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"Die Tendenz ist positiv": Mit diesen Worten kommentiert Max Straubinger (CDU/CSU) die rückläufige Zahl junger Erwachsener ohne Berufsabschluss, die arbeitslos sind. Straubinger verweist im Interview darauf, dass die Regierung dieses Jahr 2,6 Milliarden Euro für berufliche Eingliederung und Fortbildung ausgebe. Zahlreiche
Programme eröffneten die Möglichkeit, einen zweiten Anlauf für eine Berufsqualifikation zu starten,
oft fehle es aber am "Lernwillen und Durchhaltevermögen", so der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Am Donnerstag, 6. Juni 2013, debattiert der Bundestag über einen SPD-Antrag (17/13252), der ein Sofortprogramm "2. Chance auf Berufsausbildung" für die rund 1,5 Millionen 25- bis 35jährigen ohne Qualifikation fordert. Das Interview im Wortlaut:
Herr Straubinger, wie viele junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren haben keinen Berufsabschluss? Laut SPD sind es 1,5 Millionen.
Die Regierung spricht sogar von fast zwei Millionen, die in diesem Alter ohne Berufsabschluss sind. Entscheidend ist jedoch, wie viele junge Leute ohne Qualifikation arbeitslos sind. Im Jahr 2009 hatten wir rund 360.000 solche Erwerbslose, 2012 nur noch etwa 300.000. Die Tendenz ist also positiv. Sowohl die Zahl junger Erwachsener ohne Berufsabschluss als auch derer aus diesem Segment, die arbeitslos sind, ist rückläufig.
Trotzdem muten die Fallzahlen hoch an. Warum fehlt es so häufig an einem Berufsabschluss? Liegt es an den Betroffenen, der Schule, den Ausbildungsbetrieben?
Man darf nicht verallgemeinern, aber es ist schon so, dass es leider oft am Lernwillen und am Durchhaltevermögen der betreffenden jungen Leute fehlt. Auch die beste Schule und der beste Ausbildungsbetrieb können eine mangelnde Mitarbeit nicht wettmachen. In den vergangenen Jahren haben sich im Übrigen die Chancen auf Ausbildungsplätze erheblich verbessert, mittlerweile bleiben viele Lehrstellen sogar unbesetzt. Überdies bieten die Arbeitsagenturen spezielle Programme an.
Die SPD will mit ihrem Vorstoß auch die Zahl von Fachkräften erhöhen. Lassen sich unter jenen, die keinen Berufsabschluss haben, über eine "zweite Chance" Fachkräfte in nennenswerter Größenordnung gewinnen?
Davon bin ich fest überzeugt. Es gibt genügend Möglichkeiten, über eine "zweite Chance" einen Berufsabschluss nachzuholen. Die Arbeitsagenturen unterbreiten viele Angebote. Bei einem Jobcenter in meinem Wahlkreis musste ich allerdings erfahren, dass bei einem Projekt für 25- bis 35jährige von anfänglich fast 60 Interessenten zuletzt nur einige wenige tatsächlich eine Berufsqualifikation angenommen haben, die meisten sind zuvor ausgestiegen. Alles hängt im Kern von der Motivation der Betroffenen ab. Manche wollen keinen zweiten Versuch für eine Ausbildung starten, weil sie dann weniger verdienen als in ihrem Job.
Die SPD kritisiert die Regierung, weil sie außer einer Werbekampagne konkret nichts getan habe. Trifft dieser Vorwurf zu? Ist es vielleicht auch einfacher, qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland anzulocken anstatt sich um die mühevolle Fortbildung hierzulande zu kümmern?
Die Kritik der SPD weise ich zurück. Die Regierung hat große Anstrengungen bei der beruflichen Eingliederung und Fortbildung unternommen und dafür viel Geld locker gemacht. Das Ziel, jungen Erwachsenen eine zweite Ausbildungschance zu eröffnen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Zum Aspekt Ausland ist zu sagen, dass natürlich der Grundsatz gilt, zunächst einmal das Reservoir hiesiger Arbeitskräfte auszuschöpfen. Allerdings herrscht in der EU Freizügigkeit. Und das heißt, dass hiesige Betriebe die Möglichkeit nutzen, in Ländern mit hoher Jugenderwerbslosigkeit wie etwa Spanien oder Portugal nach Interessenten für Jobs und Lehrstellen Ausschau zu halten, für die sich hierzulande niemand findet. Auf der anderen Seite wird so in den betreffenden Staaten jungen Leuten geholfen, die ansonsten ohne Berufsperspektive sind.
Nach dem SPD-Antrag sollen junge Erwachsene durch die Zahlung einer monatlichen Prämie von 150 Euro über das Arbeitslosengeld hinaus für einen erneuten Anlauf zu einer Berufsausbildung motiviert werden. Zudem soll es für bestandene Prüfungen bis zu 900 Euro extra geben.
Über solche Maßnahmen sollte man durchaus nachdenken. So könnte man vor allem bei jenen eine finanzielle Lücke schließen, die eine Arbeitsstelle zugunsten einer zweiten Ausbildung aufgeben. In Thüringen läuft bereits ein Modellversuch mit zusätzlichen Hilfen im Falle bestandener Prüfungen. Diesen Test sollte man erst einmal abwarten.
Die Regierung soll ein Programm für eine Zweitausbildung in diesem Jahr mit 200 Millionen Euro anschieben, zudem müsse diese Initiative auf fünf Jahre angelegt sein. Das scheint doch sinnvoll angelegtes Geld zu sein.
Die Regierung gibt in diesem Jahr 2,6 Milliarden Euro für berufliche Eingliederung und Weiterbildung aus, das sind 500 Millionen mehr als 2012. Es fehlt also nicht an Geld. Es geht indes nicht darum, diese und jene Beträge ins Feld zu führen nach dem Motto "Wer bietet mehr?". Finanzielle Mittel, die nötig sind, müssen auch
bereitgestellt werden. Letztlich kommt es aber auf die Motivation junger Erwachsener an, die Anstrengung für einen erneuten Anlauf zu einer Qualifizierung auf sich zu nehmen. Ohne die aktive Mithilfe des Einzelnen nutzt alles Geld nichts.
(kos/30.05.2013)