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Demonstration gegen Rassismus und Rechtsextremismus vor dem Oberlandesgericht München © picture-alliance/Sven Simon
Eine offene Flamme – Streichholz etwa oder Feuerzeug – hat die benzingetränkte Wohnung der mutmaßlichen NSU-Terroristen in Brand gesetzt und die anschließende Explosion herbeigeführt. Davon gab sich der Brandermittler der Zwickauer Kriminalpolizei, Frank Lenk, überzeugt. Von der Tür aus sei das Entzünden durchaus möglich gewesen. Hätte sich jemand mitten in der Wohnung befunden, wäre er chancenlos gewesen, sagte er am Donnerstag, 18. Februar 2018, als Zeuge in einer Sitzung des 3. Untersuchungsausschusses des Bundestags („Terrorgruppe NSU II“) unter der Leitung von Clemens Binninger (CDU/CSU).
Um diesen Punkt kreisten die Eingangsfragen, die deutlich machten, wie sehr im Detail der Ausschuss den Einzelheiten des Geschehens vom 4. November 2011 im Haus Nummer 26 an der Frühlingsstraße im Zwickauer Stadtteil Weißenborn nachspüren will – auch um sich mit möglichen Verschwörungstheorien auseinanderzusetzen. In einer der Wohnungen wohnte das mutmaßliche Terror-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Das Haus wurde bei der Suche nach möglichen Verstecken in Hohlräumen abgerissen.
Kriminalhauptmeister Lenk versicherte, dass die Brandstelle von vornherein gegen unbefugtes Betreten gesichert war: Das war ein Punkt der eingehenden Nachfragen. Außer ihm stand Kriminaldirektor Thomas Werle vom Bundeskriminalamt den Abgeordneten Rede und Antwort. Er sprach davon, dass die „Ermittlungen von allen Seiten mit großer Vehemenz und sehr engagiert“ geführt worden seien.
In den ersten Tagen sei das Informationsaufkommen geradezu „explodiert“. Besondere Umsicht habe dem Umgang mit den Asservaten gegolten. Weil sie nass und feucht waren, sei besondere Vorsicht erforderlich gewesen. Ausgebreitet waren die Spuren in einer Halle der Polizei mit Platz für vier Autobusse. Der Brandschutt sei „Schaufel für Schaufel gesiebt“ worden.
Lenk hatte zuvor mit der Vorführung eines Teils von 1.088 Ermittlungsfotos dargelegt, wie der Polizei nach der Explosion Schritt für Schritt die Dimension des Ereignisses deutlich wurde. Zunächst habe er gedacht, das sei „eigentlich ein ganz normaler Brand“ – entstanden durch ein Benzin-Luft-Gemisch.
Gegen Mitternacht gab aber dann ein Bürger einen brisanten Hinweis: Noch am Vortag habe vor dem Haus ein Wohnmobil geparkt – just jenes, das Stunden vor der Zwickauer Explosion in Eisenach ausgebrannt war. Mundlos und Böhnhardt hatten so Selbstmord begangen, wie sich später herausstellte. Nach dem Tipp beschlagnahmte Lenk das gesamte Gebäude, weil die Sicherheit von Spuren hohe Priorität bekam.
Nach Abstützung der stark beschädigten Wohnung begann am anderen Tag die eingehende Untersuchung. Dabei wurden Handschellen gefunden, deren Kennung auf die ermordete Polizistin Kiesewetter hinwies. Überdies fiel dann ein Schnellhefter mit Prospekthüllen ins Auge, in denen Zeitungsartikel steckten – durchnummeriert von eins bis neun. Lenk: „Das waren die Morde eins bis neun.“
Vorher schon waren in der Wohnung und im Brandschutt elf Waffen gefunden worden, darunter auch die Pistole vom Typ Ceska, mit der zwischen 2000 und 2006 in sechs deutschen Städten neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen worden waren. Schließlich stieß die Polizei auf über 30 DVD. Auf deren Hüllen wurde sie erstmals mit dem Kürzel „NSU“ konfrontiert – Nationalsozialistischer Untergrund.
Die Tatwaffe, die DVD: Das war, eine Woche nach der Explosion, der Zeitpunkt, an dem das Bundeskriminalamt eingeschaltet worden war, wie Werle berichtete. Es sei erkannt worden, welche Dimension der Fall hatte: die Mordserie und dann noch der rechtsextreme Bezug.
Insgesamt waren es zuletzt 1.800 Spuren, die von der Zwickauer Polizei gesammelt wurden. 400 kamen – etwa bei DNA-Analysen – noch hinzu. Zu den Spuren zählen Turnschuhe und Masken, Ausweise und Pässe – unter anderem auf dem Namen Zschäpe –, angekokelte und unversehrte Geldscheinbündel, Sparkassenbanderolen von Überfällen. Vier Überwachungskameras und Funksensoren an den Türen waren in die Wohnung eingebaut.
Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende des Zwickauer Wohnungs-Trios. Sie muss sich gegenwärtig vor dem Oberlandesgericht München unter anderem für den Vorwurf verantworten, die Explosion in Zwickau herbeigeführt zu haben. (fla/18.02.2016)