und zu Finanzmarktwächtern ausgebaut werden.
"Darüber hinaus brauchen wir auch einen Finanz-TÜV, der als Zulassungsstelle alle Anlageprodukte vor der Markteinführung prüfen muss", schloss sie ihre Rede. (eis)