Menu | Plenum | Parlaments-TV |
Der 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex) setzt am Donnerstag, 23. Juni 2016, seine Zeugenvernehmung in öffentlicher Sitzung fort. Unter Vorsitz von Dr. Hans-Joachim Krüger (SPD) befragen die Mitglieder ab 13 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin zwei Mitarbeiter der Abwicklungsgesellschaft Clearstream und jeweils einen Mitarbeiter der Deutschen WertpapierService Bank (dwpbank) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dabei geht es um die Schritte, die von der Finanzverwaltung und der Kreditwirtschaft unternommen wurden, um steuermissbräuchliche Aktienleerverkäufe über ausländische Banken zu unterbinden.
Als Zeugen geladen sind von Clearstream-Vorstand Mathias Papenfuß und Thomas Rockstroh. Von der dwpbank soll Steuerjurist Jürgen Nording gehört werden. Beide Unternehmen haben an einem Konzept mitgearbeitet, das letztendlich zum OGAW-IV-Umsetzungsgesetz führte, mit dem ab 2012 die Neuregulierung des Kapitalsteuerabzugs bei Dividendenzahlungen durchgesetzt wurde.
Damit war nicht mehr die Aktiengesellschaft, sondern die auszahlende Bank zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Fließt das Geld an eine ausländische Bank, muss die letzte inländische Stelle - in den meisten Fällen Clearstream - den Steuerabzug vornehmen. Eine Steuerbescheinigung darf nur von demjenigen ausgestellt werden, der auch den Steuerabzug vorgenommen hat.
Die Bundesregierung erklärte dazu im Mai 2013 in einer Antwort (17/13638) auf eine Kleine Anfrage der Linken: „Da Steuerabzug und Steuerbescheinigung nunmehr in einer Hand sind und es sich hierbei immer um einen Inländer handelt, kann bei dieser Stelle die Einhaltung der Besteuerungsregelungen effektiv überprüft und damit Missbrauch verhindert werden.“
Clearstream ist eine Tochter der Deutschen Börse und nach eigenen Angaben für das weltweite Abwickeln von Wertpapiergeschäften und das Verwahren von Wertpapieren verantwortlich. Über die Dauer der Verwahrung betreut Clearstream die Vermögenswerte und bietet Services wie die Umsetzung von Kapitalmaßnahmen, Dividendenzahlungen oder Steuerdienstleistungen an.
Die dwpbank versteht sich als marktführender Dienstleister in der Wertpapierabwicklung am Finanzplatz Deutschland. Etwa drei Viertel aller Banken in Deutschland nutzen die Dienstleistungen der dwpbank rund um die Wertpapierabwicklung.
Von der BaFin ist Peter Kruschel geladen, Direktor in der Bankenaufsicht. Die BaFin hatte im Februar wegen der Auswirkungen möglicher Steuerrückforderungen fast alle deutschen Banken befragt, ob und wie sie in Cum/Ex-Geschäfte verwickelt waren. Zur Begründung hatte die BaFin erklärt: "Es zeigt sich, dass Cum/Ex-Geschäfte auch auf die Solvenz eines Instituts durchschlagen und die finanzielle Überlebensfähigkeit nachhaltig erschüttern können.“
Zudem lägen inzwischen über die bekannten Einzelfälle hinaus Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Vielzahl von Instituten betroffen sein könnte. Anfang Februar hatte die BaFin die Schließung der Frankfurter Maple Bank angeordnet, weil im Zusammenhang mit Cum/Ex-Aktiendeals erforderliche Steuerrückstellungen deren Eigenkapital aufgezehrt hätten.
Der Ausschuss soll die Ursachen der Entstehung dieser Geschäfte und ihre Entwicklung untersuchen und klären, ob und wenn ja, wann – rechtzeitig – geeignete Gegenmaßnahmen von Stellen des Bundes ergriffen wurden, ob diese ausreichten und wer gegebenenfalls jeweils die Verantwortung in diesem Zusammenhang trug.
Die Bundesregierung hatte nach eigenem Bekunden (18/1603) Cum/Ex-Geschäfte lange lediglich als abstrakte Möglichkeit gesehen und nicht als Gestaltungsmodell. Erst nach dessen Bekanntwerden 2009 habe man reagiert. (mwo/16.06.2016)