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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 30. November 2015)
- bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung-
„Mir ist es wichtig, die freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer ganz konkret zu stärken“. Dies betonte der haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, in einem Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 30. November). Ohne diese Helfer und ihre Organisationen würde vielerorts nämlich „gar nichts laufen“. Deshalb habe der Bundestag bei den Haushaltsberatungen für 2016 beim Technischen Hilfswerk (THW) auch 208 neue Stellen bewilligt und bis 2018 jedes Jahr acht Millionen Euro Selbstbewirtschaftungsmittel für die Ortsverbände bewilligt. Außerdem werde auch noch der Verdienstausfall der ehrenamtlichen Helfer mitvergütet.
Kahrs geht davon aus, dass wie vom Bundestag beschlossen der Bund auch im kommenden Jahr keine neuen Kredite aufnehmen muss. „Wenn dann wirklich deutlich mehr Flüchtlinge kommen, dann müsste man vielleicht über einen Nachtragshaushalt reden“, sagte er. Wirklich absehen könne dies zurzeit aber niemand.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Kahrs, kein Gesetzentwurf verlässt den Bundestag so wie er hineingekommen ist. Das war auch beim Haushalt 2016 der Fall. Gegenüber dem Regierungsentwurf gab es eine Steigerung der Ausgaben um 4,9 Milliarden Euro auf insgesamt 316,9 Milliarden Euro. Warum?
Das hängt vor allem mit dem im Sommer noch nicht vorhersehbaren Anstieg der Flüchtlinge und Asylsuchenden zusammen. Dafür stellen wir alleine 7,5 Milliarden Euro bereit. Kommunen und Länder erhalten davon 3,3 Milliarden Euro. Das Bundministerium für Arbeit und Soziales und das Innenministerium kriegen mehr Geld für Integration, Soziales und innere Sicherheit. Das Auswärtige Amt bekommt 400 Millionen Euro mehr für humanitäre Hilfe und Krisenprävention. Wir haben aber auch jenseits des Flüchtlingsthemas weiter Politik gemacht. So haben wir 500 Millionen Euro mehr für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt und wir werden 700 Millionen Euro mehr ausgegeben für Regionalisierungsmittel. Die freiwerdenden Mittel aus dem Betreuungsgeld werden für Verbesserungen in der Kinderbetreuung ausgegeben, das sind nächstes Jahr rund 350 Millionen Euro.
Allein das Ministerium für Arbeit und Soziales bekommt 2,6 Milliarden Euro mehr. Wozu soll das Geld verwendet werden?
Wir nehmen 400 Millionen Euro für Eingliederungs- und Bildungsmaßnahmen für Flüchtlinge in die Hand. Wir stellen 300 Millionen Euro bereit, damit die Jobcenter auch richtig aufgestellt werden. Der Rest ist Hartz IV: Wenn Flüchtlinge anerkannt sind, dann stehen ihnen Leistungen nach SGB II zu.
Eine Milliarde Euro mehr bekommt das Innenministerium. Wer profitiert?
Also 250 Millionen geben wir alleine mehr für Integrationskurse aus. Insgesamt stehen somit 560 Millionen Euro für Integrationskurse bereit. Wir finden, wenn Menschen nach Deutschland kommen, ist das allerwichtigste, dass sie Deutsch lernen, damit sie sich hier anpassen, eingewöhnen, unsere Werte übernehmen. Dazu brauchen sie auf jeden Fall die Sprache. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhält 2.700 mehr Stellen als geplant und wird auch noch mit 1.000 Stellen temporären Kräften gestärkt. Wir haben 3.000 neue Stellen bei der Bundespolizei beschlossen, eine ganz wichtige Entscheidung, die aus meiner Sicht überfällig war. Das heißt, es kommt einmal richtig Geld auch ins Innenministerium, weil die die helfen oder für die Sicherheit sorgen, die muss man auch in die Lage dazu versetzen.
Und das Technische Hilfswerk?
Das sind die Dinge, die wir selber durchgesetzt haben. Wir haben dem THW 208 neue Stellen und bis 2018 jedes Jahr acht Millionen Euro Selbstbewirtschaftungsmittel für die Ortsverbände gegeben. Weil die Mitarbeiter im THW alle freiwillig und ehrenamtlich arbeiten, haben wir ihnen auch noch den Verdienstausfall mitvergütet. Das sind alles Gelder, die oben drauf gekommen sind. Mir ist es ganz wichtig, dass wir neben den großen Ausgabenblöcken für Soziales und Integration vor allem dafür sorgen, dass wir die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer ganz konkret stärken. Ohne diese Helfer und ihre Organisationen würde vielerorts nämlich gar nichts laufen. Das gilt vor allem für den THW und die Bundespolizei aber auch für viele andere Organisationen und Initiativen.
