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Die zu einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltigen Entwicklung am Mittwoch, 8. Juni 2016, geladenen Experten sprechen sich für die Aufnahme des Staatsziels der Nachhaltigkeit in das Grundgesetz aus. Damit wäre die Gesetzgebung ausdrücklich verpflichtet, Vorsorge für die dauerhafte Befriedigung von Gemeinschaftsinteressen zu treffen, sagte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier.
Durch eine grundgesetzliche Verankerung könne das Ziel der Nachhaltigkeit stärker in die gesellschaftliche Debatte eingebracht werden, befand die Präsidentin und Mitgründerin der Humboldt-Viadrina Governance Platform gGmbH, Prof. Dr. Gesine Schwan. Für Prof. Dr. Joachim Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer ist das Staatsziel Nachhaltigkeit „keine Fesselung des Gesetzgebers, sondern eher eine Ermahnung, auch an längerfristige Wirkungen zu denken“.
Aus Sicht von Hans-Jürgen Papier hat das Grundgesetz sich nicht zuletzt deshalb in hohem Maße bewährt, weil es sich von Anfang an auf die Normierung präziser und justiziabler Gewährleistungen, Rechte und Pflichten beschränkt habe und es vermieden worden sei, „durch wohlklingende, rechtlich aber ziemlich sinnlose Versprechen und Verheißungen insgesamt seiner Entwertung, Injustiziabilität und Unverbindlichkeit Vorschub zu leisten“.
Daher, so der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sei eine „dysfunktionale Aufblähung des Grundgesetzes durch allerlei Wünschbares und semantische Wohltaten“ wie etwa die Förderung der Kultur oder des Sports durchaus kritisch zu sehen. Im Falle der Nachhaltigkeit gehe es aber um die „explizite Konkretisierung eines elementaren Rechtsprinzips, nämlich des Demokratieprinzips“.
Die Unschärfe des Begriffes Nachhaltigkeit ist aus Sicht von Gesine Schwan „nicht schädlich“. Sie erfordere in der konkreten Anwendung eine jeweils neue Verständigung „über das inhaltlich damit Gemeinte“. Die Unschärfe benötige auf Verständigung ausgerichtete Kommunikation und habe daher sogar einen Vorteil. Eine falsche Erwartung sei es aber, wenn man davon ausgehe, dass konkrete Politik sich durch gesetzliche Fixierungen ersetzen lasse, betonte die Politikwissenschaftlerin. Vielmehr müsse aus der Verfassung „etwas gemacht werden“.
Wenn unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip Sozialleistungen gewährt werden, ohne dass zur Deckung der entstehenden Kosten für entsprechende Steuereinnahmen gesorgt wird, gerate das Sozialstaatsprinzip in ein Spannungsverhältnis zum Nachhaltigkeitsprinzip, sagte Joachim Wieland. „Eine Ergänzung des Grundgesetzes um das Staatsziel der Nachhaltigkeit erscheint daher als sachgerecht“, urteilte er.
Als Formulierung biete sich der Satz an: „Der Staat beachtet bei seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit.“ Konkrete Maßnahmen ließen sich daraus nicht ableiten, so der Staatsrechtler. Der Staat müsse jedoch bei jeglichem Handeln dessen Nachhaltigkeit prüfen und in Rechnung stellen. (hau/09.06.2016)