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Berlin: (hib/pjh) Wie konnte es sein, dass die BND-Spitze und die Bundesregierung 2013 nicht darüber informiert wurden, dass die amerikanische National Security Agency (NSA) den Bundesnachrichtendienst jahrelang dazu benutzte, Ziele auszuspähen, die nach Einschätzung von BND-Mitarbeitern gegen deutsche Interessen verstieß? Der Frage ging der NSA-Untersuchungsausschuss in einer Sondersitzung an diesem Mittwoch nach. Zu diesem Zweck hatte das Gremium unter der Leitung des Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) drei Mitarbeiter geladen, die direkt mit der Liste der Ziele, so genannte Selektoren, befasst waren.
Als ersten Zeugen hörte das Gremium den Sachbearbeiter W.O., der in der BND-Abhörstation im oberbayerischen Bad Aibling mit der Prüfung der von den Amerikanern angeforderten Selektoren beauftragt war. Sensburg fragte, wie es zu den unterschiedlichen Zahlen kommen könne, die über das Ausmaß der vom BND abgelehnten Selektoren in der Öffentlichkeit kursieren. W.O. erläuterte, dass dies mit den unterschiedlichen technischen Darstellungsformen zusammenhinge, die für die Überwachung in verschiedenen Netzen notwendig sei. So könnten mehrere Selektoren nötig sein, um eine einzige Telefonnummer zu überwachen.
W.O. gab zudem an, dass es vor 2013 keine außergewöhnlich hohen Ablehnungsraten für Selektoren durch den BND gegeben habe. Erst als er von seinem Dienststellenleiter den Auftrag bekam, die von den Amerikanern gelieferte Liste auf europäische Politiker zu überprüfen, sei die Zahl in die Höhe gesprungen. Die Überprüfung war in der BND-Zentrale in Pullach durch den Unterabteilungsleiter D.B. in Auftrag gegeben worden, der ebenfalls als Zeuge verhört wurde. Er hatte in der vergangenen Sitzung des Ausschusses angegeben, trotz der zahlreichen Funde keine Meldung an die Hausspitze durchgeführt zu haben. Auf die Frage, warum nicht, berief er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Christian Flisek, Obmann der SPD im Ausschuss, monierte diesbezüglich, dass es angesichts der Enthüllungen von Edward Snowden 2013 eine „mangelnde Sensibilität“ im BND gegeben habe. Es stehe ein massives Organisationsversagen im Raum - und damit auch ein „massives Versagen der Aufsicht.“ Der Ausschuss hörte zudem noch den Unterabteilungsleiter W.K, den Vorgänger von D.B..
Die Opposition kritisierte, dass sie die Liste der Selektoren nach wie vor nicht einsehen könne. Martina Renner, Obfau der Linken, erinnerte daran, dass die Zeugen sich in Vorbereitung der Sitzungen sehr wohl Einblick in die Listen nehmen könnten, während die parlamentarischen Aufklärer dazu noch keine Gelegenheit hatten. „In jedem ordentlichen Gerichtsverfahren würde das zu einem Abbruch führen“, so Renner. Auch der Obmann der Grünen, Konstantin von Notz, beklagte, dass die Listen noch nicht vorlägen. „Während wir sprechen, wurden die Selektoren in Deutschland abgeschaltet. Aber in anderen Gebieten der Welt laufen sie weiter“, so von Notz. Die Bundesregierung habe die Pflicht, die Betroffenen zu informieren, wenn sie auf der Liste stünden.
Nina Warken, Obfrau der Unionsfraktion, nahm die Bundesregierung hingegen in Schutz. „Wir müssen nicht genau wissen, was auf den Listen steht, sondern ob gegen deutsches Recht verstoßen wurde“, sagte sie. Die Bundesregierung bemühe sich, hier ein geeignetes Verfahren zu finden, um dies herauszufinden.
Morgen folgt die nächste reguläre Sitzung des Untersuchungsausschusses. Geladen sind Hartmut Pauland, der zuständige Abteilungsleiter für Technische Aufklärung, und BND-Präsident Gerhard Schindler.
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