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Aufgeregt war sie. Und auch ein bisschen stolz. Gemeinsam mit dem Libanesen Bilal el Soussi war Mona Meron aus Israel auserkoren, beim Empfang des Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert für die Teilnehmer am diesjährigen Programm des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) Ende Juni Worte des Dankes an Abgeordnete und Mitarbeiter zu richten.
Die beiden Stipendiaten aus dem Nahen Osten nutzten die Gelegenheit auch für ein Statement in eigener Sache. „Wir konnten uns hier auf persönlicher Ebene miteinander austauschen und uns mit gegenseitigem Verständnis näherkommen. So eine Gelegenheit haben wir nie vorher gehabt“, sagten sie. Worte, die nachdenklich stimmen – erst recht angesichts der aktuellen Entwicklungen.
Ist es tatsächlich so, dass es keinen Kontakt zwischen Israelis und Arabern gibt? Sie selbst kenne einige, aber aus dem Nachbarland Libanon habe sie bisher erst zwei Menschen getroffen, sagt Mona Meron. „Das war zum einen eine Frau, die ich in einem Yoga-Zentrum in Kambodscha kennengelernt habe, und nun Bilal hier in Berlin.“
Für ihn, so sagt sie weiter, sei es auch das erste Mal, dass er eine Israelin getroffen hat. Die 26-Jährige bedauert den Mangel an Austausch. „Die Länder im Nahen Osten haben so viele kulturelle Gemeinsamkeiten. Ich denke, wir könnten uns eigentlich gut verstehen.“
Davon ist zurzeit nicht viel zu spüren: Es herrscht mal wieder Krieg im Nahen Osten. Mona Meron ist darüber „zutiefst besorgt, aber auch frustriert“. Der Nahostkonflikt, so sagt sie, sei so komplex und habe viele verschiedene Seiten.
„Aber ich finde, die meisten internationalen Medien präsentieren die israelische Seite auf unfaire Weise, weil sie die Verantwortung der Hamas nicht ausreichend darstellen“, kritisiert die Israelin, die sich sicher ist, dass sich der Konflikt letztendlich nur politisch lösen lässt.
Große Sorgen macht ihr außerdem, dass es in der jetzigen Situation in Israel „wenig Toleranz für andere Meinungen gibt“. Meinungen, in denen Empathie auch für die andere Seite gezeigt wird. „Ich habe in meiner Familie gelernt, immer zu versuchen, beide Seiten zu sehen, und das wünsche ich mir von allen“, sagt sie.
Und wieder ist da die Forderung nach mehr Austausch zwischen den Menschen. „Wenn man die Menschen aus Palästina oder Libanon trifft und mit ihnen redet, merkt man, dass die meisten ganz anders sind, als sie bei uns oft dargestellt werden“, sagt sie. Genauso verhalte es sich mit der Darstellung von Israel im Ausland. „Da wird der Eindruck erweckt, es gebe nur Rechte und Siedler – das ist aber nicht so“, macht sie deutlich.
Mona Meron gehört zu denen, die die Hoffnung auf einen Frieden in der Region noch nicht aufgegeben haben. „Ich habe viele Freunde, die noch immer für ein friedliches Miteinander kämpfen“, sagt sie. Solche Leute gebe es auch auf der palästinischen Seite. „Deren Engagement muss in den Fokus gerückt werden“, fordert die Israelin.
Dass militärische Lösungen alleine nichts bringen, habe die Vergangenheit gezeigt, findet sie. Zwar sei es notwendig gegen die Hamas vorzugehen, gleichzeitig müsse aber auch der Friedensprozess wieder aufgenommen werden. Die rechten Parteien in der israelischen Regierung bemühten sich da aber nicht genug. Aus Sicht von Mona Meron kann Druck aus dem Ausland helfen, „denn am Ende werden die Israelis und die Palästinenser miteinander reden müssen“.
