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Ausschuss Digitale Agenda/Ausschuss- 09.06.2016
Berlin: (hib/HAU) Über digitale Flüchtlingsinitiativen hat sich der Ausschuss Digitale Agenda in einer öffentlichen Sitzung am Mittwoch informiert. Dabei stellte Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die App "Ankommen" vor, die das BAMF, das Goethe-Institut, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Bayerische Rundfunk (BR) als themenübergreifende App für Flüchtlinge entwickelt haben. Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), verwies auf Fortschritte bei der Digitalisierung der Asylverfahren.
Es sei gelungen, die Bearbeitungsdauer bei der Registrierung von Asylbewerbern zu reduzieren, sagte Vitt, der zugleich Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik ist. Etwa 60.000 Ankunftsnachweise seien so ausgestellt worden. Die Registrierung mit dem neuen System sei in 20 Minuten erledigt. "Wir sind auf einem guten Weg, zumindest den Teil deutlich effizienter zu gestalten", sagte Vitt. Zugleich machte er deutlich, dass man Schnittstellen zu landesspezifischen Systemen implementiert habe. Damit sei ein wichtiger Meilenstein erreicht, sagte der Staatssekretär.
Sowohl Flüchtlinge als auch Teile der ehrenamtlichen Helfer hätten Schwierigkeiten gehabt, sich in Asylfragen zu orientieren, sagte der Vizepräsident des BAMF, Michael Griesbeck. Da zudem fast alle Flüchtlinge mit Smartphones ausgestattet gewesen seien, habe die Idee nahegelegen, Informationen über diesen Weg zuzuleiten. Innerhalb von sechs Wochen sei die App "Ankommen" entwickelt worden, sagte Griesbeck. Durch sie erhielten Asylsuchende gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland Informationen über ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren. Integriert sei zudem ein kostenloser, multimedialer Sprachkurs, der eine alltagsnahe Unterstützung für die ersten Schritte auf Deutsch bietet. "Ankommen" stehe in den Sprachen Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch und Deutsch zur Verfügung und sei auf eine sehr positive Resonanz gestoßen, sagte der BAMF-Vizepräsident. Stand 1. Juni sei die APP 155.885 Mal heruntergeladen worden.
Studienmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen ist das Ziel des 2014 gegründeten Social Start-ups Kiron Open Higher Education, dessen Vertreterin Hila Azadzoy von vielen Barrieren sprach, auf die studierwillige Flüchtlingen treffen würden. Neben den Kosten, die mit der Aufnahme eines Studiums verbunden seien, betreffe das auch Sprachbarrieren und den oft ungeklärten Aufenthaltsstatus. "Kiron beseitigt diese Barrieren, in dem die Flüchtlinge erstmal bei uns standortungebunden in Englisch mit dem Studium anfangen können", erläuterte Azadzoy. Sobald die Zulassungsvoraussetzungen vorlägen, könnten die studierenden Flüchtlinge dann an eine der Partnerhochschulen wechseln. Bislang, so die Vertreterin von Kiron Open Higher Education, seien 1.250 Flüchtlinge in dem Programm. Bis Ende 2016 sollen es 5.000 sein.
Fiona Krakenbürger, Mitglied im Team der Open Knowledge Foundation Deutschland und Leiterin des Projekts "Digital Refugee Labs" im Rahmen von Code for Germany, sagte vor den Abgeordneten, viele Flüchtlingsinitiativen wünschten sich mehr Vernetzung und Schnittstellen zu Behörden und Verwaltungen. "Es fehlt an Ansprechpartnern", sagte sie. Auf der anderen Seite sei auch festzustellen, dass das Wissen der Initiativen viel zu wenig genutzt werde. Sinnvoll, so Krakenbürger, könne ein regelmäßiger Runder Tisch sein. Dabei müssten aber alle Akteure eingebunden werden, "auch die Flüchtlinge selbst".
Monic Meisel, Vorstandsmitglied vom Förderverein Freie Netzwerke und Mitbegründerin der Freifunk-Initiative machte deutlich, dass sie den Zugang zum Internet für ein Menschenrecht halte und dieser Voraussetzung für den Zugang zu digitalen Hilfen für Flüchtlinge darstelle. Die Freifunker hätten bislang mehr als 350 Einrichtungen zur Flüchtlingsunterbringung mit Internetzugängen ausgestattet. Sie hätten dabei mit bürokratischen Hürden, dem Unwillen der Betreiber der Unterkünfte und mit der Angst vor Abmahnungen zu kämpfen. Letzteres habe sich auch nicht durch die kürzlich beschlossene Änderung im Telemediengesetz erledigt, da die Störerhaftung nach Ansicht Meisels nicht abgeschafft sei. "Die Abmahnkanzleien kündigen bereits öffentlich an, dass sie mit ihrer Praxis nicht aufhören werden", sagte sie.