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Berlin: (hib/FLA) Neue Turbulenzen um den Bundesnachrichtendienst (BND) haben heute die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses durcheinandergewirbelt. Er brach seine Zeugenvernehmung zu BND und Bundeskanzleramt ab. Vorsitzender Professor Patrick Sensburg sprach von einem „hochsensiblen Vorgang“. Dessen Ausmaß zeichne sich jetzt erst durch einen Beweisbeschluss des Ausschusses vom Februar dieses Jahres ab.
Dem BND wird vorgeworfen, der NSA beim Ausspionieren deutscher und westeuropäischer Ziele geholfen zu haben - darunter die Rüstungskonzerne EADS und Eurocopter sowie französische Behörden. Technisch funktionierte das laut Spiegel-online über „Selektoren“ - IP-Adressen oder Handy-Nummern, die der US-Geheimdienst den deutschen Kollegen lieferte und die vom BND in seine weltweite Überwachungsmaschinerie eingespeist wurden. Dass es dabei nicht korrekt zuging, sei bereits seit 2008 im BND mehrfach aufgefallen, ohne dass Konsequenzen gezogen wurden.
Konstantin von Notz, Obmann von Bündnis90/Die Grünen), meinte, es bestätige sich „ein Verdacht, den wir von Anfang an hatten“. „Skandalös“ sei der Vorgang. Das Projekt der Zusammenarbeit zwischen BND und ausländischen Diensten erweise sich als „trojanisches Pferd“. Spätestens seit 2005 hätte das Vorgehen der NSA beim BND bekannt sein müssen. Beim Bundeskanzleramt machte er „ein ganz klares Problem bei der Fachaufsicht über den BND“ aus. Der Untersuchungsausschuss müsse jetzt die Listen mit den Selektoren bekommen, „um zu verstehen, welche Daten abgeflossen sind“. Personelle Konsequenzen forderte er ausdrücklich nicht. Dann ließen sich die Verantwortlichkeiten nicht mehr klar feststellen.
SPD-Obmann Christian Flisek stufte das Geschehen als „sehr gravierenden Vorgang“ ein. Aufzuklären sei, welches Verschulden den BND treffe und inwieweit die Rechts- und Fachaufsicht des Kanzleramtes berührt sei. Die USA hätten stets verneint, dass sie in Deutschland Wirtschaftsspionage betrieben: Das sei nun womöglich „in einem ganz neuen Licht“ zu sehen. Dafür gebe es auf jeden Fall „starke Indizien“.
Linken-Obfrau Martina Renner machte einen „Spionageskandal“ aus, „der seinesgleichen sucht“. Sie forderte den Rücktritt von BND-Präsident Gerhard Schindler. Dass er die Vorgänge verschwiegen habe, müsse Konsequenzen haben. Sie machte ein Versagen der Rechts- und Fachaufsicht im Bundeskanzleramt aus. Es gebe „ein Problem mit Geheimdiensten in diesem Land“. Der Generalbundesanwalt müsse sofort ein Ermittlungsverfahren aufnehmen - „von Spionage bis Landesverrat“.
Die Unions-Fraktion nehme „die Vorwürfe sehr ernst“, sagt Obfrau Nina Warken (CDU). Ihnen nun nachzugehen gehöre zum „Kernbereich“ des Untersuchungsauftrags, den der Ausschuss habe. Die Arbeit werde jetzt neu geplant, um „ganz zeitnah“ zu einem Ergebnis zu kommen. Dabei gehe es auch um die Frage, ob und welchem Umfang tatsächlich ein Schaden eingetreten ist.
Erst im Gefolge der Snowden-Enthüllungen wurde die NSA-Liste BND-intern überprüft. Im Oktober 2013 seien 2.000 Suchvorgaben ausgemacht worden, die deutschen und westeuropäischen Interessen zuwiderliefen, wie es heißt. Die neuerliche Überprüfung im Auftrag des NSA-Untersuchungsausschuss habe jetzt gar 20.000 solcher Ziele ermittelt.
Im seinem ersten Arbeitsjahr habe es der Ausschuss geschafft, den gesamten Teilbereich der Auslands-Überwachung „aus dem Graubereich herauszuholen“, hatte Flisek am Morgen eine Bilanz gezogen. Er begrüßte, dass die Bundesregierung nun ein Gesetz vorlegen wolle, in dem auch für die Überwachung des Transitdatenverkehrs Standards gesetzt werden sollen. Flisek wollte das als „Vorleistung“ verstanden wissen: Andere Staaten sollen dann bei ihren Aktivitäten „auch deutsche Rechte schützen“. Die SPD peile an, dass die G-10-Kommission des Bundestags nicht nur mit der Überwachung von Deutschen befasst wird, sondern künftig auch den Umgang des BND mit den Transitdaten kontrolliere.
„Ich bin skeptisch, ob das ein guter Schritt ist“, äußerte sich von Notz zurückhaltend zum angekündigten Gesetzesvorstoß: „Jetzt huscht man noch schnell vor der Sommerpause um die Ecke“, obwohl doch der NSA-Untersuchungsausschuss nicht einmal einen Zwischenbericht vorgelegt habe. In jedem Fall müsse es zu weniger Überwachung kommen. Und auch bei den ausländischen Daten dürfe es nicht bei der „Anlasslosigkeit der Überwachung“ bleiben.
Warken erklärte, einer „rechtlichen Klarstellung“ wolle sich CDU/CSU nicht verschließen. Die „Diskussion“ darüber sei sinnvoll. Sie beschied: Es dürfe „nicht zu einer Amputation der Rechte des BND“ kommen.
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