Bei aller Kritik an der eigenen Regierung: Die Anzeichen aufkommender Judenfeindlichkeit in Europa verurteilt die 26-Jährige auf das Schärfste. „Jedes Land, in dem so etwas vorkommt, muss dagegen angehen“, verlangt sie. Wenn Proteste gegen die israelische Regierung in Antisemitismus umschwappen, sei das völlig inakzeptabel. „Sprüche aus der Nazizeit zu hören, ist furchtbar.“
Hat sie Angst, als Israelin in Deutschland? Nein, nicht wirklich, sagt sie. Es habe aber leider schon Situationen gegeben, wo sie bewusst darauf verzichtet hat, Hebräisch zu sprechen.
Grundsätzlich hat Mona Meron eine sehr enge Verbindung zu Deutschland, insbesondere zu Berlin. Ihre Mutter stammt aus der deutschen Hauptstadt, was der 26-Jährigen einen deutschen Pass und viele familiäre Kontakte in Berlin eingebracht hat. Die kann sie auch nach dem IPS noch eine Zeit lang pflegen, denn: „Ich bleibe noch für ein Jahr hier und arbeite für das Organisationskomitee der European Maccabi Games, die 2015 in Berlin stattfinden“, freut sie sich.
Bei den alle vier Jahre stattfindenden Maccabi Games treffen mehr als 2.000 jüdische Athleten aus über 30 Ländern aufeinander, um Wettkämpfe in 20 verschiedenen Sportarten abzuhalten. Ein Traumjob, wenn man so will, für die 26-Jährige, die selbst jahrelang Leistungssportlerin war.
„Ich war Mitglied in der israelischen Schwimmer-Nationalmannschaft“, erzählt sie. In ihrer Spezialdisziplin Brustschwimmen hielt sie vor zehn Jahren einige nationale Rekorde. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Athen 2004 verpasste sie nur ganz knapp.
Mona Meron stand auch schon kurz davor, an ein amerikanisches College zu wechseln, um ihre Schwimmkarriere voranzutreiben. Sie entschied sich schließlich dagegen. „Ich wollte etwas anderes mit meinem Leben machen und nicht immer nur schwimmen“, sagt sie zur Begründung.
Inzwischen hat sie viele Länder dieser Erde bereist und auch den Bachelor im Studienfach „Internationale Beziehungen und Business“ gemacht. Finanziert hat sie das Studium über ihre Arbeit als Schwimmlehrerin. Selber trainiert hat sie lange Jahre nicht - bis sie mit dem IPS begann. „Als ich im März nach Berlin kam, habe ich eine Trainingsgruppe gefunden und schwimme nun wieder regelmäßig“, sagt sie.
Das IPS hat sie nicht nur dem Schwimmen wieder näher gebracht, sondern – dank ihrer „Patenabgeordneten“ Marie-Luise Dött (CDU/CSU) - auch dem Thema Umweltpolitik. „Damit hatte ich im Vorfeld nie etwas zu tun, habe aber gerade deshalb viel Neues gelernt“, betont die Stipendiatin.
Was ihre berufliche Zukunft angeht, so ist Mona Meron überzeugt davon, dass diese in irgendeiner Weise mit den deutsch-israelischen Beziehungen zu tun haben wird. „Als jemand, die als Israelin und Deutsche aufgewachsen ist, habe ich schon immer eine Art Vermittlerrolle eingenommen: in Israel für die Deutschen und in Deutschland für die Israelis.“
Und noch einen Zukunftstraum hat sie – der nun wieder mit dem Schwimmen zu tun hat. „Ich würde gern israelischen und arabischen Jugendlichen Schwimmunterricht geben“, sagt sie. Die politische Lösung des Konflikts würde dies nicht unbedingt bringen, weiß sie.
„Aber eines Tages wird es zwei Staaten geben – dann müssen wir als Nachbarn miteinander leben. Dafür möchte ich meinen kleinen Beitrag leisten, denn ich bin überzeugt davon, dass man zum Beispiel Sport als pädagogisches Mittel für eine gegenseitige Annäherung nutzen kann“, sagt Mona Meron. (hau/28.07.2014)