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Frank Tempel ist einer von 64 Abgeordneten der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag. Bevor er Bundestagsabgeordneter wurde, engagierte sich Frank Tempel sieben Jahre aktiv in der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Vor 15 Jahren trat der Kriminalbeamte in die Partei Die Linke ein und kandierte 2005 erstmals im Wahlkreis Greiz-Altenburger-Land für den Deutschen Bundestag. Damals verfehlte er auf Listenplatz sechs den Einzug ins Parlament knapp, wurde aber Nachrücker von Bodo Ramelow, der als Oppositionsführer in den Thüringer Landtag nach Erfurt wechselte.
Bei seiner Kandidatur 2009 war Frank Tempel erfolgreich und konnte das Bundestagsmandat auch 2013 gewinnen. Frank Tempel ist drogenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und war Obmann im Edathy-Untersuchungsausschuss. Als erster Abgeordneter seiner Fraktion wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestages gewählt.
Frank Tempel absolvierte eine Ausbildung zum Landmaschinenschlosser mit Abitur und begann 1988 ein Studium an der Offiziershochschule der Nationalen Volksarmee der DDR in Suhl. Im gleichen Jahr wurde er Kandidat der SED, aber zu einer Aufnahme in die Partei kam es nicht. Gegen Frank Tempel wurde im August 1989 ein Parteiverfahren eröffnet. „Ich hatte das Lied ‚Die Partei, die Partei, die hat immer recht’, öffentlich infrage gestellt und die Ansicht vertreten, dass niemand immer recht haben kann, auch nicht eine Partei. Die Parteileitung erfuhr davon und eröffnete ein Parteiverfahren gegen mich. Es endete mit einer Parteirüge, weil ich uneinsichtig war“, erinnert sich Frank Tempel.
Vier Monate später fiel die Mauer. Frank Tempel war mit anderen Offiziersschülern am 9. November am Brandenburger Tor in Berlin eingesetzt. „Ich ahnte, dass die Öffnung der Grenze nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Wir befanden uns damals wie die Menschen, die auf der Mauer deren Öffnung feierten, in einer Ausnahmesituation. Wildfremde Menschen umarmten uns. Unsere Vorgesetzten wussten nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten. Wir waren drei Tage ohne Ablösung ununterbrochen am Brandenburger Tor eingesetzt und konnten uns erst am 11. November zurückziehen“, erinnert sich Frank Tempel.
Sein Studium beendete Frank Tempel nicht. Die Offiziersschule wurde 1990 geschlossen, die DDR im gleichen Jahr aufgelöst. Die Frage, wie es weitergehen sollte, beantwortete sich Frank Tempel ganz pragmatisch. Er wurde zunächst Sozialarbeiter und arbeitete als Schlosser und Lkw-Fahrer in Sonneberg, bevor er eine Ausbildung im mittleren Polizeidienst in Thüringen begann. Nach dem Abschluss wechselte er 1996 für ein Anschlussstudium an die Polizeischule Meiningen. „Ich wollte Kriminalpolizist werden, und das war damals nur mit einem Studium an dieser Fachhochschule möglich. 1998 erhielt ich das Diplom als Verwaltungswirt im Fachbereich Polizei und wurde ein Jahr später zum Kriminalbeamten im gehobenen Dienst ernannt“, sagt der Politiker.
Bereits im mittleren Polizeidienst engagierte sich Frank Tempel in der Gewerkschaft der Polizei und wurde Landesvorsitzender der Jungen Gruppe der Polizeigewerkschaft (GdP) in Thüringen. „Damals machte ich die Erfahrung, dass die Möglichkeiten von Gewerkschaften an Grenzen stoßen. Viele Änderungen lassen sich nur bundespolitisch durchsetzen, wie zum Beispiel das Beamtenrecht, das Personalvertretungsrecht oder das Mitbestimmungsrecht bei politischen Entscheidungen“, sagt der Abgeordnete.
Als Frank Tempel seinen Lebensmittelpunkt Anfang der 2000er-Jahre ins Altenburger Land verlegte, wurde er Mitglied in der Partei Die Linke. „Ich war inzwischen aus der aktiven Gewerkschaftsarbeit ausgestiegen und suchte eine neue Herausforderung. Bereits bei meinem Parteieintritt habe ich klar formuliert, dass ich mich aktiv einbringen und kein ‚stilles Mitglied’ sein möchte“, sagt Tempel. Er engagiert sich mit Herzblut im Kreisverband Altenburger Land und wurde 2004 in den Kreistag gewählt.