Und welche Ministerien werden noch bedacht?
Wir haben unter anderem 15 Millionen mehr für C1-Sprachkurse im Bereich des Familienministeriums ausgegeben. Das sind die Sprachkurse für Leute, die studiert haben oder studieren wollen. Außerdem haben wir einen 200 Millionen Euro höheren Ansatz für Elterngeld und 20 Millionen Euro mehr für die Integrationsbeauftragte im Kanzleramt.
Dabei wird von 800.000 Flüchtlingen im kommenden Jahr ausgegangen. Und wenn mehr kommen?
Wir haben eine Reserve geschaffen: Gelder, die bis zum Jahresende nicht mehr ausgegeben werden oder zusätzlich rein kommen, überführen wir ins nächste Jahr. Das werden hoffentlich noch eine bis zwei Milliarden Euro sein, die wir dann flexibel haben. Wir gehen davon aus, dass wir auch im nächsten Jahr mehr einnehmen als geplant. Wenn dann wirklich deutlich mehr Flüchtlinge mehr kommen, dann müsste man vielleicht über einen über Nachtragshaushalt reden. Wirklich absehen kann das zurzeit einfach niemand.
Welche Risiken sehen Sie sonst noch im Etat 2016?
Das größte Risiko ist mittelfristig das Zinsrisiko. Durch die historisch niedrigen Zinsen spart der Bund über 20 Milliarden Euro im Jahr. Das wird nicht ewig so bleiben. Zudem weiß keiner, ob sich der Ölpreis und der Eurokurs weiter so günstig entwickeln oder ob die deutsche Wirtschaft weiter so gut läuft.
Und wo liegen die Chancen?
Die Investitionen der Großen Koalition in Höhe von insgesamt 23 Milliarden Euro in die Infrastruktur und für die Kommunen müssen jetzt erst mal greifen. Das kann dann einen positiven Schub für die Wirtschaft bringen. Auch bei den Flüchtlingen gibt es Chancen, wenn diese in vier, fünf Jahren auf den Arbeitsmarkt kommen. Dann kann das für uns langfristig ein großer Gewinn werden.
Der Bundestag hat beschlossen, 2016 keine neuen Kredite aufzunehmen. Werden wir das auch in einem Jahr noch rückblickend bestätigen können?
Wir Sozialdemokraten haben seit Beginn dieser Koalition darauf gedrungen, dass wir keine neuen Schulden machen. Wir haben in der letzten Großen Koalition eine Schuldenbremse eingeführt und wir fanden jetzt, wo es uns gut geht, muss man alles dafür tun, dass wir keine neuen Schulden machen. Das ist uns schon 2014 und 2015 gelungen. Wir wollen alles dafür tun, dass es uns auch in 2016 gelingt. Auf der anderen Seite ist die Integration von Flüchtlingen wichtig. Wir haben extra Reserven gebildet, dass uns das ohne neue Schulden gelingt. Keiner weiß, ob das reicht. Die SPD ist aber der Auffassung, dass wir die Flüchtlingszahlen deutlich runterdrücken müssen. Wir können nicht nächstes Jahr nochmal eine Million Flüchtlinge aufnehmen. Wenn uns das nicht gelingt, weil die Koalition sich nicht einigen kann oder weil die Länder auch ihren Teil nicht leisten, was zum Beispiel die Abschiebung angeht, dann wird es schwierig.
Herr Kahrs, zwei Jahre Große Koalition. Sind die ehemaligen ,,Lieblingsfeinde“ in der Zeit zu Freunden geworden?
Man muss in einer Koalition immer sehen, dass man das Beste fürs Land hinkriegt. Wir hätten lieber mit den Grünen koaliert, die CDU lieber mit der FDP. Die FDP ist gar nicht reingekommen. Bei uns hat es nicht gereicht. Deswegen haben wir uns zusammengerauft. Aber im Gegensatz zu der Schwarz-Gelben Koalition haben wir nicht immer nur verhindert, dass der andere Erfolg hat, sondern wir haben immer dafür gesorgt, dass beide vorkommen. Das heißt für die SPD, wir haben den Mindestlohn durchgesetzt. CDU und CSU haben die Pkw-Maut gekriegt – ob die kommt, entscheidet am Ende Europa. Aber so rauft man sich zusammen. Das ist wie in einer Ehe, in der man Kompromisse machen muss. Wir machen Kompromisse. Ich glaube aber fürs Land gute Kompromisse.
Und wie geht es weiter bis 2017?
Ich würde 2017 gerne den Bundeskanzler stellen. Ich glaube, Sigmar Gabriel kann das. Der will das und er hat auch einen Plan.
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