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Vor zehn Jahren, am 22. Dezember 2001 hat der Bundestag mit großer Mehrheit die Beteiligung der Bundeswehr an der Isaf-Friedensmission der Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan beschlossen. Damit billigte das Parlament etwas mehr als einen Monat nach der Teilnahme deutscher Streitkräfte an dem von den USA ausgerufenen Krieg gegen den Terror auch den zunächst auf sechs Monate befristeten Einsatz von bis zu 1.200 Soldaten im Rahmen der UN-geführten internationalen Schutztruppe. Deren Aufgabe: Die afghanische Regierung beim Wiederaufbau des Landes und der Stabilisierung der Sicherheitslage zu unterstützen. Grundlage dafür war eine Vereinbarung, auf die sich nach dem Sturz des Taliban-Regimes im November 2001 Delegationen verschiedener afghanischer Gruppierungen bei einer Konferenz auf dem Bonner Petersberg geeinigt hatten. Sie folgten damit einem von den UN zuvor ausgearbeiteten Fünf-Punkte-Plan.
War die Teilnahme deutscher Soldaten an der Operation „Enduring Freedom" innerhalb der rot-grünen Koalition noch so umstritten gewesen, dass sich Bundeskanzler Dr. Gerhard Schröder (SPD) sogar dazu gezwungen sah, die Abstimmung darüber am 16. November 2001 im Bundestag mit einer Vertrauensfrage zu verknüpfen, erhielt er nun bei der Abstimmung über das Isaf-Mandat die Koalitionsmehrheit.
Insgesamt votierten 538 der Abgeordneten mit Ja: Neben SPD und Bündnis 90/Die Grünen trugen auch Union und FDP fast geschlossen den geplanten Militäreinsatz am Hindukusch mit. 35 Abgeordnete stimmten mit Nein – die meisten kamen aus den Reihen der Fraktion der PDS, die (bis auf eine Enthaltung) die deutsche Beteiligung an der Isaf-Mission komplett ablehnte. Acht Abgeordnete enthielten sich der Stimme.
Die Bundesregierung hatte auf eine rasche Entscheidung des Bundestages noch vor Weihnachten gedrungen, da in Kabul am 22. Dezember 2001 die Übergangsregierung unter Führung von Hamid Karsai ihre Arbeit aufnahm. So fanden erste und zweite Lesung des Regierungsantrags sowie die Ausschussberatungen in einer samstäglichen Sondersitzung statt.
Mit Blick auf die umstrittene Operation „Enduring Freedom" sagte Bundeskanzler Schröder zu Beginn der Debatte, es gehöre zu den „bitteren Wahrheiten", dass der Frieden in Afghanistan „nur durch Krieg näher gerückt" sei. „Nur mithilfe militärischer Gewalt konnte verhindert werden, dass Unschuldige auch in Zukunft leiden." Zugleich sei aber auch auf diplomatischem Wege nach Lösungen gesucht worden, so der Kanzler. Beide Mittel, Gewalt und Diplomatie, hätten letztlich zum Erfolg geführt.
Gleichzeitig betonte der Kanzler, es werde eine „klare Trennung" zwischen den Aufgaben und der Führung der Friedenstruppe und den „gebotenen weitergehenden Kriegshandlungen" geben. Er reagierte damit auf Kritik, die insbesondere auch von Seiten der PDS geäußert worden war. Deren Fraktionsvorsitzender Roland Claus monierte in der Debatte dennoch, beide Missionen würden vermischt, die formelle Trennung, auf die sich die Bundesregierung eingelassen habe, sei in dem Regierungsantrag gar nicht festgeschrieben.
Zudem bezeichnete Claus das angestrebte Mandat als „sehr unklar und diffus". „Sie haben doch gar keine Klarheit über die Dauer und den Umfang des Einsatzes oder über die Legitimation", hielt er der Bundesregierung vor.
Kritik übte auch Friedrich Merz, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU. Zwar kündigte er an, seine Fraktion werde für die Beteiligung der Bundeswehr an der Isaf-Mission votieren. Doch die Zustimmung falle der Union „außergewöhnlich schwer", so Merz. Viele Fragen hinsichtlich des Einsatzes seien nur unzureichend beantwortet. Der CDU-Politiker warf der Bundesregierung vor, die Bundeswehr sei unterfinanziert und „erreiche mit dem vorliegenden Einsatzbeschluss die Grenze zur Überforderung".
Darin stimmte er mit FDP-Fraktionschef Dr. Wolfgang Gerhardt überein, der forderte: „Wer die Bundeswehr auf hohem Niveau halten will, der muss sie haushaltsmäßig gut ausstatten und die politische Führung austauschen. Das ist das Gebot der Stunde." Der Truppe fehlte die „notwendige Logistik und Transportmittel", so Gerhardt. Grundsätzlich signalisierte aber auch er die Zustimmung seiner Fraktion zum Einsatz.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Vereidigung der afghanischen Übergangsregierung, die wenige Stunden zuvor in Kabul vereidigt worden war, als „historische Situation": Nach 23 Jahren „Invasion, Krieg und Bürgerkrieg" habe Afghanistan eine neue Chance auf Frieden. Diese werde sich aber nicht von selbst verwirklichen, mahnte Fischer. Vor dem Land und der internationalen Gemeinschaft liege noch eine „schwierige und gefährliche Wegstrecke".
Die UN-Mission sei jedoch die einzige Chance, Afghanistan „auf dem Weg zum inneren Frieden und zur Stabilisierung der gesamten Region" zu helfen, betonte der Außenminister. Deutschlands Engagement nannte er „nicht nur eine Frage der humanitären Hilfe, sondern auch eine Frage der Verpflichtung gegenüber den Vereinten Nationen".
Seit dem Beschluss des Bundestages vom 22. Dezember 2001 ist das Isaf-Mandat der Bundeswehr insgesamt elf Mal verlängert worden. Die letzte Verlängerung erfolgte auf Antrag der Bundesregierung am 28. Januar 2011. Gültig ist das aktuelle Mandat noch bis zum 31. Januar 2012. In Ergänzung dazu hat der Bundestag am 25. März 2011 zugestimmt, dass im Rahmen des Nato-AWACS- Einsatzes zur luftgestützten Luftraumüberwachung und –koordinierung bis zu 300 Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden können. Die Mandatsobergrenze liegt aktuell noch bei 5.350 Soldaten.
Die Bundesregierung plant jedoch, im Rahmen einer weiteren einjährigen Mandatsverlängerung – dann bis 31. Januar 2013 – die Truppenstärke in zwei Schritten auf maximal 4.400 Soldaten zu senken. Dem muss der Bundestag noch zustimmen. Derzeit ist Deutschland nach den USA und Großbritannien der drittgrößte Truppensteller der Mission. Insgesamt sind zurzeit 130.000 Isaf-Soldaten aus fast 50 Staaten im Einsatz. Geleitet wird die Schutztruppe seit August 2003 von der Nato. (sas)