Ein Jahr später kam es zu vorgezogenen Bundestagswahlen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte im Parlament die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung verloren. Er schlug die Auflösung des Deutschen Bundestages vor, und Bundespräsident Horst Köhler löste am 21. Juli 2005 den Deutschen Bundestag auf. Die Neuwahlen fanden am 18. September 2005 statt.
„In Vorbereitung der Bundestagswahl war bei der Suche nach geeigneten Kandidaten Eile geboten, und ich wurde angesprochen, ob ich für den Bundestag kandidieren würde. Ich hätte Erfahrungen in der Gewerkschaftsarbeit und in der Kommunalpolitik. Überzeugt hat mich aber letztlich, dass die Partei junge Kandidaten suchte, die ganz neue Sichtweisen mitbringen und pragmatisch und sachbezogen an politische Entscheidungen mitarbeiten. Deshalb habe ich kandidiert und es als Herausforderung, aber auch als Chance gesehen, mich politisch einzubringen“, erinnert sich der Politiker.
Frank Tempel kandidierte auf Listenplatz sechs und verfehlte den Einzug in den Deutschen Bundestag sehr knapp. Dass er bei seiner ersten Kandidatur das Mandat nicht sofort gewann, nahm Frank Tempel sportlich und sagt: „In meinem ersten Bundestagswahlkampf konnte ich wichtige Erfahrungen sammeln, auf die ich im Wahlkampf 2009 zurückgreifen konnte. Ich kam mit den Bürgern ins Gespräch, bekam Anregungen, musste Kritik einstecken und erfuhr, was sie von einem Politiker im Bundestag erwarteten“.
Dass Frank Tempel in den letzten 14 Tagen der 16. Wahlperiode doch noch Bundestagsabgeordneter wurde, verdankt er dem Umstand, dass Bodo Ramelow in den Thüringer Landtag nach Erfurt wechselte und sein Bundestagsmandat aufgab. Eine Besonderheit dabei war: Frank Tempel war zwar Nachrücker im Wahlkreis 70 und übernahm in der 16. Legislaturperiode das Bundestagsmandat. Er war aber den ganzen Sommer über auf Wahlkampftour und gewann am 27. September 2009 auf Listenplatz 4 das Bundestagsmandat mit 29,3 Prozent der Erststimmen.
Zur Bundestagswahl 2013 hatte Die Linke schmerzliche Verluste im Gesamtwahlergebnis zu verkraften und auch Frank Tempel bekam zu spüren, dass die Linke an Zustimmung verlor. „In meinem Wahlkreis lag es daran, dass die Menschen inzwischen realisiert hatten, dass Die Linke keine neue Partei mehr war. Außerdem hat die Politikverdrossenheit der Bürger und die wachsende Gruppe der Nichtwähler nicht nur uns, sondern auch anderen Parteien Stimmen gekostet. Das ist bedauerlich, denn jeder Bürger sollte sein Wahlrecht als Recht begreifen und unbedingt ausüben“, findet Frank Tempel.
Als stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses plädiert Frank Tempel dafür, keinesfalls Obergrenzen für Flüchtlinge festzulegen. „Es ist unsere humanitäre Pflicht, dass wir Menschen in Not helfen, zumal wenn sie aus Kriegsgebieten kommen. Im Innenausschuss gibt es in dieser Frage kaum Konsens, da treffen zum Teil Welten aufeinander. Vor allem die CDU hat deutlich andere Positionen als wir. Ich sage aber auch deutlich, dass Sahra Wagenknecht mit ihrer Aussage zu den Obergrenzen in unserer Fraktion ein Alleinstellungsmerkmal besetzt. Es ist ihre Position, sie hat nicht für die gesamte Fraktion gesprochen. Die Linke lehnt Obergrenzen aus zwei Gründen ab: Erstens halten wir sie für nicht durchsetzbar, zweitens sind Obergrenzen humanistisch nicht vertretbar. Die Menschen, die zu uns kommen, müssen zügig integriert werden. Wir brauchen zügige Verfahren, damit die Menschen Rechtssicherheit haben, und es sind ausreichend Deutschkurse, Wohnunterkünfte und Arbeitsangebote erforderlich, wenn die Integration klappen soll“, sagt Frank Tempel. (bsl/29.02.2016)