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Die Verteilung von über einer Milliarde Euro Fördermittel jährlich für ländliche Regionen wird angepasst. Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, 7. Juli 2016, für die Änderung der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) gestimmt auf Grundlage eines Regierungsentwurfs (18/8578, 18/8958) in der vom Landwirtschaftsausschuss geänderten Fassung (18/9074) angenommen.
Damit wird das Förderspektrum um Maßnahmen zur Unterstützung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes um Fördermöglichkeiten im ländlichen Tourismus außerhalb landwirtschaftlicher Betriebe, zur Umnutzung nichtlandwirtschaftlicher Bausubstanz sowie Investitionen in nichtlandwirtschaftliche Kleinstbetriebe erweitert. Bei Enthaltung der Grünen scheiterte Die Linke mit einem Entschließungsantrag (18/9102), die integrierte ländliche Entwicklung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern in den Artikel 91a des Grundgesetzes aufzunehmen.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hob zur Begründung des Entwurfs hervor, dass das Land mit 85 Prozent der Fläche den größten Teil Deutschlands ausmache, die Hälfte der Bevölkerung dort lebe und sich im ländlichen Raum bewege. „Dieser Raum hat einen Anspruch darauf, dass er nicht vergessen wird.“ Als größte Herausforderung stellt sich nach Ansicht des Ministers die demografische Entwicklung vieler ländlicher Gebiete dar.
Bereits in diesem Jahr soll es für die Erweiterung des Aufgabenspektrums rund 30 Millionen Euro mehr geben. Für das Jahr 2017 sollen den 600 Millionen Euro Bundesmitteln weitere 100 Millionen Euro über den Sonderrahmenplan Hochwasserschutz und 65 Millionen Euro für die ländliche Entwicklung zugeschlagen werden. Dadurch soll nicht nur die Landwirtschaft modern und leistungsfähig gehalten werden, sondern auch eine mittel- und langfristige Stärkung des ländlichen Raumes erreicht werden. Letzten Endes sollen die Investitionen die Abwanderung junger Menschen vom Land stoppen. „Das ist unsere Kernaufgabe“, sagte Schmidt.
„Die GAK ist wichtig“, meinte Heidrun Bluhm (Die Linke), „aber es ist schade, dass die Gemeinschaftsaufgabe nicht umgestaltet wurde zur Aufgabe für ländliche Entwicklung.“ Nach Ansicht der Linken brauche es eine wirkungsvolle, umfassende und integrierte Förderung des ländlichen Raumes, denn in manchem Landstrich stünden Kindertagesstätten oder Einzelhändler vor existenziellen Fragen aufgrund fehlender Perspektiven.
„Es wäre ein großer Schritt notwendig, aber die Regierung ist nicht entschlossen genug vorangegangen“, monierte Blum, die sich vom Gesetzentwurf enttäuscht zeigte. Nicht nur verfehle die Regierung ihr Ziel aus dem Koalitionsvertrag, die ländlichen Regionen entwickeln zu wollen, sondern unterfüttere ihre Pläne bei der Reform der GAK mit zu wenig Geld. „200 Millionen Euro mehr sind erforderlich.“ Die Linke forderte deshalb eine Grundgesetzänderung zur Neuausrichtung der Bund-Länder-Kompetenzen, um die Daseinsvorsorge auf dem Land zu fördern, statt nur die Agrarstruktur.
Willi Brase (SPD) hob indes hervor, dass die durch die Koalition beschlossene Reform geeignet sei, die Weiterentwicklung auf dem Land voranzutreiben sowie Chancen und Perspektiven zu bewahren. Der ländliche Tourismus werde gestärkt und die dörfliche Baustruktur gefördert. „Das wird durch die Novelle möglich“, fasste Brase zusammen. Ziel sei es, die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf den Weg zu bringen.
Mit der Reform würden auch die Rahmenbedingungen zur Verwaltung der Fördermaßnahmen einfach gehalten. Die bereits geübte Praxis hinsichtlich der Gebietskulissen werde berücksichtigt und es sei möglich, Anträge, die mehrjährig laufen, nicht jedes Mal umfänglich neu begründen zu müssen. Auch soll der Mittelabfluss „vernünftig“ gestreckt und übertragbar gemacht werden, damit Fördermittel nicht verloren gehen.
„Der große Wurf ist das nicht“, meinte hingegen Markus Tressel (Bündnis 90/Die Grünen), der eine Strategie einforderte, die sich nur auf die Landwirtschaft konzentriere. Seit 1993 habe sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe halbiert und die Bruttowertschöpfung sei um rund 20 Prozent zurückgegangen.
„Die Ungleichheit der Entwicklung der Lebensräume nimmt zu“, konstatierte Tressel.
Doch statt der nötigen Grundgesetzänderung komme ein „Reförmchen“. Die Große Koalition mache weiter nur Landwirtschaftspolitik und nicht Politik für die ländlichen Räume. „Wenn etwas nicht der Landwirtschaft dient, kann es nicht gefördert werden“, kritisierte der Grüne, der die zusätzlichen Mittel der Regierung als einen Tropfen auf den heißen Stein bezeichnete.
Als entscheidenden Paradigmenwechsel von gesellschaftlicher Bedeutung hob Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) die Reform des GAK-Gesetzes hervor. Der Fokus der Fördermöglichkeiten werde über die Landwirtschaft hinaus im Interesse des ländlichen Raumes erweitert. Zusammen mit den Ländermitteln würden bereits dieses Jahr 1,2 Milliarden Euro Fördermittel ausgegeben. Und weil für die Zukunft alternative Entwicklungen für den ländlichen Raum gebraucht würden, schaffe die Reform die nötigen Voraussetzungen.
Dass der Agrarbezug im Zentrum der Gemeinschaftsaufgabe stehe, schmälere die Absicht, die hinter der Novelle stehe, nicht. Die Förderung neuer Maßnahmen dürfe ohnehin nicht zulasten der „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz“ gehen. Denn über alle Reformbestrebungen bleiben die Bauern bedeutend für den ländlichen Raum. „Die Bauernschaft ist kein Berufstand wie jeder andere“, sagte von der Marwitz, denn sie sichere die Existenz. (eis/07.07.2016)