Bildwortmarke des Deutschen Bundestages

Schutz der IT-Systeme des Bundes im Fokus

Bei der Abarbeitung seines Auftrages wird der 1. Untersuchungsausschuss (NSA) in der nächsten Sitzung den Absatz II, Ziffer 4 im Einsetzungsbeschluss aus dem März 2014 erreichen: „Welche Strategie zum Schutz vor unberechtigtem Zugriff auf Daten oder Abfluss aus IT-Systemen des Bundes hat die Bundesregierung im Untersuchungszeitraum verfolgt und wie wurde diese weiterentwickelt?“, lautet hier die Frage. Die Abgeordneten wollen sie am Donnerstag, 23. Juni 2016, mit zwei unzweifelhaft kundigen Zeugen erörtern, dem Diplom-Mathematiker Andreas Könen und dem Diplom-Informatiker Martin Schallbruch. Die öffentliche Vernehmung unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) beginnt um 11.30 Uhr im Europasaal 4.900 des Berliner Paul-Löbe-Hauses.

Seit zehn Jahren beim BSI

Der Zeuge Könen ist seit Anfang 2013 Vizepräsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn. Mit Fragen der Kryptografie, der Verschlüsselung von Nachrichten, hatte er sich schon während seines Mathematikstudiums an der Universität Köln beschäftigt. Seit 1988 war er an verschiedenen Stellen der Bundesverwaltung mit dem Thema Informationssicherheit, mit Entwicklung und Überprüfung von Kryptoverfahren, befasst.

Zum BSI kam Könen im Jahr 2006, zunächst als Leiter des Stabes des Präsidenten. In der Folge führte er die Fachbereiche „Koordination und Steuerung“ sowie „Sicherheit in Anwendungen und kritischen Infrastrukturen“. Zuletzt war er vor seiner Ernennung zum Vizepräsidenten Abteilungsleiter „Beratung und Koordination“.

„Architekt der heutigen Bundes-IT

Der Zeuge Schallbruch, der zweite, den der Ausschuss am nächsten Donnerstag hören will, sollte wie kein anderer in der Lage sein, die Frage im Untersuchungsauftrag nach einer „Strategie zum Schutz vor unberechtigtem Zugriff auf Daten oder Abfluss von Daten aus IT-Systemen des Bundes“ zu beantworten. Schallbruch eilt der Ruf voraus, „Architekt der heutigen Bundes-IT“ zu sein, wie es vor einiger Zeit im „Behörden-Spiegel“ über ihn hieß.

Er war fast zwei Jahrzehnte lang im Bundesinnenministerium mit Informationstechnik befasst, zunächst seit 1998 als persönlicher Referent der damaligen Staatssekretärin Brigitte Zypries, dann seit 2002 als „IT-Direktor“ in einer Funktion, die eigens für ihn geschaffen worden war. Nach der Verabschiedung des von ihm entwickelten Konzepts „IT-Steuerung Bund“ durch das Kabinett Ende 2007 wurde er 2008 IT-Beauftragter seines Ministeriums und 2014 Abteilungsleiter „Informationstechnik, Digitale Gesellschaft und Cybersicherheit“.

US- und britische Abhörmaßnahmen

Schallbruch war im Innenministerium an wesentlichen Weichenstellungen auf seinem Fachgebiet beteiligt, etwa der Einführung des biometriegestützten Reisepasses, der „Initiative Bund-online 2005“ sowie dem Projekt eines elektronischen Personalausweises. Im Februar 2016 versetzte Innenminister Dr. Thomas de Maizière ihn dennoch ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand. Seit Anfang Mai 2016 ist Schallbruch stellvertretender Direktor am „Digital Society Institute“ der Berliner European School of Management and Technology.

Von besonderem Interesse für den Ausschuss ist der Zeuge durch den Umstand, dass seine Dienstzeit im Innenministerium den gesamten Untersuchungszeitraum umfasst. Er ist also auch ein geeigneter Ansprechpartner für die an verschiedenen Stellen des Einsetzungsbeschlusses thematisierte Frage, inwieweit die Bundesregierung „oder durch sie mit sicherheitsrelevanten (auch IT-) Aufgaben Beauftragte“ Kenntnis von Abhörmaßnahmen US-amerikanischer oder britischer Geheimdienste in Deutschland hatten, von denen der US-Geheimdienstdissident Edward Snowden im Sommer 2013 berichtet hatte.

Könen in Washington

In jüngster Zeit hat der Ausschuss etliche Zeugen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gehört, die erklärten, die Behauptungen Snowdens für plausibel zu halten, ihre Richtigkeit aber in keinem Fall nachweisen zu können. Indes sei davon auszugehen, dass unverschlüsselte Mobilfunkgespräche auch aus Botschaften verbündeter Staaten abgehört werden. Mehrere dieser Zeugen bekundeten ihr Unverständnis für den Leichtsinn früherer Bundesregierungen, zugelassen zu haben, dass sich wichtige diplomatische Vertretungen mitten im Berliner Regierungs- und Parlamenstviertel ansiedeln konnten.

Von dem BSI-Vize Könen wird der Ausschuss wissen wollen, was er am 22. April 2013 in Washington mit der National Security Agency (NSA) zu bereden hatte. Aus den Snowden-Papieren geht hervor, dass er an diesem Tag mit einer Delegation seiner Behörde dort zu Besuch war. (wid/15.06.2016) 

Zeit: Donnerstag, 23. Juni 2016, 11 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4.900

Interessierte Besucher können sich im Sekretariat des Untersuchungsausschusses bis Mittwoch, 30. September, 13 Uhr, unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums und Geburtsorts anmelden (E-Mail: 1.untersuchungsausschuss@bundestag.de, Fax: 030/227-30084). Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der geladenen Zeugen