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Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages haben sich entschlossen gezeigt, Steuerhinterziehung und -vermeidung über Briefkastenfirmen in Steueroasen zu bekämpfen. Transparenz heißt das Gebot der Stunde, nachdem durch die unter dem Stichwort „Panama Papers“ bekannt gewordenen Veröffentlichungen ergeben haben, dass allein eine Anwaltskanzlei in dem mittelamerikanischen Land Hunderttausende von Firmen gegründet und verkauft hatte. „Das Briefkastenunwesen muss ein Ende haben“, forderte Dr. Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, in einer Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 13. April 2016.
Hart mit Steuerhinterziehern und -vermeidern ins Gericht ging auch die Unionsfraktion: „Die Praxis in Panama ist inakzeptabel, verwerflich, asozial und schädigt das Gemeinwesen weltweit“, erklärte Finanzexperte Dr. h.c. Hans Michelbach (CDU/CSU). Die Veröffentlichung der „Panama Papers“ stärke den Handlungswillen der Unionsfraktion. Das Problem sei lange erkannt, und man habe entsprechend gehandelt. Seit der Finanzkrise seien über 40 Maßnahmen mit starken Regulierungen weltweit umgesetzt.
Michelbach verwahrte sich gegen den Vorwurf der „Tatenlosigkeit“. Deutschland habe im Gegenteil eine Vorbildfunktion bei G 7 und G 20 sowie in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Besonders hob er die auf Initiative Deutschlands entstandene Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch hervor, der inzwischen rund 100 Staaten beigetreten seien. „Wer Gewinne auf geheime Konten einfriert, ist kein Unternehmer, sondern ein Wegnehmer“, sagte Michelbach, der die Ächtung und Sanktionierung dieser „Diebe“ forderte.
In der Aktuellen Stunde meldete sich auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) zu Wort. Er sprach von einer „ganz wichtigen Botschaft“ der „Panama Papers“: Diejenigen, die Geld verstecken und diejenigen, die ihnen dabei helfen würden, könnten nicht mehr sicher sein, „dieses Geschäft im Dunkeln ungestört vollziehen zu können“. Kapital sei ein scheues Reh und könne es gar nicht haben, wenn jemand am Lichtschalter drehe. Man müsse sich aber im Klaren sein, dass „beim Austrocknen dieses Sumpfs auch die Frösche mit am Tisch sitzen“, sagte Walter-Borjans mit Blick auf schwierig zu führende internationale Vereinbarungen, bei denen es Probleme und Verzögerungen geben könnte.
„Wir tun alles Mögliche, um diesen Machenschaften beizukommen“, sagte Dr. Jens Zimmermann (SPD) zur internationalen Steuerhinterziehung. Wie Walter-Borjans stellte auch Lothar Binding (SPD) die Bedeutung der Veröffentlichung heraus. Er forderte ein international vernetztes Unternehmensregister sowie eine Blockade von Geldströmen „von und nach dubiosen Unternehmen“.
Dr. Sahra Wagenknecht (Die Linke) wunderte sich über die plötzliche „Hyperaktivität“ von Bundesregierung und Koalition: „Es ist schon bemerkenswert, wie Sie die Öffentlichkeit für blöd verkaufen.“ Die Regierung tue so, als sei ihr erst durch die „Panama Papers“ aufgefallen, „dass Briefkastenfirmen nicht dem Postempfang dienen, sondern für Steuerhinterziehung, Geldwäsche und für andere kriminelle Aktivitäten gebraucht werden“. Dagegen sei bis heute nichts getan worden, obwohl der Kern längst bekannt sei.
Bekannt sei auch, dass der deutsche Geldadel in Panama oder auch Luxemburg aktiv sei. Neun von zehn großen Firmen hätten eine Tochterfirma in Steueroasen. Trotz der Veröffentlichungen seien Panama und andere Ländern von den schwarzen und grauen Listen der Steueroasen gestrichen worden. Und die Bundesregierung habe auf EU-Ebene Widerstand gegen Transparenz bei Eigentümern von Briefkastenfirmen geleistet. Jetzt spiele die Regierung den Robin Hood im Kampf gegen Steuerhinterzieher, „aber in Wahrheit haben Sie alles dafür getan, dass die Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsmafia ihre dunklen Geschäfte völlig unbehelligt weiter machen kann“, sagte Wagenknecht, die von „organisierter Kriminalität der Reichen und Mächtigen“ sprach.
„Eine eindrucksvolle Liste“ seien die „Panama Papers“, sagte Dr. Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Auf der einen Seite seien Superreiche, die Steuern hinterziehen wollten, Diktatoren, die ihr Land ausplündern, sowie auf der anderen Seite Waffenhändler, Rauschgifthändler und Terrorfinanziers. Die Infrastruktur brauche Unterstützung aus Europa und auch aus Deutschland, damit diese Infrastruktur genutzt werden könne.
Hofreiter erklärte, Deutschland sei „einer der Hauptblockierer“, wenn es um mehr Transparenz gehe. Und deutsche Banken würden nicht ausreichend kontrolliert. Die Steuerverwaltung der Länder sei zersplittert. Es fehle eine Bundessteuerverwaltung, die großen Konzernen und Superreichen „auf Augenhöhe“ entgegentreten könne. Außerdem sei Deutschland ein „Zentrum der Geldwäsche“, weil die Kontrolle der Geldwäsche überhaupt nicht funktioniere.
Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) räumte zwar ein, dass beim Kampf gegen die Geldwäsche noch mehr Anstrengungen notwendig seien, zog jedoch eine positive Bilanz der Bemühungen gegen Steuerhinterziehung. Über 100 Länder würden sich am automatischen Informationsaustausch beteiligen. Länder, die sich nicht beteiligen würden, würden auf eine „schwarze Liste“ gesetzt, kündigte Schäuble an.
Angesichts der Globalisierung würden nationale Regelungen im Alleingang gar nichts nützen. Man brauche globale Regelungen, auch wenn das sehr mühsam sei. „Und trotzdem muss man es tun“, sagte Schäuble. (hle/13.04.2016)