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Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU), Katrin Werner (Die Linke), Klaus Brähmig (CDU/CSU), Gottfried Kneifel (ÖVP), Johann Hechtl (SPÖ), Karl-Heinz Brunner (SPD) © DBT/Brähmig
Ob vereint im Heiligen Römischen Reich, unter der Diktatur Hitlers oder auf getrennten Wegen als separate Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Über Jahrhunderte verbindet Deutschland und Österreich eine enge, manchmal auch spannungsreiche Beziehung. Dass heute der Austausch zwischen den Parlamentariern in den beiden Nachbarländern meist reibungslos funktioniert, daran hat die Deutsch-Österreichische Parlamentariergruppe im Bundestag einen großen Anteil.
„Wir haben eine gemeinsame Geschichte und Sprache, viele gemeinsame Traditionen und Bräuche“, sagt Klaus Brähmig (CDU/CSU), Vorsitzender der Deutsch-Österreichischen Parlamentariergruppe. Seit 2009 leitet der Abgeordnete aus der Sächsischen Schweiz die interfraktionell besetzte Gruppe, die sich erstmals 1987 im Bundestag konstituiert hat, um die interparlamentarischen Kontakte mit der Alpenrepublik zu pflegen.
40 Mitglieder hat die Deutsch-Österreichische Parlamentariergruppe in der aktuellen 18. Legislaturperiode des Bundestages. Stellvertretende Vorsitzende sind Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), Katrin Werner (Die Linke) und Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen).
Ob dieser Gemeinsamkeiten sei das Verhältnis zwischen deutschen und österreichischen Parlamentariern ein sehr gutes, meint Brähmig, der im Bundestag unter anderem Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist. Vernachlässigen jedoch dürfe man den Dialog nicht: „Jeder Gedankenaustausch hilft, Missverständnisse und Spannungen abzubauen und sich näherzukommen. Deshalb ist es unendlich wichtig, dass man sich trifft und miteinander spricht.“
Reibungspunkte seien zwar selten, dennoch habe es sie in der Vergangenheit immer wieder gegeben: „Die Atomkraft war so ein Konfliktthema, bevor Bundeskanzlerin Merkel 2011 infolge der Reaktorkatastrophe in Fukushima ihren Kurs geändert und den Atomausstieg vorangetrieben hat. Und auch unsere Pläne für eine Pkw-Maut führten zu Diskussionen.“
Aktuell in der Flüchtlingspolitik gebe es zudem gerade auf Regierungsebene „Spannungen“, räumt Brähmig ein. „Da muss man sich zusammenraufen.“ Dabei kann auch der Austausch zwischen Parlamentariern helfen: Zuletzt reiste so eine Delegation, der neben dem Vorsitzenden auch Karl-Heinz Brunner, Katrin Werner und Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) angehörten, vom 5. bis 8. Oktober 2015 nach Österreich.
In Wien kamen die Bundestagsabgeordneten mit dem Vorsitzenden Johann Hechtl (SPÖ) und anderen Mitgliedern der „Bilateralen Parlamentarischen Gruppe Österreich-Deutschland“ zusammen. Außerdem wurden sie von den Spitzen der beiden Kammern des Parlaments empfangen: Gottfried Kneifel (ÖVP), Präsident des Bundesrates, sowie Karlheinz Kopf (ÖVP), Zweiter Präsident des Nationalrates. Darüber hinaus führte die Delegation Gespräche mit Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung, Vertretern von Landesregierungen, der Wirtschaft und sowie von Nichtregierungsorganisationen.
Ob Verkehr, Tourismus, Bildungs- oder Minderheitenpolitik: Das Spektrum der Themen, über die sich Deutsche und Österreicher dabei austauschten, war breit. „Wenngleich doch die Flüchtlingspolitik vieles überlagert hat“, räumt Brähmig ein. So informierten sich die Parlamentarier unter anderem am Wiener Hauptbahnhof über die Situation der Asylsuchenden und sprachen mit Mitarbeitern des Flüchtlingshilfe-Vereins „Train of Hope“.
„Wir wollten uns aber auch genauer anschauen, wie unsere Nachbarn mit den Minderheiten im Land umgehen“, erklärt Klaus Brähmig. „Die Österreichisch-Ungarische Monarchie war ein Vielvölkerstaat, und bis heute leben in Österreich unterschiedliche Volksgruppen – so unter anderem Ungarn, Slowenen, Burgenlandkroaten sowie Sinti und Roma.“ Das Land habe in den vergangenen Jahren ein gutes System des Minderheitenschutzes entwickelt, lobt der CDU-Politiker. Aber auch die deutsche Minderheitenpolitik sei „so schlecht nicht“. Dennoch gebe es immer Verbesserungsmöglichkeiten, so Brähmig. „Wir werden überprüfen, ob wir die eine oder andere österreichische Idee übernehmen können.“
Gleiches gelte auch hinsichtlich der Integration von Muslimen. Schließlich habe Österreich mit seinem Islamgesetz einen ganz eigenen Weg beschritten, so Brähmig im Hinblick auf die Neufassung des Gesetzes aus dem Jahr 1912. Das Parlament hatte es im Februar 2015 verabschiedet, um damit unter anderem die Auslandsfinanzierung von religiösen Vereinen in Österreich zu untersagen. Das Ziel: Extremistischen Tendenzen entgegenwirken.
„Die Österreicher haben das gut im Griff“, konstatiert Brähmig, „wenngleich der Anteil der Muslime an der Bevölkerung dort geringer ist.“ Dennoch könne Deutschland von österreichischen Erfahrungen lernen, findet der Vorsitzende der Parlamentariergruppe: „Zuletzt waren wir in Deutschland vor allem darauf konzentriert, die zu uns kommenden Flüchtlinge notdürftig zu versorgen. Doch mit der Diskussion um Integration wird uns auch die Frage des Umgangs mit dem Islam wieder beschäftigen“, ist sich Brähmig sicher.
Neben dem Austausch über aktuelle Themen ist es dem Abgeordneten wichtig, über die Kontakte der Parlamentariergruppe Initiativen zur bilateralen Zusammenarbeit insbesondere im kulturellen Bereich voranzutreiben: „Ich würde es begrüßen, wenn wir im deutschsprachigen Kulturbereich noch stärker mit unseren österreichischen Nachbarn zusammenarbeiten würden“, betont Brähmig. „Ich wünschte mir zum Beispiel, wir würden gemeinsam deutsche Schulen in osteuropäischen Ländern wie in Polen oder in der Slowakei stärker fördern.“
Brähmigs Einsatz in der Parlamentariergruppe für solche Themen kommt nicht von ungefähr: „Ich habe eine große Affinität zu Altösterreich. Mein Wahlkreis grenzt an das Sudetenland in Nordböhmen, das früher zu Österreich-Ungarn gehörte“, erklärt der Abgeordnete, der auch Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist.
So passt es, dass die Pflege deutschen Kulturguts Brähmig ein großes Anliegen ist. Unter anderem die feierliche Würdigung eines besonderen Liedes hat er sich für die nächste Zeit auf die Fahnen geschrieben: „In diesem Jahr wird der Text von „Stille Nacht“ 200 Jahre alt“, erzählt Brähmig.
„Geschrieben hat ihn Joseph Mohr 1816, zwei Jahre später komponierte Franz Xaver Gruber die Melodie dazu.“ Aufgeführt worden sei das Lied erstmals im selben Jahr zu Weihnachten – in Oberndorf, damals direkt an der deutsch-österreichischen Grenze. (sas/21.03.2016)