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Omid Nouripour war 13 Jahre alt, als er mit seinen Eltern aus Teheran nach Frankfurt am Main kam. Deutschland und Hessen sind seit 28 Jahren seine Heimat. In Frankfurt besuchte er das Gymnasium, in Mainz die Universität und in Berlin ist er seit zehn Jahren Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. Omid Nouripour sagt: „Mir geht es wie jedem Fünften in Deutschland: Ich habe einen Migrationshintergrund. Ich habe zwei Pässe, einen iranischen und einen deutschen. Und ich bin Abgeordneter des Bundestages, also bin ich Deutscher.“
Omid Nouripour war vier Jahre lang Vorsitzender der Grünen Jugend Hessen, bevor er 2006 als Nachrücker für Joschka Fischer dessen Bundestagsmandat übernahm. Wie sehr er in Deutschland verwurzelt ist, zeigt sich nicht nur daran, dass er seit 20 Jahren Parteimitglied ist.
Er gehört auch 13 Verbänden, Vereinen und Organisationen an. In der vergangenen Wahlperiode war Nouripour sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Seit 2013 ist der Politiker außenpolitischer Sprecher der Fraktion und Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
Die Eltern von Omid Nouripour verließen den Iran bevor er 14 Jahre alt war. Danach wäre es nicht mehr möglich gewesen, weil die iranische Regierung so verhindern möchte, dass sich junge Männer der Wehrpflicht entziehen. Ein weiterer Grund war, dass seine Schwester nicht studieren durfte. Sie hatte den Ideologie-Aufnahmetest an der Universität nicht bestanden, weil sie wegen der Teilnahme an einer Geburtstagsfeier zu einer drastischen Strafe verurteilt worden war. Meine Eltern wussten, dass wir im Iran keine Zukunftschancen hatte und wanderten nach Deutschland aus“, erzählt der Politiker.
In Teheran hatte Omid Nouripour die Mittelschule absolviert und konnte in Frankfurt am Main sofort die Musterschule, später die Bettinaschule besuchen. Das Bettina-von-Arnim-Gymnasium hatte den jungen Iraner aufgenommen, damit er das Abitur ablegen konnte. Omid Nouripour hatte das Glück, dass er sich schnell integrieren und die Sprache lernen konnte. Er sagt: „Ich hatte bereits im Iran damit begonnen, Deutsch zu lernen. Am Gymnasium fand ich sofort gute Freunde, mit denen ich Deutsch redete und die mich verbesserten, ohne mich auszulachen. So lernte ich relativ schnell die deutsche Sprache und hatte wenig Probleme mit der Grammatik.“
In der elften Klasse wurde bei Omid Nouripour das Interesse für deutsche Parteienpolitik geweckt. Es wäre ihm aber nicht eingefallen, dass ein Migrant Mitglied einer deutschen Partei werden könnte. Omid Nouripour sah eines Tages ein Gespräch mit Cem Özdemir im Fernsehen und dachte sofort: Wenn es möglich ist, dass Migranten in Parteien eintreten, dann will er das auch versuchen. Nachdem er 1996 das Abitur in der Tasche hatte, wollte er Mitglied bei den Grünen werden.
„Als ich den Antrag stellte, traf ich auf eine Geschäftsführerin, die viel von mir wissen wollte, aber die Frage: ‚Woher kommst Du?’ stellte sie nicht. Das hat mich überrascht. Ich blieb. Dann das Kontrastprogramm: Als ich zum ersten Mal in der Stadtteilgruppe Frankfurt Nordend, der Urzelle von Joschka Fischer, zur Versammlung erschien, war ich irritiert. Der jüngste Grüne war damals noch doppelt so alt wie ich, und es wurde stundenlang über ein Hundekotproblem im Günthersburgpark diskutiert. Ich nahm mir vor, nur noch einmal hinzugehen und dann auszutreten, wenn die keine anderen Themen haben. Es kam anders. Ich wurde gefragt, ob ich etwas ‚für die Jugend‘ tun könnte. Ich legte mit einer Veranstaltung zum Thema ‚Graffiti‘ los und erreichte damit nicht nur sehr viele junge Leute, sondern alle Lokalzeitungen berichteten darüber.“
Omid Nouripour engagierte sich von diesem Tag an mit Herzblut in der Partei, sowie in der Migranteninitiative Immi/Grün. Er machte beeindruckend schnell Parteikarriere. Drei Jahre nach seinem Parteieintritt wurde er bereits zum hessischen Landesvorsitzenden der jungen Grünen gewählt und gehörte dem Landesvorstand an.
