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Opposition kritisiert neues Gesetz gegen Terrorismus


Das neue Antiterrorpaket der schwarz-roten Regierungskoalition trifft im Bundestag auf scharfe Kritik der Opposition. Vertreter der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion verteidigten dagegen im Parlament am Donnerstag, 9. Juni 2016, bei der ersten Lesung ihres Gesetzentwurfs "zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus" (18/8702)  die geplanten Neuregelungen. Auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) warb mit Nachdruck für das Gesetzespaket. 

Befugnisse für das Bundesamt für Verfassungsschutz 

Damit soll das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) spezielle Befugnisse erhalten zur Einrichtung gemeinsamer Dateien "mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedsstaaten". Ferner soll die Bundespolizei wie bereits "nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt" die Befugnis erhalten, sogenannte verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einzusetzen.

Vorgesehen ist zudem, Erbringer von Telekommunikationsdiensten zu verpflichten, die Identität von Prepaid-Telekommunikationskunden - zu deren Erhebung sie bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind - anhand geeigneter Identitätsdokumente wie Personalausweise oder Reisepässe zu überprüfen. Darüber hinaus sollen unter anderem Strafbarkeitslücken geschlossen werden, "die bei der Unterstützung der Weiterbetätigung verbotener Vereinigungen bestehen".

Minister: Terrorismusbekämpfung ein Wettlauf des Wissens

De Maizière wertete die Vorlage als einen Gesetzentwurf "mit Augenmaß", der den internationalen Informationsaustausch und die gemeinsame Analysefähigkeit stärke. Terrorismusbekämpfung sei heute "vor allem auch ein Wettlauf des Wissens". Terroristen agierten international und bereiteten Anschläge länder- und staatenübergreifend vor. Daher müssten sich auch Sicherheitsbehörden international vernetzen. "In Europa brauchen wir eine Sicherheitsunion und außerhalb Europas brauchen wir Sicherheitspartnerschaft". 

Das fange mit dem Austausch von Erkenntnissen auch zwischen den Nachrichtendiensten an. Dazu wolle man gemeinsame europäische Dateien schaffen, "in die Personen aufgenommen werden, die an Terrorismusorganisationen beteiligt sind". Auf diese Weise sollten die europäischen Nachrichtendienste ihre Erkenntnisse teilen und noch enger zusammenarbeiten. "Wissen ist Macht, und wir wollen den Terroristen in diesem Sinne machtvoll begegnen", sagte der Ressortchef. 

"Sicherheitslücke soll nun geschlossen werden"

Auch wolle man die  "verschleierte Nutzung" von Prepaid-Telefonkarten in kriminellen und terroristischen Strukturen verhindern, fügte de Maizière hinzu. Schon jetzt dürften die Sicherheitsbehörden bei Verdacht auf Straftaten oder zur Gefahrenabwehr Daten über den Urheber eines Anschlusses abrufen. Dabei stelle sich aber oft heraus, dass die Anschlussinhaber oft nur mit Fantasienamen wie ,,Donald Duck" erfasst seien. Diese Sicherheitslücke solle nun geschlossen werden.

Zum geplanten Einsatz verdeckter Ermittler sagte er, damit werde der Bundespolizei ermöglicht, insbesondere in internationale Schleuser- und Schlepperorganisationen einzudringen, "um so diese besonders abscheuliche Form von Kriminalität besser bekämpfen zu können".

Linke: Massenüberwachung ohne Effekt

Für Die Linke kritisierte ihr Abgeordneter Frank Tempel, der Gesetzentwurf sei nicht geeignet, "mehr Sicherheit gegen terroristische Anschläge zu bringen". Auch werde das Trennungsverbot von Polizei und Geheimdiensten weiter ausgehöhlt. Schon bisher habe es eine Kommunikation mit ausländischen Geheimdiensten gegeben und Terrorwarnungen, die sich "weitestgehend dann aber als Fehlinformation oder unüberprüfbar herausgestellt  haben".

