Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die Integration von Flüchtlingen stellt eine große Herausforderung dar, die bewältigt werden muss. In dieser Einschätzung waren sich die Redner aller Fraktionen während der Debatte zu einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7651) mit der Forderung nach einem umfassenden Integrationskonzept am Donnerstag, 25. Februar 2016, einig. Vertreter der Koalitionsfraktionen wiesen zugleich den Vorwurf zurück, die Bundesregierung habe in Sachen Integration nichts unternommen. Fast eine Milliarde Euro für Integrationskurse habe der Bund zur Verfügung gestellt, sagte Barbara Woltmann (CDU/CSU). Die Zugangsmöglichkeiten für Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt seien erleichtert worden, ergänzte Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD).
Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte hingegen, mit den Einschränkungen beim Familiennachzug im Asylpaket II hätten Union und SPD eine integrationsfeindliche Maßnahme beschlossen. Sevim Dağdelen (Die Linke) befand, Integration werde erst gelingen, wenn es in Deutschland eine sozial gerechtere Politik gibt.
Die Flüchtlinge wollten sich integrieren, bräuchten dafür aber auch Angebote, sagte Beck. Die Festschreibung der Integrationspflicht in der Verfassung, wie man es in Bayern geplant habe, helfe dabei nicht. Dies sei ein „mausetotes Projekt“, urteilte der Grünen-Abgeordnete. Angesichts der Verschiedenartigkeit der Menschen, die nach Deutschland kämen, brauche es auch unterschiedliche Angebote. Schlüssel zur Integration sei in jedem Fall die Sprache, so Beck. Es müsse gelingen, allen, die Deutsch lernen wollen, auch ein Angebot zu machen. Derzeit erhalte aber nur jeder vierte Interessent eine Chance, kritisierte er.
Die Integrationsbemühungen müssten auf jene konzentriert werden, die eine Bleibeperspektive haben, sagte Barbara Woltmann. Die Unionsabgeordnete machte zugleich deutlich, dass „Integration keine Einbahnstraße ist“. Sie könne nur gelingen, wenn auch die Flüchtlinge aktiv mitwirken. „Hier gilt für uns der Leitsatz: fördern und fordern.“
Woltmann sprach sich für verbindliche Integrationsvereinbarungen aus, was ihrer Ansicht nach durch ein Integrationsgesetz geregelt werden sollte. Die Grundlage für das Zusammenleben in Deutschland stelle schließlich die freiheitlich demokratische Grundordnung dar. „Unsere Werte müssen geachtet, aber auch gelebt werden“, sagte sie.
Von einem anhaltenden Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich sprach Sevim Dağdelen. Wenn die Armutsquote in Nordrhein-Westfalen bei 17,5 Prozent und im Ruhrgebiet bei 20 Prozent liege, sei das die Folge der neoliberalen Politik von Union, SPD aber auch den Grünen, befand die Linke-Abgeordnete. „Diese Entwicklung ist es im Kern, die die Willkommenskultur und die Aufnahmebereitschaft abnehmen lässt und minimiert.“
Nach Ansicht Dağdelens ist in Deutschland seit 20 Jahren ein „organisiertes Staatsversagen“ zu erleben. In diesem Zeitraum seien eine Million Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut worden, auch zulasten der öffentlichen Sicherheit. Die Flüchtlinge seien dafür nicht verantwortlich zu machen. Sie hätten die schon lange vorhandenen Probleme lediglich überdeutlich gemacht, sagte die Linke-Abgeordnete.
Von einem organisierten Staatsversagen könne keine Rede sein, entgegnete Lars Castellucci. „Welches Land hätte denn ihrer Ansicht nach die Probleme besser bewältigt“, fragte er in Richtung Dağdelen. Im Übrigen seien „wir alle der Staat“. Es sei eine große Gesamtleistung gewesen, was im letzten Jahr zu erleben gewesen war. Castellucci warnte davor, bei der Debatte immer nur zu sagen, man benötige mehr Geld für Flüchtlinge. „Was für einen Eindruck sollen die Menschen im Land eigentlich bekommen?“, fragte er.
Wenn erst viel Geld nach Griechenland und dann an die Flüchtlinge geht, würden sich die Menschen fragen: Und wo bleibe ich? Der Eindruck, es gehe nicht um die Menschen, die hier leben, müsse verhindert werden, weil er auch nicht stimme und das Land spalte, sagte der SPD-Abgeordnete. Die benötigten Angebote müssten für alle gelten, forderte er.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen. (hau/25.02.2016)