Omid Nouripour engagierte sich aber nicht nur intensiv in der Partei, er wollte auch studieren. Nach dem Abitur begann er ein Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seine Fächer zunächst: deutsche Philologie im Hauptfach, Philosophie und Französisch. Ein Jahr später wählte er zusätzlich ein Zweitstudium mit dem Hauptfach Soziologie.
Damit hatte sich der Grünen-Politiker eindeutig zu viel vorgenommen, denn beide Studien hat er nicht abgeschlossen. Er sagt: „Mir hat das Studium viel Spaß gemacht, und ich hatte nach zwei Semestern tatsächlich mein Grundstudium beendet. Ab dem Ende des Jahres 1998 engagierte ich mich aber deutlich intensiver in der Partei, denn zur Landtagswahl trat Roland Koch mit einer ganz besonderen Kampagne an.“
Der CDU-Politiker wollte mit einer Unterschriftenaktion die von Rot-Grün geplante doppelte Staatsbürgerschaft verhindern. Innerhalb weniger Wochen hatten 400.000 hessische Bürger unterschrieben. „Ich erkannte meine Stadt nicht wieder. Auch an unsere Wahlkampfstände kamen Bürger, die fragten, wo sie gegen Ausländer unterschreiben könnten. In dieser Zeit war mir mein politisches Engagement wichtiger als mein Studium“, sagt Omid Nouripour.
SPD und Grüne in Hessen, aber auch EU-Institutionen bezeichneten die CDU-Kampagne als fremdenfeindlich. Die Frankfurter Rundschau startete eine Gegen-Kampagne und sammelte Unterschriften für die doppelte Staatsbürgerschaft. Trotzdem gewann Roland Koch am 7. Februar 1999 die hessische Landtagswahl. Omid Nouripour erhielt 2002 den deutschen Pass und wurde im gleichen Jahr in den Bundesvorstand seiner Partei gewählt und zum Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht.
Zur vorgezogenen Bundestagswahl 2005 kandidierte Omid Nouripour auf der hessischen Landesliste. Er verfehlte den Einzug in den Deutschen Bundestag knapp, wurde aber im folgenden Jahr doch noch zum Wahlsieger. Am 27. Juni 2006 nahm Joschka Fischer zum letzten Mal an einer Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion teil. Am 1. September 2006 legte der Spitzenpolitiker der Grünen sein Bundestagsmandat nieder. Omid Nouripour wurde sein Nachrücker. Zur Bundestagswahl 2009 und 2013 schaffte der Politiker den Einzug in den Deutschen Bundestag über die hessische Landesliste.
Seit dieser Legislaturperiode ist Omid Nouripour Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Beide waren seine Wunschausschüsse. Die Frage, ob es im Menschenrechtsausschuss einen Konsens gibt, beantwortet der Politiker mit einem klaren Ja, aber: „Im Bereich der humanitären Hilfe gibt es so viel Konsens wie noch nie. Allen Kollegen ist klar, was die Hilfsorganisationen in der derzeitigen Flüchtlingssituation seit Monaten leisten. Hier kann niemand wegschauen, denn es geht um Menschen. Probleme gibt es bei der Bereitstellung von Hilfsgeldern für humanitäre Hilfen. Die Menschen in den Flüchtlingslagern brauchen dringend Lebensmittel und Medikamente. Die UN mussten aber bereits im letzten Jahr verkünden, dass Essensrationen gekürzt werden müssen, wenn die Weltgemeinschaft ihren Zahlungszusagen nicht nachkommt. Dies ist gegenüber den Menschen in Flüchtlingslagern inhuman und unverantwortlich.“
Bei den Menschenrechten sehe die Sache etwas anders aus: „Es gibt Abgeordnete wie Erika Steinbach, die absolut polarisieren und nicht dazu beitragen, dass wir einen gemeinsamen Nenner finden. Das ist der Situation nicht angemessen.“ (bsl/02.05.2016)