Diesen Zustand wolle de Maizière nun verstetigen. Auch wolle die Koalition eine umfassende Erfassung und  Prüfung der Identitätsdaten der Nutzer von Prepaid-Karten. Das heiße, dass der normale Bürger sich dem staatlichen Zugriff auf seine Kommunikationsdaten nicht entziehen könne. Dagegen könnten ,,Personen mit Anschlagsabsichten" ohne größeren Aufwand ,,den Weg über Drittpersonen oder das Ausland wählen". Die geplante Maßnahme sei eine ,,Massenüberwachung, ohne dass ein verhältnismäßiger Effekt für die Strafverfolgung erkennbar ist". Auch der Einsatz verdeckter Ermittler der Bundespolizei nutze der Terrorbekämpfung "nach aller Wahrscheinlichkeit" nichts. 

Grüne: Massiver Eingriff in Grundrechte der Bürger

Die Grünen-Parlamentarierin Irene Mihalic sagte, natürlich müsse man ,,alles  Rechtsstaatliche" tun, um die Bürger vor Terroranschlägen zu schützen. Dazu brauche man aber keine "mit der heißen Nadel gestrickte Gesetzespakete" wie das vorliegende. Der Gesetzentwurf verfehle das Ziel der Terrorismusbekämpfung, greife aber massiv in die datenschutzrechtlichen Belange und die Grundrechte der Bürger ein.

Zur Einrichtung gemeinsamer Datenbanken mit Nato-Partnern sagte Mihalic, ein solcher Partner sei auch die Türkei. Nach den "kruden Vorstellungen", die in der Türkei teilweise zur Unterstützung terroristischer Aktivitäten vorherrschten, seien aber auch im Bundestag "alle verdächtig". Die Koalition stärke nicht die Polizei bei der Terrorismusbekämpfung, sondern "die Nachrichtendienste mit uferlosen Datenbanken". Das alles gehe ,,zulasten der Kontrollierbarkeit, der Transparenz und der Rechte der Bürger" sowie an den Erfordernissen vorbei.  

SPD: Klarer rechtlicher Rahmen

Der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch nannte den Gesetzentwurf dagegen eine der "vielen guten Maßnahmen" der Koalition als Antwort auf die derzeitige Bedrohungslage. Man schaffe einen klaren rechtlichen Rahmen dafür, dass die deutschen Nachrichtendienste gemeinsam mit ausländischen Partnerdiensten gemeinsame Dateien errichten können, "um damit wichtige Informationen über Terroristen austauschen - nicht sammeln - können".

Während Terroristen perfekt vernetzt seien, seien die Nachrichtendienste dies nicht. Das werde mit dem Gesetzentwurf geändert. Mit Blick auf die vorgesehene Regelung zu Prepaid-Karten verwies Grötsch darauf, dass man sich eine anonyme Prepaid-Karte etwa in Österreich oder den Niederlanden  kaufen könne. Deshalb wolle die Koalition hier mit gutem Beispiel vorangehen. Der zweite und wichtigere Schritt sei es aber, "auch die anderen EU-Staaten von einer europäischen Regelung zu überzeugen, weil das uns sonst nur in sehr beschränktem Ausmaß etwas nützt". 

CDU/CSU: Im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus

Der CSU-Parlamentarier Stephan Mayer betonte, Deutschland befinde sich ebenso wie Belgien, Großbritannien und Frankreich "im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus". Deshalb müsse man die Sicherheitsbehörden "adäquat mit den erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen ausstatten". Der vorliegende Gesetzentwurf sei wohlüberlegt, angemessen und sachgerecht. Er lege die Grundlage dafür, dass die Sicherheitsbehörden noch besser im Kampf gegen den Terrorismus aufgestellt seien.

Unter Verweis auf den "brutalen Angriff einer 15-jährigen Dschihadistin" auf zwei Bundespolizisten in Hannover vom Februar plädierte Mayer zugleich dafür, in den parlamentarischen Beratungen eine Ergänzung des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu prüfen, damit ,,unter strengen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen auch 14- bis 16-Jährige erfasst werden". (sto/09.06.2016)