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Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften sollen künftig per Quote besetzt und damit "geschlechtergerecht" werden: Das fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Gesetzentwurf (17/3296). Der Bundestag wird darüber am Freitag, 2. Dezember 2011, ab 11 Uhr 90 Minuten lang beraten und anschließend namentlich abstimmen. Deutschland habe "erhebliche Defizite in Sachen Gleichstellung in der Privatwirtschaft", heißt es zur Begründung, die „fortdauernde Diskriminierung“ schade den Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt, Bildungsinvestitionen würden vergeudet und kreative Potenziale gingen verloren.
Zur Lösung des Problems schläft die Fraktion vor, auf Kapitalseite eine Mindestquote für beide Geschlechter in Höhe von 40 Prozent einzuführen und auf Arbeitnehmerseite bereits bestehende Regelungen zur geschlechtergerechten Besetzung auszuweiten und strenger zu fassen.
Die Abgeordneten schreiben, eine Vereinbarung aus dem Jahr 2001 zwischen Bundesregierung und Arbeitgeberverbänden zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft müsse "als gescheitert" angesehen werden. Weil auch die neuen Empfehlungen des Deutschen Corporate-Governance-Kodexes keinen verbindlichen Frauenanteil für die Aufsichtsräte festlegten, müsse der Gesetzgeber "seiner Schutzpflicht nachkommen".
Für die Debatte am Freitag hat die Fraktion einen weiteren Antrag zur "gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen" angekündigt.
Auch die SPD-Fraktion will eine gesetzlich festgeschriebene Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände. In einem Antrag (17/4683) schreiben die Sozialdemokraten, es sei "nicht nachvollziehbar", dass die Bundesregierung am Prinzip der Freiwilligkeit festhalte, wenn es darum gehe, die Beteiligung von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Man müsse feststellen: "Freiwilligkeit führt nicht zu mehr Gleichberechtigung", nach wie vor seien Aufsichtsräte und Vorstände "fest in der Hand von Männern".
Wie die Grünen will die SPD eine Quote von mindestens 40 Prozent festschreiben; die Umsetzung der Regelung will sie spätestens für das Jahr 2015 gesetzlich verankern. Zur Begründung heißt es, von 30 DAX-notierten Unternehmen habe der Frauenanteil bei Vorstandsmitgliedern im Jahr 2009 bei 0,55 Prozent und 2010 bei 2,16 Prozent gelegen. Nach der EU-Grundrechtecharta sei die Gleichheit von Männern und Frauen "in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitentgeltes, sicherzustellen".
Der zuständige Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat die Ablehnung beider Anträge mit den Stimmen der Koalition empfohlen (17/6527).
Innerhalb der Koalition ist die Frauenquote umstritten: Während Familienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) eine flexible Quote favorisiert, die die börsennotierten Unternehmen selbst festlegen dürfen, setzt sich Arbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) für eine gesetzliche Frauenquote in den Führungspositionen aller Dax-Unternehmen ein. Die Liberalen lehnen gesetzliche Regelungen ab. (suk)